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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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zu und gewöhnlich verließ man ihn besiegt und befriedigt. Selbst bei fremden Personen bemächtigte er sich despotisch der Feuerzange und wenn Sommer war, so spielte er mit einer Feder, einem Papiermesser oder einem Federmesser.
    »Meine liebe Freundin,« sagte er und führte einen mächtigen Hieb mitten in die Gluth, daß dieselbe auseinander stob; »ich bitte Sie nochmals um Verzeihung dafür, daß ich mich in diese Details einlasse ... Ich habe Ihnen die Zinsen der Beträge, welche Sie mir anvertrauten, gewissenhaft bezahlt und darf ohne Sie zu verletzen, sogar behaupten, daß ich diese Zinsen blos für Ihr Taschengeld betrachtete, da ich auch Ihre sonstigen Bedürfnisse bestritt und niemals Anspruch auf den Beitrag erhob, welchen Sie zu den gemeinschaftlichen Ausgaben des Haushaltes beizustellen hatten.«
    Er schwieg. Renée empfand ein peinliches Gefühl, während sie zusah, wie er mit der Zange ein tiefes Loch in die Asche bohrte, um in demselben ein glimmendes Holzstück zu begraben. Er war bei einem zarten Punkt angelangt.
    »Ich war, wie Sie einsehen werden, genöthigt, Ihr Geld in einer Weise anzulegen, daß dasselbe bedeutende Zinsen trug. Die Kapitalien befinden sich in guten Händen, – hierüber können Sie ganz beruhigt sein. Was hingegen die Erträgnisse Ihrer Besitzungen in der Sologne anbetrifft, so wurden dieselben theilweise dazu verwendet, das von uns bewohnte Hôtel zu bezahlen; der Rest ist in einem vortrefflichen Unternehmen, der marokkanischen Hafengesellschaft angelegt. ... Wir sind einander keine Rechenschaft schuldig, nicht wahr? Doch will ich Ihnen beweisen, daß die armen Ehemänner mitunter sehr verkannt werden.«
    Ein mächtiger Beweggrund mochte ihn veranlassen, weniger zu lügen als sonst. In Wahrheit war Renée`s Mitgift schon seit Langem nicht mehr vorhanden; sie war in dem Kassabuch Saccard`s zu einem fiktiven Werthe geworden. Allerdings bezahlte er für dieselbe zwei- bis dreihundert Perzent; dagegen hätte er keines der ihm übergebenen Werthpapiere vorweisen, keinen Pfennig des ursprünglichen Kapitals ausfolgen können. Wie er es übrigens halb eingestand, hatten die fünfhunderttausend Francs, die für den Verkauf der Besitzungen in der Sologne eingeflossen waren, als Abschlagszahlung auf das Hôtel und die Einrichtung desselben gedient, welche zusammen nahe an zwei Millionen gekostet hatten. Dem Möbelhändler und dem Bau-Unternehmer war er noch eine Million schuldig.
    »Ich beanspruche ja nichts von Ihnen,« sagte Renée endlich; »ich weiß, daß ich Ihnen sehr viel schuldig bin.«
    »Oh! meine liebe Freundin,« rief er aus und ergriff die Hand seiner Frau, ohne aber die Zange darum loszulassen; »welch' ein häßlicher Gedanke ist das!... Sehen Sie, ich will es kurz machen; ich hatte Unglück an der Börse, Toutin-Laroche hat Dummheiten gemacht und die Herren Mignon und Charrier sind Tölpel, die mich in die Patsche gebracht haben. Und darum kann ich Ihre Rechnung nicht bezahlen. Sie verzeihen mir doch, nicht wahr?«
    Er schien in Wahrheit bewegt. Er versenkte die Feuerzange zwischen die Gluth, daß ein Regen von Funken emporstob. Renée erinnerte sich des unruhigen Betragens, welches sie seit einiger Zeit an ihm gewahrte und dennoch vermochte sie die überraschende Wahrheit nicht zu fassen. Saccard versuchte ein alltägliches Kunststück. Er bewohnte ein Hôtel, welches zwei Millionen gekostet hatte, führte die Lebensweise eines Fürsten und hatte sehr oft keine tausend Francs in der Kasse. Seine Ausgaben wurden darum aber nicht vermindert. Er lebte von Schulden, inmitten einer Meute von Gläubigern, die von Tag zu Tag die Summen verschlangen, welche er durch gewisse schändliche Geschäfte erwarb. Während dieser Zeit brachen Unternehmungen zusammen, an welchen er betheiligt war, Abgründe thaten sich vor ihm auf, über die er hinwegspringen mußte, da er dieselben nicht auszufüllen vermochte. So wandelte er auf einem unterhöhlten Boden dahin, in einer unablässigen Krise, bezahlte Rechnungen über fünfzigtausend Francs und blieb seinem Kutscher den Lohn schuldig, trieb einen immer größeren Aufwand und fuhr fort, aus dieser leeren Kasse einen Goldstrom hervorzuzaubern, der über Paris niederging.
    Für die Spekulation war damals eine böse Zeit angebrochen. Saccard war ein würdiger Zögling des Stadthauses. Er hatte sich rasch anzubequemen, dem Genuß mit fieberhafter Hast nachzujagen und das Geld blindlings zum Fenster hinauszuwerfen verstanden, wie das damals

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