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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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verschwand beinahe in dem Kamin, von wo Renée seine Stimme dumpf herausdringen hörte:
    »Ja, ja, Larsonneau könnte vielleicht ...«
    Endlich gelangte sie aus eigenem Antrieb zu dem Punkte, zu welchem er sie seit Beginn der Unterhaltung unmerklich geleitet. Seit zwei Jahren bereitete er seinen Geniestreich in Bezug auf die Besitzungen in Charonne vor. Stets hatte sich seine Frau geweigert, die Güter der Tante Elisabeth zu veräußern; sie hatte der Letzteren gelobt, dieselben unangetastet zu bewahren, um sie ihrem Kinde vermachen zu können, wenn sie Mutter werden sollte. Angesichts dieser Hartnäckigkeit war die Erfindungskraft des Spekulanten unablässig thätig und endlich hatte er ein ganzes Gedicht ersonnen. Es war das ein Werk der höchsten Schurkerei, ein kolossaler Betrug, dem die Stadt, der Staat, seine Frau und Larsonneau zum Opfer fallen sollten. Er sprach nicht mehr davon, die Grundstücke zu verkaufen; nur beklagte er täglich, wie unverantwortlich, wie lächerlich es sei, dieselben nicht zu fruktifiziren und sich mit einem Erträgniß von zwei Perzent zu begnügen. Renée, die stets in Geldnöthen war, willigte endlich ein, die Besitzungen zum Gegenstande einer Spekulation zu machen. Seine Operation basirte er auf die Gewißheit einer bevorstehenden Expropriation behufs Anlegung des Boulevard du Prince-Eugène, dessen Richtung noch nicht endgiltig bestimmt worden. Und nun führte er seinen ehemaligen Genossen Larsonneau als seinen Geschäftstheilhaber in's Treffen, der mit seiner Frau den folgenden Plan vereinbarte: sie gibt die einen Werth von 500 000 Francs repräsentirenden Grundstücke her, während sich Larsonneau seinerseits verpflichtete, mit dem Aufwande eines gleich hohen Betrages auf denselben ein Café-Concert mit einem großen Garten zu erbauen, wo man alle Arten des Spiels, Schaukel, Kugel- und Kegelspiel, pflegen würde. Der Reingewinn sollte natürlich getheilt werden, ebenso wie beide Theile den etwaigen Verlust gleicherweise tragen sollten. Wenn sich einer der beiden Theilhaber zurückziehen wollte, so stünde ihm das frei und dürfte er dabei den nach der entsprechenden Schätzung auf ihn entfallenden Antheil beanspruchen. Renée war einigermaßen überrascht, als sie von 500 000 Francs sprechen hörte, während die Grundstücke höchstens 300 000 Francs werth waren. Er machte ihr aber begreiflich, daß dies ein gutes Mittel sei, um später Larsonneau die Hände zu binden, da seine Baulichkeiten einen derartigen Werth niemals erreichen würden.
    Larsonneau war ein eleganter Lebemann geworden, der feine Handschuhe, blendend weiße Wäsche und verblüffende Halsbinden trug. Er hatte sich für seine Geschäftsgänge einen Tilbury bauen lassen, der so fein war wie ein Uhrwerk, einen hohen Sitz hatte und den er selbst lenkte. Seine Bureaux in der Rue de Rivoli bestanden aus einer Reihenfolge prächtig eingerichteter Räume, in welchen man keinerlei Papiere oder Schriftenbündel sah. Seine Angestellten schrieben auf Tischen aus gebeiztem Birnbaumholz, die mit Messingverzierungen eingelegt waren. Er nahm den Titel eines Agenten für Expropriationen an, – ein neues Gewerbe, welches seine Entstehung den umfassenden Neubauten in Paris zu verdanken hatte. Seine Verbindungen mit dem Stadthause brachten es mit sich, daß er über die Richtung der neuanzulegenden Straßenzüge genau unterrichtet war. Wenn es ihm gelungen war, von einem Mitgliede der Kommission die geplante Richtung eines neuen Boulevards in Erfahrung zu bringen, ging er zu den bedrohten Hauseigenthümern, um denselben seine Dienste anzubieten. Darauf ließ er seine kleinen Mittelchen spielen, um eine je höhere Entschädigungssumme zu erzielen. Sobald ein Hausbesitzer sein Dienstesanerbieten annahm, erklärte er sich zur Tragung sämmtlicher Unkosten bereit, ließ einen Expropriationsplan entwerfen, ein Gesuch aufsetzen, verfolgte den Gang der Angelegenheit vor den Behörden und bezahlte einen Advokaten gegen Zusicherung eines gewissen Prozentsatzes der Differenz zwischen dem Angebot der Stadt und der von der Jury bewilligten Entschädigung. Doch betrieb er außer diesem nicht gerade unsauberen Gewerbe noch mehrere andere. Er ertheilte Darlehen gegen Wucherzinsen. Doch war er nicht mehr der Wucherer aus der alten Schule, der zerrissen, unsauber einherging, weiße, stumme Augen hatte, wie Hundertsousstücke und blasse, zusammengezogene Lippen, den Schnüren eines Geldbeutels gleichend. Er verstand es zu lächeln, bezaubernde

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