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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Blicke zu machen; er ließ seine Kleider bei Dusautoy anfertigen, dejeunirte bei Brébant in Gesellschaft seines Opfers, das er »mein Guter« nannte und dem er beim Dessert Havannazigarren anbot. Hinter dieser glatten Außenseite und der an den Leib geschnittenen Weste war Larfonneau ein gar schrecklicher Herr, der auf Bezahlung eines Wechsels bestanden wäre, selbst wenn sich der arme Schuldner vor seinen Augen umgebracht hätte, ohne dabei etwas von seiner Liebenswürdigkeit einzubüßen.
    Gerne hätte Saccard einen anderen Geschäftstheilhaber gesucht; doch konnte er sich wegen des falschen Inventars, welches Larsonneau sorgfältig verwahrt hielt, einer gewissen Unruhe noch immer nicht erwehren. Er zog es also vor, ihn in die Sache einzuweihen, wobei er sich der Hoffnung hingab, daß es ihm durch irgend einen glücklichen Zufall gelingen werde, wieder in den Besitz dieses kompromittirenden Schriftstückes zu gelangen. Larsonneau erbaute das Café-Concert aus Brettern und Gips und setzte mehrere gelb und roth gestrichene Thürmchen aus Blech auf das Dach. Der Garten und die volksthümlichen Spiele fanden in dem stark bevölkerten Charonne-Viertel bedeutenden Anklang und nach zwei Jahren schien das Unternehmen zu gedeihen, obschon die finanziellen Erfolge bis dahin sehr unbedeutende gewesen. Saccard aber hatte sich seiner Frau gegenüber stets nur mit Begeisterung über die Zukunft einer so schönen Idee geäußert.
    Als Renée sah, daß ihr Gatte aus dem Kamin, in welchem seine Stimme immer mehr erstickte, nicht hervorkommen wolle, sagte sie:
    »Ich werde Larsonneau morgen besuchen ... Dies ist meine einzige Hoffnung, die ich noch habe.«
    Nun ließ er von dem Scheit ab, mit welchem er kämpfte.
    »Dies ist schon besorgt, meine liebe Freundin,« erwiderte er lächelnd, »Ich errathe ja jeden Ihrer Wünsche... Ich habe gestern Abend mit Larsonneau gesprochen.«
    »Und er hat Ihnen die 136 000 Francs zugesagt?« fragte sie angstvoll.
    Zwischen den beiden brennenden Scheitern errichtete er einen kleinen Hügel aus Gluth, indem er mit dem Ende der Zange die kleinsten Kohlenstückchen erfaßte, wobei er mit befriedigter Miene das Entstehen des kleinen Scheiterhaufens beobachtete, auf den er seine ganze Aufmerksamkeit zu verwenden schien.
    »Sie würden das sehr schnell machen;« murmelte er. »136 000 Francs sind eine bedeutende Summe ... Larsonneau ist ein guter Junge, verfügt aber nur über bescheidene Mittel. Nichtsdestoweniger ist er bereit, Ihnen gefällig zu sein ...«
    Er blinzelte hastig mit den Augen, denn ein größeres Stück Gluth, welches heruntergerollt war und wieder hinausgeschafft werden sollte, gab ihm viel zu thun. Dieses Spiel begann die Gedanken der jungen Frau zu verwirren. Unwillkürlich beobachtete sie das Treiben ihres Gatten, dessen Ungeschicklichkeit immer klarer hervortrat. Sie fühlte sich versucht, ihm Rathschläge zu ertheilen und Worms, die Rechnung, den Geldmangel vergessend, sagte sie:
    »Setzen Sie dieses große Stück doch hierher; die übrigen werden es halten.«
    Ihr Gatte kam der erhaltenen Weisung willig nach, wobei er sagte:
    »Larsonneau vermag blos fünfzigtausend Francs zu geschaffen, was immerhin eine nette Anzahlung bedeutet... Nur möchte er diese Angelegenheit nicht mit dem Charonner Unternehmen vermengen, zumal er blos den Vermittler macht, Sie verstehen doch, meine liebe Freundin? Die Person, die das Geld vorzustrecken bereit wäre, verlangt hiefür ungeheure Zinsen ... und beansprucht einen sechsmonatlichen Wechsel über achtzigtausend Francs.«
    Und nachdem er dem kleinen Hügel noch ein Stück glühender Kohle als Abschluß aufgesetzt, kreuzte er die Hände über der Zange und blickte seine Frau fest an.
    »Achtzigtausend Francs!« rief diese aus. »Das ist ja ein Raub! Und Sie rathen mir zu einer solchen Thorheit?«
    »Nein,« sagte er entschieden. »Doch verbiete ich sie Ihnen nicht, wenn Sie unbedingt Geld benöthigen.«
    Damit stand er auf, als wollte er das Gemach verlassen. In grausamer Unentschlossenheit blickte Renée ihren Gatten an und dann die Rechnung, die er auf der Kaminplatte liegen ließ. Dann faßte sie den Kopf in beide Hände und murmelte:
    »Oh, diese Geschäfte! ... Mein Kopf ist wie eine Mühle ... Ich will diesen Wechsel über achtzigtausend Francs unterschreiben. Thäte ich es nicht, so würde es mich ganz krank machen. Ich kenne mich, ich würde während des ganzen Tages mit mir selbst kämpfen ... Ich ziehe es vor, die Thorheiten sofort

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