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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Stutzuhr, die kleinen Kandelaber waren aus altem Sèvres-Porzellan, welches das vergoldete Kupfer der Gestelle beinahe gänzlich verdeckte. Diese Kamingarnitur war ein Meisterwerk, insbesondere die Stutzuhr mit ihrer Schaar pausbäckiger Amoretten, die sich über das Zifferblatt neigten, gleich einer Bande ausgelassener ganz nackter Straßenjungen, die sich über den raschen Gang der Stunden lustig machten. Dieser gedämpfte Luxus, diese Farben und Gegenstände, welche der Geschmack Renée's zart und lächelnd gewünscht, verbreitete hier einen Dämmerlichtschein, das Licht eines Alkoven, dessen Vorhänge zugezogen worden. Es schien, als würde sich das Bett fortsetzen, als bildete das ganze Zimmer ein einziges großes Lager mit seinen Teppichen, Bärenfellen, gepolsterten Sitzen und Tapeten, die die Weichheit des Fußbodens über die Wände, bis zur Decke empor ausdehnten. Und wie in einem Bette ließ die junge Frau hier, auf allen Gegenständen den Eindruck, die Wärme, den Duft ihres Körpers zurück. Wenn man die doppelte Portière des Boudoirs zurückschlug, schien es, als würde man eine seidene Steppdecke emporheben, als träte man in ein großes, noch warm-feuchtes Bett, in welchem man auf dem feinen Linnen die herrlichen Formen, den Schlummer und die Träume einer dreißigjährigen Pariserin wiederfindet.
    In einem anstoßenden Raume, dem Garderobezimmer, das groß und geräumig, mit alten persischen Teppichen bespannt war, befanden sich rings an den Wänden blos hohe Schränke aus Rosenholz, welche die Armee der Toiletten enthielten. Céleste, die in Allem sehr methodisch war, ordnete die Kleider ihrem Alter nach, versah sie mit Aufschriften, brachte ein wenig Symmetrie in die blauen, rothen und gelben Erzeugnisse der Phantasie ihrer Gebieterin und hielt die ganze Garderobe sozusagen in militärischer Zucht. Die Felder der Schränke glänzten kalt und rein gleich den lackirten Feldern eines Coupés.
    Doch der größte Reiz des Appartements, jenes Gemach, von welchem ganz Paris sprach, war das Ankleidezimmer. Man sagte: »Das Ankleidezimmer der schönen Frau Saccard«, wie man sagte: »Der Spiegelsaal zu Versailles«. Dasselbe befand sich in einem der kleinen Thürme des Hôtels, gerade oberhalb des kleinen Salons mit den goldenen Knospen. Wenn man eintrat, dachte man an ein großes rundes Zelt, an ein Zelt wie in den Feenmärchen, wie es eine verliebte Königin in ihrem Liebestraum errichtet haben mochte. In der Mitte der Decke hielt eine Krone aus ziselirtem Silber die Wände des Zeltes zusammen, von wo sie sich in runden Bögen der Mauer zuwandten, um von dort senkrecht zur Erde hinabzufallen. Diese Wände bestanden aus einer Unterlage von rosenrother Seide, darüber eine sehr helle Mousseline, und waren in gleichmäßigen Absätzen in große Falten gelegt; Spitzeneinsätze schieden diese Falten von einander und Reifstäbe aus verziertem Silber erstreckten sich von der Krone, an beiden Seiten der Einsätze entlang bis zum Boden hinab. Das rosenrothe Grau des Schlafzimmers wurde hier etwas heller und ging in ein röthliches Weiß über, in die Farbe des lebenden Fleisches. Und unter diesen wogenden Spitzen, unter diesen Vorhängen, die von der Decke durch den Reif der Krone blos eine kleine runde Stelle sehen ließen, welche der Pinsel Chaplins mit einem lachenden Amor geschmückt hatte, der im Begriffe ist, einen seiner Pfeile abzuschnellen, hätte man sich in eine vergrößerte Konfektbüchse, in ein kostbares Schmucketui versetzt glauben können, welches nicht für den Glanz eines Diamanten, sondern für die entblößten Formen einer Frau geschaffen worden. Der schneeweiße Teppich zeigte keinerlei Muster oder Blumen. Ein Spiegelschrank, dessen Thüren mit Silber eingelegt waren, eine Chaiselongue, zwei niedrige Stühle, Tabourets aus weißer Seide, ein großer Toilettetisch mit rosenrother Marmorplatte, dessen Füße unter einer Wolke von Spitzen und Mousseline verschwanden, bildeten die Einrichtung dieses Raumes. Das Geschirr des Waschtisches, die Gläser, Vasen und das Waschbecken waren aus böhmischem, weiß und roth verziertem Glase. Ferner war noch ein zweiter Tisch vorhanden, der gleich dem Spiegelschrank mit Silber eingelegt war und auf welchem sich das ganze Geräth befand: Toilettegegenstände aller Art, eine Menge kleiner Instrumente, deren Zweck dem Uneingeweihten nicht klar wurde, Rückenkratzer, Nagelfeilen, Messerklingen in allen Formen und Größen, gerade und krumme Scheeren, Nadeln und

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