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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Thür hinaus. Renée vernahm es nicht einmal, als sie dieselbe hinter sich schloß. Sie blieb vor dem langsam ersterbenden Feuer sitzen, in ihre Gedanken versunken, Zahlen hüpften vor ihren geschlossenen Augen und sie vernahm von Weitem die Stimmen Saccard's und der Frau Sidonie mit einander unterhandeln, ihr ansehnliche Summen anbieten in dem Tone eines Gerichts-Vollziehers, der eine öffentliche Versteigerung abhält. Sie fühlte den brutalen Kuß ihres Gatten auf dem Halse und wenn sie sich umwandte, so fand sie die Unterhändlerin vor sich, in ihrem schwarzen Kleide, mit dem fahlen, ausdruckslosen Gesicht, wie sie leidenschaftliche Ansprachen an sie richtete, ihre körperlichen Vorzüge rühmte und mit dem Ungestüm eines Liebhabers, der am Ende seiner Enthaltungskraft angelangt ist, sie um ein Rendezvous anflehte. Dies zwang sie zu lächeln. Die Hitze im Zimmer wurde immer intensiver. Und die Betäubung der jungen Frau, die bizarren Träume, die durch ihren Geist zogen, waren nichts als ein leichter, künstlicher Schlummer, in welchem sie immer wieder das kleine Kabinet im Café Riche und den breiten Divan vor sich sah, auf welchem sie auf die Kniee gesunken war. Sie litt gar nicht mehr. Und als sie die Augen öffnete, glaubte sie Maxime in der rothen Gluth des Kamins vor sich zu sehen.
    Auf dem Balle des Ministers am nächsten Tage erschien Frau Saccard in dem vollen Glanze ihrer strahlenden Schönheit. Worms hatte die Anzahlung von 50,000 Francs angenommen und sie ging mit dem nervösen Lachen einer genesenden Kranken aus dieser Geldkrise hervor. Als sie in ihrer herrlichen Toilette aus rosenrother Faye-Seide mit langer, von kostbaren weißen Spitzen umgebenen Schleppe im Stile Ludwigs XIV. durch die Säle schritt, entstand ein allgemeines Gemurmel der Bewunderung und die Leute stießen einander, um sie sehen zu können. Die Eingeweihten verbeugten sich mit einem Lächeln des Verständnisses und huldigten diesen schönen Schultern, welche das ganze offizielle Paris kannte und welche die festen Säulen des Kaiserthums bildeten. Ihr Kleid war mit einer solchen Verachtung jeglicher Rücksicht ausgeschnitten, sie schritt so ruhig und selbstbewußt in ihrer Nacktheit einher, daß dieselbe fast gar nichts Anstößiges mehr an sich hatte. Eugen Rougon, der große Politiker, der erkannte, daß dieser entblößte Busen beredter sei, als all' seine Worte im Parlament und geeigneter, um die Berechtigung der Regierung zu beweisen und die Skeptiker zu bekehren, beglückwünschte seine Schwägerin zu ihrem kühnen Zuge, ihr Leibchen zwei Finger breit mehr als gebräuchlich auszuschneiden. Beinahe die ganze gesetzgebende Körperschaft war zugegen und die Blicke, mit welchen die Deputirten die junge Frau betrachteten, verhießen dem Minister einen schönen Erfolg in der morgigen Debatte über die städtische Anleihe, welche einigem Widerstande zu begegnen drohte. Man konnte unmöglich gegen eine Regierung stimmen, die in der von den Millionen gebildeten Düngererde eine Blume wie Renée hervorsprießen ließ, eine Blume der Freude, mit einer Haut wie Seide und den Formen einer Statue, ein lebender Wonnerausch, der einen Duft genossenen Vergnügens hinter sich zurückließ. Allgemeines Geflüster erregten aber das Halsband und das Diadem. Die Männer erkannten das Geschmeide, während die Frauen mit verstohlenen Blicken auf dasselbe hindeuteten. Dies bildete das ausschließliche Gesprächsthema des Abends. Und in dem weißen Lichte der Kronleuchter lagen die von einer glänzenden Menge erfüllten prächtigen Gemächer da, als wäre eine Unzahl flimmernder Sterne auf einen engen Raum herniedergefallen.
    Gegen ein Uhr Morgens verschwand Saccard. Er hatte an dem Triumph seiner Frau theilgenommen wie Jemand, dem ein kühner Streich gelungen ist. Abermals hatte sein Kredit eine beträchtliche Kräftigung erfahren. Noch mußte aber bei Laura d'Aurigny eine Angelegenheit erledigt werden und indem er sich entfernte, ersuchte er Maxime, Renée nach dem Ball nach Hause zu begleiten.
    Maxime verbrachte den Abend klüglich an der Seite Luise von Mareuils und Beide waren gänzlich in ihre Beschäftigung vertieft, die darin bestand, daß sie den anwesenden Frauen, die an ihnen vorüberkamen, alles mögliche und unmögliche Schlechte nachsagten. Hatten sie dann etwas gefunden, was toller war als das Bisherige, so erstickten sie ihr Lachen hinter ihren Taschentüchern. Renée mußte den jungen Mann selbst auffordern, ihr seinen Arm zu

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