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Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Malfi
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versuchst, eine konkrete Richtung einzuschlagen – und weil ich diesen sprichwörtlichen Anker nie geworfen hatte, traf ich schließlich auf einen Eisberg in der Nacht von Mutters Beerdigung.
    Ich hatte zuvor eine Menge Alkohol getrunken und war im Nachhinein ohnehin geneigt, die Feierlichkeiten möglichst zu vergessen, weshalb ich mich heute nur noch bruchstückhaft daran erinnere, was zwischen Adam und mir vorfiel. Dieses Bisschen genügt jedoch, um mir zu wünschen, es für immer ausblenden zu können.
    Es ereignete sich im Haus meines Bruders. Nicht nur ich, sondern auch er hatte getrunken, obschon allein ich deshalb angeschlagen war. So konnte ich den Mund nicht halten und machte eine dumme Bemerkung, von wegen drei Fünftel unserer Sippe seien tot und unter der Erde, ehe ich mich zu Adam umdrehte, ohne dass er mich provoziert hätte, und mich für Kyles Tod verantwortlich machte. Er blieb sprachlos und konnte nur den Kopf schütteln, aber ich machte weiter, bis ich laut grölte. Ich hatte unseren Bruder ja tatsächlich auf dem Gewissen und wollte – musste einfach hören, dass Adam mich dessen bezichtigte. Stattdessen aber kam er auf mich zu und umarmte mich. Doch mein getrübter Verstand sah diese Umarmung als Bedrohung und ich schwang meine tollpatschige Faust in sein Gesicht und traf sein Auge.
    Jodie und Beth schrien gleichzeitig auf. Ein Teller zerklirrte am Boden, was wie aus einer anderen Dimension an mein Ohr drang. Ich setzte nach, diesmal jedoch berechnender, und spürte sogar trotz meiner dem Alkohol geschuldeten Benommenheit, wie meine Fingerknöchel auf das Kinn meines älteren Bruders trafen. Dann aber traf seine Faust auf mein Gesicht, und zwar mit solcher Wucht, dass ich zu Boden ging. Ehrfurchtgebietend wie Vater baute er sich vor mir auf, was ich nur durch einen Tränenschleier wahrnahm.
    Jodie las mich auf, während Beth mich Arschloch nannte und mir zu verstehen gab, ich soll mich verdammt noch mal aus ihrem Haus verpissen. Ich schleuderte ein Trinkglas durch den Raum und hörte, wie die Kinder in ihrem Zimmer zu weinen anfingen.
    Während mich Jodie hinaus in die kalte Nacht führte, drückte sie mir entschieden mit einer flachen Hand ins Kreuz. Ich taumelte wie im Fieber voran. Sie sagte mir zwar einige Dinge ins Ohr, doch davon ist mir nichts im Gedächtnis geblieben, wohl weil ich auch gar nicht zugehört habe. Genauso wenig weiß ich noch von der Rückfahrt zu unserem Appartement.
    Die beiden folgenden Wochen verlebte ich in einem absoluten Tief. Wie besessen dachte ich über Kyle nach und ächzte sprichwörtlich unter der Bürde meiner Schuld. Im Wahn eines frisch vom Teufel Gerittenen kritzelte ich weitere Blöcke voll und rauchte wie ein Schlot. Ferner wechselte ich die Kleidung nicht mehr, obwohl anders als zu meiner Zeit auf dem College niemand darauf gekommen wäre, mir deshalb Künstlerdünkel anzudichten.
    Mein schlechtes Gewissen ähnelte einem Teich, in dem ich zu ertrinken drohte … allerdings beschwört diese Vorstellung auch Szenen von flatternden Armen und Hilferufen herauf. Aber nicht ich. Ich ertrank in meinem Kummer mit grotesker Zustimmung, wie ein Kapitän eines Schiffes, der aus Verpflichtung zum Meeresboden sinkt, angetrieben durch die Opferbereitschaft und das Engagement dem Schiff gegenüber, das ihn hinabzieht.
    Eine Art Fieber überkam mich – ich ließ es geschehen – und fesselte mich mehrere Tage ans Bett, in denen ich mit trüben Augen dahindämmerte, spirituell zumindest, beziehungsweise hin- und hergerissen wie ein Gestrüpp im Wind. Ich befürchtete, Jodie werde mich verlassen. Sie tat es nicht, aber meine Depression ließ sie nicht unberührt. Zwei Wochen später, als ich wieder halbwegs bei Trost war, fühlten wir uns beide erschöpft wie durch eine nicht diagnostizierte Krankheit.
    Ich sollte erst viel, viel später wieder mit Adam Kontakt aufnehmen, lange nachdem Jodie und ich über den Atlantik geflogen und in die Londoner Nordstadt gezogen waren.
    Ein Kommen und Gehen …
     
     
     
     
     
     
     
     

 
     
    Kapitel 6
     
    Vage, aber von jetzt auf gleich vernahm ich ein durchdringendes Geräusch, bevor sich das helle Tageslicht wie ein spitzer Dolch in meine Lider bohrte. Ich stöhnte und wälzte mich hinüber auf Jodies Seite des Bettes, welche kalt war, aufgrund ihrer Abwesenheit.
    »Du musst mir erklären«, hörte ich ihre Stimme, wie aus einem ätherischen Strudel, »wie das passieren konnte …«
    Ein reumütiger Teil meines Ichs

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