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Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Malfi
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oder eines Vogels mit langen Gliedern. »Natürlich sind sie es, Dummkopf«, behauptet er, um seinen Bruder zu verängstigen. »Weshalb sollte Dad uns belügen?«
    »Weiß nicht.«
    »Sie stimmen, und zwar alle von ihnen.«
    »Selbst die vom Wendigo?«
    »Besonders die. Vielleicht lauert er gerade irgendwo in der Nähe und beobachtet uns.«
    »Nein«, quengelt der Kleine. »Hör auf damit.«
    »Womit?« Der Ältere kichert.
    »Du willst mir bloß Angst einjagen.«
    »Passiert das auch, wenn es an der Zeit zum Springen ist?«
    »Springen wohin?«
    Der Dreizehnjährige zeigt auf die imposante Konstruktion, die wie ein Dinosaurierskelett aussieht. »Von dort, dem Pier aus ins Wasser.«
    Der Jüngere wirkt mit einem Mal verstört. Alle Märchen, die ihnen ihr Vater erzählt hat, stellen für ihn die Wirklichkeit dar, kindliche Protagonisten und Monster, die in den Wäldern leben. Obwohl die Nacht sehr mild ist, zittert der Kleine. Die blasse Brust überzieht eine Gänsehaut, und seine mahlenden Zähne verursachen Geräusche gleich einer angriffslustigen Klapperschlange. Er leuchtet weiß – viel zu weiß, beinahe durchsichtig. Sein Bruder vergleicht ihn mit einem Gespenst.
    »Klettere die Treppe nach oben«, befiehlt er ihm. »Dann tief einatmen, loslaufen und abspringen.«
    »Abspringen«, wiederholt der Junge jeweils halb als Frage und Aussage, was an der Unsicherheit in seinem Tonfall liegt.
    »Du fürchtest dich doch nicht etwa?«
    Er schüttelt den Kopf.
    »Dann hoch jetzt, und ab ins Wasser. Ich halte dein Handtuch fest.
    »Zuerst?«
    »Zuerst was?«
    »Du willst, dass ich zuerst springe?«
    »Es sei denn, du hast zu viel Angst; es sei denn, du bist ein Hosenscheißer.«
    »Sag das nicht«, bittet der kleine Bruder. Seine Stimme ist zu schwach und brüchig, als dass es respekteinflößend klingt. »Sag nicht dieses Wort.«
    »Hosenscheißer«, wiederholt sein Bruder. »Hosenscheißer, Hosenscheißer, Hosenscheißer.«
    »Hör auf.«
    »Und verdammt dazu«, hängt der Ältere leiser an, denn dies ist das verbotene Wort, der ultimative Fluch und fast biblisch in seiner Prägnanz beziehungsweise wegen der Geheimnisse, die es umgeben. »Bist du ein verdammter Hosenscheißer?«
    Der Kleine scheint den Tränen nahe.
    »Du wolltest mit herkommen«, erinnert der ältere Bruder. »Falls du mutig genug bist, dann los.«
    Er zaudert lange. Paradoxerweise will der große dem kleinen Bruder gerade auf die Schulter klopfen und sagen, er solle sich ruhig ins Gras setzen, als dieser ihm sein Handtuch reicht und die Schuhe auszieht.
    Sein Mut beeindruckt den Älteren. Wäre die Situation andersherum, wüsste er nicht, ob er dazu in der Lage wäre, sich genauso tapfer zu zeigen.
    Der Jüngere geht barfuß ums Gestrüpp, wobei kleine Spuren im feuchten Grund zurückbleiben, und erklimmt die Stufen auf das Dach des Stegs. Auf halber Höhe wird er langsamer und schaut nach unten; schließlich legt er auch den Rest zurück. Oben ist er nur ein schwarzer Schatten, ein undeutlicher Schemen im Dunkel. Der Mond steht klein in der Ferne, verhüllt von Wolken und Baumwipfeln; die Nacht ist finster, wie ein Hort verdrängter Träume. Der ältere Bruder kann ihn kaum erkennen.
    »Sei vorsichtig«, wispert er.
    Eine schwachbrüstige Stimme versichert beklommen: »Bin ich.«
    Er hört ihn tief Luft holen.
    Er wird es wirklich tun , denkt sich der Ältere.
    Kurze, hastige Schritte trippeln über die Dachplanken, dass an einen nahenden Zug erinnert, der eine hölzerne Brücke überquert.
    Wow, er macht es tatsächlich. Kaum zu glauben.
    Stille kehrt ein, als der kleine Junge die Kante erreicht und abspringt. Jetzt schwebt er in der Luft, hängt irgendwo in der Leere.
    Ein Mississippi, zwei Mississippi …
    Der ältere Junge erwartet den Aufprall; er hört und spürt ihn im Voraus.
    Aber er kommt nicht.
    Kein klatschendes Geräusch.
    Dafür ein anderes – ein kräftiger, Übelkeit erregend dumpfer Knall vom Wasser her, der den Älteren an einen Baseball erinnert, der im Lederhandschuh des Fängers aufschlägt. Kein Platsch. Er ruft den Namen seines Bruders, wartet jedoch vergeblich auf eine Antwort.
    Kein Platschen. Keine Antwort. Nur dieser abscheuliche Bums, der das Blut in seinen Adern gefrieren, seinen Körper zur Salzsäule erstarren lässt …
     
    »Alles wird gut, Junge«, beschwichtigte Detective Wren, indem er eine fleischige Hand auf meine schmale, schlotternde Schulter legte.
    Tränen trübten meine Sicht, und meine Brust bebte mit

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