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Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Malfi
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jedem Atemzug.
    »Ist schon in Ordnung. Beruhige dich erst einmal. Sobald du gefasst bist, machen wir weiter.«
    Ein kleines Schwimmdock – nicht größer als eine Doppelmatratze und mit vier Finger dicker Schieferplatte belegt – hatte sich früher am Abend von den Leinen gelöst, war mehrere Stunden lang haltlos und unbemerkt herumgetrieben, schlussendlich den Fluss hinauf Richtung Bucht. Als Kyle vom Dach des Stegs sprang, schwamm die Vorrichtung genau unter ihm, verborgen in der Dunkelheit.
    Der dumpfe Laut, bei dem sich mir der Magen umdrehte, verursachte Kyles Schädel, der auf dem Schiefer brach. Dann rollte mein Bruder bewusstlos in den Fluss, versank wie ein Stein und ertrank.
     
     

 
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Kapitel 20
     
    Mit siebenundsiebzig hatte Earl Parsons ein Gesicht wie ein alter Bluthund, der zu häufig getreten worden war, weil er im Müll stöberte. Sein Körper war von der lang gezogenen Sorte und er wäre auch als Orang-Utan oder Riesenfaultier durchgegangen, bekleidet mit hellblauer Polyesterhose und kariertem Flanellhemd. Seine Träger waren wie die US-Flagge gemustert, und die unförmige Nylon-Skijacke darüber besaß einen Kunstpelzkragen, wie ihn vielleicht ein Sheriff in den Bergen von Colorado tragen würde. Sein schlecht gescheiteltes, grafitgrau meliertes Haar haftete dank vermutlich mehrerer Handvoll nach Kampfer riechender Pomade an der Kopfhaut. Meiner Einschätzung nach kämmte er es nicht sonderlich oft. Aber da er unverhohlen herzlich auf mich zukam und sich durch seine ländliche Freundlichkeit durchwegs gesellig zeigte, kam ich nicht umhin, ihn sofort sympathisch zu finden.
    »Das ist großartig«, sagte er. »Ich meine, ich weiß es wirklich zu schätzen, dass Sie sich Zeit für mich nehmen, Mr. Glasgow. Wenn ich noch einen Artikel über Mora Chaunceys Cockerspaniel schreiben muss, bin ich mir sicher, platzt mein Kopf.«
    Wir saßen im Wohnzimmer, Earl vornübergebeugt in einem gepolsterten Sessel, ich gegenüber auf dem Sofa. Jodie hockte neben mir auf der Lehne und strahlte. Sheila aus der Bibliothek hatte vermutlich erwähnt, dass ich verheiratet war – ich erinnerte mich daran, es ihr gegenüber erwähnt zu haben –, so war er nicht nur mit seinem Spiralblock sowie einer Kamera um den Hals aufgekreuzt, sondern brachte obendrein einen Strauß Wildblumen mit, die Jodie gnädig entgegennahm und in eine Vase steckte.
    »Ich fühle mich geschmeichelt, wenn Sie glauben, ich sei einen Bericht wert«, gestand ich ihm.
    »Nicht dass ich Ihre schriftstellerischen Qualitäten herunterspielen möchte, aber alles lauter als ein Furz ist hier in der Gegend berichtenswert«, sagte er, dann schaute er Jodie an und schien entsetzt. »Oh Ma‘am, Verzeihung. Ich bin ein taktloser Rüpel, der anscheinend zu viel Zeit alleine verbringt. Entschuldigen Sie bitte.«
    Jodie winkte ab. »Bitte … sehe ich so unschuldig aus, als hätte ich noch nie einen Furz gehört?«
    Sein Grinsen zeigte schiefe und vom Nikotin gelbe Zähne. Er lachte kehlig und aus tiefstem Hals. »Dann sind Sie also eine Frau von Welt, umso besser.«
    »Treffende Einschätzung«, sagte sie zu mir. »Ich mag diesen alten Mann. Können wir ihn behalten?«
    Daraufhin bekam Earl einen Lachkrampf, der mich an über Schotter knirschende Autoreifen denken ließ. Er riss die Augen weit auf und schlug sich mit seinen breiten Pranken so fest auf die Schenkel, dass ich befürchtete, seine Knochen würden brechen. Der Anfall dauerte mehrere Sekunden und steckte richtiggehend an; hinterher fühlten wir uns alle wie alte Freunde.
    »Bevor wir anfangen«, begann er, und zog ein Taschenbuch aus seiner Jacke, »dachte ich, Sie könnten mir das hier signieren. Natürlich nur, wenn Sie es nicht für vermessen halten.«
    Er reichte mir das Buch. Nachdem er am Telefon behauptet hatte, er lese gerade einen meiner Romane, rechnete ich mit dem Exemplar von Silent River aus der Bücherei, doch dies war Waterview , gekauft und bereits gelesen, wie ich am Rücken sowie einigen Eselsohren erkannte.
    »Es war großartig«, lobte er und gab mir einen Stift. »Die letzten dreißig Seiten habe ich nur so verschlungen. Ich habe schon mit The Ocean Serene begonnen. Sicher, ich lese sie in der falschen Reihenfolge, aber ehrlich gesagt wollte ich mich zuerst nur mit diesem einen befassen. Allerdings schlug es mich derart in seinen Bann, dass ich die anderen auch brauche.«
    »Das ist so nett

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