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Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Malfi
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nie mehr verlassen würden. Das Prozedere, Patienten gesund zu entlassen, kannte man hier nicht.
Bevor ich das Zimmer aufsuchte, dessen Nummer mir Earl am Abend zuvor übermittelt hatte, zog ich mich auf eine Männertoilette zu einem Waschbecken zurück. Am Morgen hatte ich mich hastig geduscht, mich aber weder rasiert noch die Haare gewaschen. Mein Gesicht war blass eingefallen mit hochstehenden, schwarzen Härchen an den Wangen, die sich wie Spinnenbeine kräuselten. Dunkelrote Halbmonde zeichneten sich unter meinen Augen ab, die ihrerseits stark gerötet waren und aussahen wie mit Plastiklack überzogen. In brauner Cordhose, dickem Strickpulli und Flanellweste unter meinem Skiparka sah ich aus wie ein Obdachloser, der sich gerade von draußen ins Warme gestohlen hatte.
»Hätte mich wenigstens rasieren können«, brummelte ich mein Spiegelbild an. Dann drehte ich einen der Wasserhähne auf, wusch mein Gesicht und strich die zu langen Haare glatt, wobei ich die Knötchen so gut es ging mit den Fingern löste.
Als jemand aus einer Kabine hinter mir trat, fuhr ich zusammen. Der Mann nickte in stiller Höflichkeit und ging hinaus, ohne sich die Hände zu waschen. Vermutlich hatte er mein Gemurmel mitbekommen und nahm das Risiko einer von Toilettenkeimen übertragenen Krankheit in Kauf, um sich meine Gesellschaft zu ersparen.
Ich holte tief Luft, um mich ein letztes Mal im Spiegel zu mustern. Dabei dachte ich wieder an Jodies »Ich war du«, und in meinem Kreuz zwickte es, als stiebe ein rasch verglimmender Funke dagegen.
    Ich war du. Zimmer 218 befand sich am Ende des hintersten Flurs. Die Tür war geschlossen. Während ich mich mit der Topfpflanze in beiden Händen näherte, rechnete ich die ganze Zeit über damit, jemand tippe mir auf die Schulter und frage, wer ich sei beziehungsweise was ich hier suche. Aber nichts dergleichen passierte.
    Ich stellte mir Althea Coulter vor und was ich projizierte, war eine gebrechliche, ältere Frau mit dunklen und vom grauen Star trüben Augen, die ihre Lippen vor Verbitterung permanent anspannte. Ihre Hände ähnelten Krallen – gefährlich hakenförmig wie die eines Raubvogels – und ihr dicker Kopf war unbeweglich. Der Raum würde nach schlechtem Atem, Medikamenten und einem vagen Hauch von Urin riechen. Sie schlief bestimmt. Und mir war es unmöglich sie zu wecken und ihr auch nur eine Frage zu stellen, aber selbst wenn sie wach wäre, schwebte sie gewiss längst weitab in einer Traumwelt und ihre Antworten, falls sie überhaupt welche hervorbrachte, würden verworren bis unsinnig oder schlicht aus der Luft gegriffen sein. Ja, meine geistige Althea Coulter war eine uralte, mumifizierte Gliederpuppe mit Haut von der Farbe versengten Stoffes sowie einem Wollknäuel als Gehirn.
    Was zur Hölle mache ich hier?
    Vor der Tür haderte ich: anklopfen oder einfach eintreten? Ich hatte einen Kloß im Hals, der in meiner Speiseröhre stecken zu bleiben schien, als ich schluckte.
    Ich stehe auf einem schmalen Grat zwischen Fiktion und Wirklichkeit.
    Ich öffnete und trat ein.
     
    Die Frau im Bett mochte an die sechzig sein, obwohl sie aufgrund ihrer hohlen Wangen, spinnwebenfeiner Haare und runzliger Haut genauso gut eine vor Jahrhunderten einbalsamierte Leiche hätte sein können, die aus einem Schaukasten gerollt war.
    Ich trat so leise es mir möglich war ein und achtete darauf, dass das Türschloss nicht laut einrastete. Der Raum war finster und muffig. Die Luft darin heiß und schwer von verschiedenen Gerüchen. Sie unterschieden sich steril voneinander: Ammoniakgestank, mit einer Note ätzenden Urins; das sieche Odeur von Althea Coulters welkem, reglosem Körper unter papierdünnen Krankenhauslaken. Und da war noch etwas – wenngleich nur andeutungsweise und nicht wirklich ein Geruch – ich wusste es ohne Zweifel, es war der Gestank des bevorstehenden Todes.
    Sie war wach, ihr fragiler Körper lehnte gegen einen Kissenberg. Als ich mich in die Mitte des Zimmers bewegte, drehte sie den Kopf abwesend zu mir, nur kurz und kaum geistesgegenwärtig, ehe sie sich erneut dem einzelnen Fenster neben ihrem Bett widmete, dessen Jalousien ihr jeglichen Ausblick verwehrten.
    »Miss Coulter?«, fragte ich. Meine Stimme hallte im leeren Raum wider.
    Sie antwortete nicht. In der Stille hörte ich deutlich, wie sie rasselnd Luft holte. Ihr Körper funktionierte auf Sparflamme, würde bald für immer abschalten.
    Ich versuchte es erneut: »Wie geht es Ihnen?«
    »Kein Hunger.« Praktisch

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