Die Treue Des Highlanders
heftige Schelte erhalten, als ihr vor Freude über Marias fortschreitende Genesung herausrutschte: »Ich wusste doch, die Frau haut so schnell nichts um!«
Kaum hatte sich die Nachricht von Marias Besserung herumgesprochen, als Lord Darnley in Jedburgh eintraf. Offenbar kam es zu einer Versöhnung zwischen den Eheleuten, wenngleich niemand wusste, was zwischen ihnen gesprochen worden war. Anna vermutete, dass einige ihre Ohren gespitzt und an die Tür gelegt hatten, aber es drang kein Wort nach draußen.
Am Abend verkündete die Königin noch etwas schwach, aber schon wieder mit rosigen Wangen die Nachricht: »Es ist an der Zeit, unseren Sohn mit allen Feierlichkeiten taufen zu lassen und ihn in die Hand Gottes zu geben. Mylord Darnley wird nach Edinburgh vorausreiten, um die Vorbereitungen zu treffen, ich werde in den nächsten Tagen folgen.«
Die Anwesenheit des Earl von Bothwell, der sich erstaunlich rasch von seinen schweren Verletzungen erholt hatte, in Jedburgh trug nicht unwesentlich zu Marias weiterer Genesung bei. Maria, die zuerst nichts von seiner Ankunft mitbekommen hatte, war mehr als glücklich, ihn in ihrer Nähe zu haben, und das spornte sie an, bald gesund zu werden. Schon bald sah man die beiden im Garten spazieren gehen, wobei sich Maria auf Bothwells Arm stützte. Seine Wunden waren zwar noch nicht vollständig geheilt, aber er war ein Mann, den es keinen Tag länger als unbedingt nötig auf dem Krankenlager hielt. So ritt er auch hoch zu Pferde an der Seite der Kutsche der Königin, als die Gesellschaft Ende Oktober Jedburgh verließ und gen Norden reiste. Maria hatte sich für einen Aufenthalt in Craigmillar Castle, einer alten Burganlage drei Meilen südlich der Hauptstadt, entschieden. Einst war die Feste zum Schutz von Edinburgh erbaut, in den letzten Jahren aber zur Wohnburg mit großen Kaminen und gemütlichen Räumen umgestaltet worden. Zu Annas Freude traf sie in Craigmillar auch wieder Duncan, der aus seiner Sorge keinen Hehl machte:
»Tagtäglich habe ich mir Gedanken gemacht, ob du nicht etwas Falsches tust oder sagst«, empfing er Anna. »Ich rechnete damit, zu hören, dass man dich als Hexe entlarvt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt hat.«
»Dein Vertrauen in mich ist ja grenzenlos«, sagte Anna beleidigt. »Immerhin scheint es zu einer Annäherung zwischen Maria und Darnley gekommen zu sein. Das ist jedenfalls nicht dein Verdienst.«
»Hast du beobachten können, ob die Königin ihre ... Beziehung zu Bothwell beendet hat?«, fragte Duncan, ohne Annas Missstimmung zu bemerken.
Anna verneinte. »Ich habe Maria als sehr starke und kluge Frau kennen gelernt, und ich denke, dass sie durch ihre Krankheit erkannt hat, was sie ihrer Stellung als Königin dem Land und dem Volk schuldig ist. Warten wir die Taufe des kleinen Prinzen ab, wahrscheinlich wendet sich danach alles zum Guten.«
Annas Worte klangen überzeugter, als ihr zumute war. Schließlich schrieb die Geschichte von der Ermordung Darnleys durch die Lords unter Bothwells Beteiligung an dem Komplott. Konnte es wirklich sein, dass dieses Ereignis, das schlussendlich zu Marias Sturz und Verderben führen sollte, nicht eintreten würde? Bis Februar waren es noch drei Monate, eine Zeit, in der viel geschehen konnte. Selbst wenn sich die Situation zuspitzte – was konnten sie und Duncan eigentlich tun?
Die Taufe sollte in aller Pracht in Stirling Castle stattfinden, ganz so, wie es einem künftigen König ansteht. Leider war die königliche Schatulle leer, und Anna hörte erstaunt, dass die Königin kurzerhand eine Sondersteuer für die Bürger erhob, um das notwendige Geld zu erhalten. Sie fragte sich, was das Volk ihrer Zeit dazu sagen würde, wenn der Premierminister einfach die Steuern erhöhte, um ein privates Fest zu feiern. Keinen Penny würde er erhalten, doch die Vorgehensweise Marias war in der damaligen Zeit ganz normal. Die Bürger zahlten auch brav, denn es war immer noch angenehmer, das Geld für die Taufe des Prinzen aufzubringen als für einen Feldzug.
Anfang Dezember waren alle Vorbereitungen für das große Fest getroffen, und der Hof siedelte nach Stirling Castle über. Inzwischen war es Winter geworden, Eis, Schnee und Frost hatten das Land fest im Griff. Anna konnte sich nicht erinnern, jemals in ihrem Leben derart gefroren zu haben, obwohl alle Fenster dicht mit Fellen verhängt und mit Holzläden verschlossen waren und in den Kaminen Tag und Nacht große Feuer brannten. Sie war über ihre Ausstattung von
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