Die Treue Des Highlanders
die Frau in mir sagt. Lasst mich jetzt bitte allein.«
Anna erfuhr, ebenso wie alle anderen in Jedburgh, noch in der gleichen Stunde von den Verletzungen Bothwells. In ihrem Kopf brummte es, als sie versuchte, sich an die Geschichte zu erinnern. Ach verflixt, warum hatte sie früher nicht besser aufgepasst, warum sich nicht mehr mit dem Leben der Frau, die jetzt aus Fleisch und Blut vor ihr stand, beschäftigt? Anna meinte sich zu erinnern, dass etwas auf dieser Reise geschehen würde. Etwas, das nicht dem Wohle der Königin diente. Bothwell allerdings würde überleben, von dieser Seite bestand keine Gefahr.
Anna fiel es wie Schuppen von den Augen, als Maria Stuart fünf Tage später verkündete, sie würde nach Hermitage Castle aufbrechen. Ein Bote hatte die Nachricht überbracht, dass Bothwell zwar noch am Leben sei, nach wie vor aber mit dem Tode ringe. Moray hatte sich überzeugen lassen, Maria auf dem Ritt zu begleiten, ebenso dreißig Soldaten zu ihrer beider Sicherheit. Maria lehnte es vehement ab, mit der Kutsche zu reisen. »Ich reite, dann können wir noch am gleichen Tag wieder zurückkehren«, sagte sie entschlossen und ließ sich den besten Hengst im Stall satteln.
Hermitage Castle lag rund dreißig Meilen im Süden, eine Strecke, die man mit einem guten Pferd durchaus an einem Tag hin und zurück bewältigen konnte.
Zögernd klopfte Anna an die Tür und trat nach dem harschen »Was ist denn?« vorsichtig ein. Claire setzte der Königin gerade den Reithut auf und befestigte den Schleier in ihrem Nacken.
»Lady Anna, ich fürchte, ich habe jetzt keine Zeit mehr für Euch. Unsere Pferde stehen bereits gesattelt im Hof.«
Der Glanz in Marias Augen verriet Anna, wie sehr sie darauf brannte, an die Seite Bothwells zu eilen.
»Majestät, vergebt mir meine Anmaßung, aber es ist von großer Wichtigkeit, ein paar Worte mit Euch zu wechseln. Allein«, fügte sie mit einem Blick auf Claire hinzu.
Maria Stuart winkte ab und erhob sich. Während sie zur Tür ging, sagte sie: »Egal, um was es sich handelt, es muss warten.«
»Reitet nicht nach Hermitage Castle«, rief Anna und stellte sich der Königin in den Weg. Dies war so ungebührlich, dass sich Marias Augen vor Verblüffung weiteten. Anna wurde bewusst, was sie getan hatte, und sie trat schnell einen Schritt zur Seite. »Verzeiht, Majestät, aber die Reise wird Unglück über Euch bringen.«
»Unglück? Was für ein Unglück? Werden wir angegriffen? Niemand wird einen Angriff auf die Königin und ihre Begleiter wagen.«
»Ich kann es auch nicht sagen, Majestät, was genau geschehen wird, aber es wird nicht gut für Euch sein. Ich bitte Euch, seht von dem Ritt ab!«
Maria Stuart lachte hell und öffnete die Tür. Beim Hinaustreten warf sie Anna einen letzten Blick zu. »Bisher habe ich gedacht, Ihr seid eine gute Unterhalterin. Dass Ihr offenbar glaubt, auch eine Wahrsagerin zu sein, ist mir neu, aber merkt Euch eines: Die Königin von Schottland lässt sich von niemandem sagen, wann und wohin sie zu reiten hat!«
Damit verließ sie das Zimmer, und wenig später hörte Anna die Hufe der Pferde, die im schnellen Galopp die Stadt verließen.
Bange Stunden vergingen, und es war weit nach Mitternacht, als der Vorreiter in den Hof gesprengt kam.
»Schnell, macht Feuer und bringt heißes Ale! Die Königin friert und ist müde und hungrig.«
Madame Rallay, die Dame, die Maria hier in Jedburgh zur Hand ging, zog der Königin die vom Nachtnebel feuchten Kleider aus. Maria fror und zitterte so stark, dass ihre Zähne klappernd aufeinander schlugen. Schnell wurden ihr ein Becher mit heißem Bier gebracht, Tücher erhitzt und Maria in warme Laken bettet. Plötzlich richtete sie sich stöhnend auf, griff an ihren Bauch und erbrach sich auf den Fußboden. Alles war so schnell geschehen, dass Madame Rallay ihr nicht mehr das Nachtgeschirr hatte reichen können. Anna und Claire, die damit beauftragt worden waren, die nassen und schmutzigen Kleider in Empfang zu nehmen, sahen besorgt auf das Erbrochene.
»Mein Gott, es ist schwarzes Blut dabei!«, flüsterte Claire angstvoll, auch Anna wurde es bange.
»Es könnte ein Magengeschwür sein«, murmelte sie, denn sie wusste, dass es dabei häufig zu Blutungen kam.
»Woher wollt Ihr das wissen?«, herrschte Madame Rallay sie an und tupfte über Marias Stirn, die trotz ihres Zitterns schweißbedeckt war.
Anna gab keine Antwort, sondern kniete sich neben Marias Bett. »Wo habt Ihr Schmerzen, Majestät? Hier?« Sie drückte leicht
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