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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
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zusammengerollt und in ihr Kopfkissen geschluchzt hatte, aber solche Enthüllungen sparte man sich besser für das fünfte oder sechste Rendezvous auf; weshalb sollte er das Bild des starken, netten Mannes, das er zu entwerfen versuchte, gleich wieder demontieren?
    Als der Nachtisch kam, redeten sie bereits über seine Recherche im Nationalarchiv. Es war – aus Notwendigkeit – das einzige Mal an diesem Abend, dass Gaddis sie rundheraus anlog, vorgab, eine Vorlesung über die Aktivitäten des NKWD während des Zweiten Weltkriegs vorzubereiten. Die Wahrheit über Edward Crane war ein Geheimnis, das er nur sich selber anvertrauen durfte und ganz gewiss nicht einer Josephine Warner. Stattdessen erzählte er ihr von der Möglichkeit, dass seine Recherchen ihn nach Berlin führen würden.
    » Dort lebt jemand, mit dem ich gerne reden würde.«
    » Jemand, der während des Krieges für die Russen gearbeitet hat?«
    » Ja.«
    Josephine strich die Serviette auf ihrem Schoß glatt.
    » Meine Schwester lebt in Berlin.«
    » Tatsächlich?«
    » Ja. Vor zwei Jahren ist sie dort hingezogen. Ich hab sie immer noch nicht besucht.«
    Mit einer Mischung aus Erstaunen und Freude hob Gaddis den Blick von seinem Teller – Josephine bot ihm die Gelegenheit, sie zu einer Deutschlandreise einzuladen.
    » Ich könnte bei ihr vorbeischauen, wenn ich hinfliege«, schlug er vor.
    » Sie ist eine Plage«, erwiderte Josephine, und Gaddis war sicher, leise Eifersucht in ihrem Blick gelesen zu haben.
    Aber damit war der Höhepunkt der koketten Plänkeleien bereits erreicht. Um elf hatte Gaddis die Rechnung bezahlt, und als sie die Goldhawk Road entlanggingen, hatte Josephines Verhalten sich spürbar verändert. Innerhalb von Sekunden hatte sie ein Taxi herbeigewunken, vielleicht eingedenk der Tatsache, dass sie beide ein bisschen betrunken waren, sich zueinander hingezogen fühlten und der Versuchung womöglich nicht widerstehen könnten.
    » Es war ein netter Abend«, sagte sie und tauchte hinab auf den Rücksitz, nachdem sie Gaddis einen flüchtigen Kuss auf die Wange gehaucht hatte.
    » Fand ich auch«, antwortete er, erstaunt darüber, wie abrupt Josephine den romantischen Optionen des Abends eine Absage erteilt hatte. Er schloss daraus, dass sie es vorzog, in das » komplizierte Liebesleben« zurückzukehren, von dem sie zu Beginn des Abendessens gesprochen hatte.
    » Ich muss um fünf aus dem Bett«, erklärte sie und winkte kurz zum Rückfenster des Taxis hinaus, das sich bereits nach Chiswick in Bewegung setzte. Auch solche Dates hatte Gaddis schon erlebt, und deshalb war er sich nicht einmal sicher, dass er die Frau je wiedersehen würde. Sie hatte versprochen, in Kew eine Fotografie von Edward Crane » auszugraben«, aber an diesem Abend hatten sie eine berufliche und persönliche Grenze überschritten, und er konnte sich vorstellen, dass sie, um unnötige Komplikationen zu vermeiden, eine Kollegin mit der Aufgabe betrauen würde. Vielleicht war er zu pessimistisch, aber etwas in Josephines Verhalten nach ihrem Aufbruch aus dem Restaurant schien die Tür zu einer Affäre zugestoßen zu haben. Während des Essens war sie zweifellos verführerisch gewesen, hatte heimliche Hoffnungen auf weitere Begegnungen genährt – Kino, Essen, sogar Berlin –, aber kaum war die Rechnung bezahlt, hatte diese Verspieltheit sich in Luft aufgelöst. Was sehr schade war, weil er sie mochte. Auf seinem Heimweg durch ein Labyrinth trübe beleuchteter Wohnstraßen spürte er, dass ihm schon lange keine Frau mehr so unter die Haut gegangen war wie Josephine Warner.

23
    Zwei Tage später, Gaddis blätterte sich zu Beginn eines neuen Trimesters am UCL durch seine Post, fiel ihm ein brauner DIN -A4-Umschlag mit griechischer Briefmarke in die Hand.
    Er öffnete ihn und zog einen Bogen Papier mit dem Monogramm von Charles Crane heraus. Es handelte sich um eine handschriftliche Notiz.
    Es hat mich außerordentlich gefreut, gestern mit Ihnen zu sprechen. Ich habe tatsächlich noch zwei Fotografien von Onkel Eddie gefunden. Die eine wurde während des Krieges aufgenommen, eine andere im Haus meiner Mutter in Berkshire in den späten 70er-Jahren (vielleicht auch erst 1980 oder sogar 1981). Wenn ich mich recht erinnere, war Eddie gerade aus dem Foreign Office ausgeschieden und stand vor dem Antritt eines Aufsichtsratspostens bei der Deutschen Bank in Westberlin.
    Wären Sie so nett, die Fotos an oben genannte Adresse zurückzusenden, wenn Sie sie nicht mehr

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