Die Trinity Verschwörung
entfernt. » Ich fürchte sogar, er hat große Teile Ihres Buches für seine Dissertation geklaut.«
» Das slawistische Institut in Oxford ist hervorragend«, erwiderte Gaddis, wobei ihre elegante Anspielung auf einen verflossenen Liebhaber ihm durchaus nicht entgangen war. » Ich habe Sie hier noch nie gesehen.«
» Ich bin noch ganz neu hier. Halbtagsstellung. Im Juni war ich mit der Promotion fertig.«
» Und die abrupte Trennung von Archiven und Bibliothekaren war nicht auszuhalten.«
» So ungefähr.«
Der folgende Austausch war so belanglos wie vorhersagbar. Gaddis kündigte an, zurück nach Shepherd’s Bush zu fahren, woraufhin Josephine Warner ihm antwortete, sie wohne » gleich um die Ecke« in Chiswick. Gaddis schlug vor, sich abends mal auf einen Drink zu treffen, worauf Warner freudig einging und ihm nach einem weiteren kurzen Flackern im Blick ihre Handynummer im Tausch gegen seine anbot. Es war ein Anfang, ein erster Schritt auf dem Weg zu potentieller Verführung, und beide Seiten spielten ihre Rollen mit routinierter Perfektion.
Gaddis ließ sich achtundvierzig Stunden Zeit, bis er sich telefonisch mit ihr verabredete. Josephine schien erfreut, von ihm zu hören, und war angetan von der Idee eines gemeinsamen Abendessens. Er schlug ein Restaurant in Brackenbury Village vor, und drei Abende später saßen sie sich im Kerzenschein an einem Tisch gegenüber und nahmen eine Flasche Givry in Angriff. Er war verwundert, wie offen ihre Unterhaltung beinahe vom ersten Augenblick an war.
» Sagen wir mal so: Mein Liebesleben ist ein bisschen kompliziert«, gestand ihm Josephine, noch bevor das Essen bestellt war, und Gaddis fühlte sich aufgefordert ihr mitzuteilen, dass auch er sich » seit ungefähr einem Monat« mit jemandem traf. Sie wussten beide, dass es die Phase des gegenseitigen Abklopfens war. Gaddis gehörte nicht zu denen, die platonische Beziehungen zwischen Mann und Frau für ausgeschlossen hielten, aber er wusste aus Erfahrung, dass er und Josephine sich hier nicht zusammengefunden hatten, um über historische Archive zu plaudern. Sie hörte den ganzen Abend nicht auf, diskret mit ihm zu flirten, und er revanchierte sich, indem er sich größte Mühe gab, ihr ein weiteres Date schmackhaft zu machen. Im Laufe des Abendessens stellte sich bei ihm immer mehr das Gefühl ein, dass diese Frau wahnsinnig attraktiv war: geistreich, witzig und klug, bewandert in fast jedem Thema von Cricket bis Tolstoi, Seinfeld bis Graham Greene. Dazu sah sie umwerfend gut aus, und das ohne offensichtliche Eitelkeit oder Arroganz. Von Zeit zu Zeit, als spürte sie seine wachsende Begeisterung, fand Josephine Gelegenheit, Gaddis daran zu erinnern, dass im Hintergrund ein mehr oder weniger fester Partner wartete, aber solche Mahnungen überzeugten ihn nur noch mehr davon, dass sie eigentlich auf der Suche nach einem Ausweg aus dieser Beziehung war.
» Er hat mich schon zweimal gefragt, ob ich ihn heiraten will«, sagte sie, während sie eine Bandnudel um ihre Gabel wickelte.
» Und Sie geben ihm jedes Mal aufs Neue einen Korb?«
» Ich bitte jedes Mal aufs Neue um etwas mehr Zeit.«
Sie wollte von ihm wissen, woran seine eigene Ehe gescheitert sei, ein Thema, das er mit Holly nun schon seit geraumer Zeit aussparte, aber Josephines Offenheit, ihre vertrauensvolle Art ermutigten ihn, ihr Auskunft zu erteilen.
» Wir waren beide nicht für diese Ehe geschaffen«, sagte er. » Sie hat uns eingesperrt, uns Einschränkungen auferlegt, die wir nicht erfüllen wollten.«
» Sie waren untreu?«
» Beide«, sagte er und war froh, als Josephine ihr Interesse auf Min richtete.
» Ihre Tochter lebt in Barcelona, sagten Sie?«
» Ja. Bei ihrer Mutter. Und einem Freund, den ich nach Kräften …«
» Quäle?«
Gaddis lächelte. » Toleriere.«
» Aber das ist ziemlich kompliziert?«
» Ab einem bestimmten Punkt wird alles kompliziert, oder?«
Sie bestellten noch eine Flasche Wein, und Gaddis erzählte ihr, wie schlimm es für ihn war, die entscheidenden Jahre in Mins Entwicklung zu verpassen. Er erzählte von seinem Vorsatz, » mindestens einmal im Monat« nach Spanien zu fliegen, weil Min noch zu jung sei, um ohne Begleitung nach London zu reisen. Er verriet, dass er hin und wieder etwas von ihr fand – eins ihrer Spielzeuge hinter der Couch oder einen einzelnen rosa Socken am Boden des Wäschekorbs. Er hätte auch hinzufügen können, dass es Nächte gegeben hatte, in denen er sich auf Mins Bett
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