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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
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hinterlassen hatte, als Zeugen waren » Mrs. Audrey Slight und Mr. Richard Kenner« benannt. Von beiden waren die Adressen angegeben, die Gaddis sich notierte. Soweit er sich erinnerte, hatte Neame mit keiner Silbe erwähnt, dass er als Vollstrecker von Cranes Testament aufgetreten war oder dass ihm Bücher hinterlassen worden waren, aber immerhin wusste er jetzt, dass hinter den Namen zwei verschiedene Männer steckten.
    Um elf Uhr – ein Uhr mittags Athener Zeit – ging Gaddis nach unten und tippte Charles Cranes Nummer in sein Handy ein. Ein Mann meldete sich auf Griechisch.
    » Embros?«
    Die Stimme klang leicht kauzig, Griechisch mit starkem Akzent. Gaddis sah einen alternden, sonnengebräunten, in Leinen gekleideten Engländer vor sich, der sich auf der Treppe des Parthenon in ein Buch über die Antike vertieft.
    » Charles Crane?«
    » Am Apparat.«
    » Mein Name ist Sam Gaddis. Ich bin Dozent am UCL in London. Es tut mir leid, Sie aus heiterem Himmel zu überfallen. Ich recherchiere für ein Buch über die Geschichte des Foreign Office und wollte Sie fragen, ob Sie mir ein paar Fragen zu Ihrem verstorbenen Onkel beantworten können, Edward Crane.«
    » Du lieber Gott, Eddie!« Beinahe klang es so, als hätte der Neffe, der doch von der Großzügigkeit seines verstorbenen Onkels ganz hübsch profitiert hatte, seit 1992 keinen Gedanken mehr an ihn verschwendet. » Ja, natürlich. Was möchten Sie wissen?«
    Gaddis erzählte ihm, was er über Cranes Karriere im diplomatischen Dienst wusste, hielt sich dabei strikt an die Vorgaben des Nachrufs in der Times und erwähnte Cambridge, den SIS oder den NKWD mit keinem Wort. Um Crane noch weiter herauszulocken, schmeichelte er ihm mit der Behauptung, sein Onkel habe eine wichtige, wenngleich verdeckte Rolle beim Gewinn des Kalten Krieges gespielt.
    » Ist das wahr? Na ja, ich denke, Eddie war schon ein toller Hecht.«
    Schon bald sehnte Gaddis sich nach einem bequemen Sitzplatz, denn Crane ließ es sich nicht nehmen, eine ausschweifende, weitgehend sinnfreie Anekdote nach der anderen über das » geheimnisvolle Leben« seines Onkels zu erzählen. Es stellte sich heraus, dass die beiden Männer sich » nur einige wenige Male« begegnet waren, und Charles behauptete, » perplex, total perplex« gewesen zu sein, als er erfahren hatte, dass er im Testament seines Onkels als Haupterbe benannt worden war.
    » Na klar, er hatte nie geheiratet«, sagte er und beschwor damit das Gespenst eines schwarzen Schafes über dem guten Namen der Familie Crane herauf. » Mal ganz entre nous, ich vermute, er hat auf der anderen Seite gespielt, vielleicht gar nicht mal aktiv, aber der Film lief sicher schon seit frühester Jugend, wenn Sie verstehen, was ich damit sagen will.«
    Gaddis hörte sich zu Charles Crane sagen, dass er wisse, was er damit sagen wolle.
    » Ist sehr spät in den Ruhestand gegangen. Keine Kinder, für die er sorgen musste, wie wir anderen. Keine Ablenkung. Er hatte nichts anderes als das Foreign Office.«
    Zweifellos war Charles Crane nicht einmal klar, dass sein Onkel für den SIS gearbeitet hatte. Für ihn war er nur ein Diplomat mittleren Ranges mit » ein, zwei Posten an Vertretungen im Ausland« gewesen.
    » Sagt Ihnen den Name Audrey Slight irgendetwas?«
    » Ich fürchte, nein, Mr. Gaddis.«
    » Sie war eine von zwei Zeugen für das Testament Ihres Onkels.«
    Auf einmal sagte ihm der Name doch etwas. » Ach, Audrey. Seit ewig und drei Tagen Eddies Haushälterin.« Crane klang wie der Kandidat in einer Spielshow, dem die richtige Antwort einen Tick zu spät eingefallen ist. » Ich glaube, sie ist vor ein paar Jahren gestorben. Wir werden alle nicht jünger. Mein Hauptansprechpartner für den Nachlass war Thomas Neame.«
    » Mit Richard Kenner haben Sie nicht gesprochen?«
    » Mit wem?«
    » Dem anderen Zeugen?«
    » Nein. Aber wenn ich mich recht erinnere, gehörte Kenner auch zum Foreign Office. Ein Kollege von Eddie. Könnte sich lohnen, den ausfindig zu machen.«
    Wahrscheinlich eine vergebliche Suche. Mit größter Wahrscheinlichkeit lebte Kenner nicht mehr, oder man hatte ihn um ATTILAS Anonymität willen aus den Akten gelöscht. Gaddis fragte Charles Crane nach den Verhandlungen mit Neame, erfuhr aber nichts, was er nicht schon wusste, nämlich dass der alte Mann » hochintelligent«, » aufbrausend« und zuweilen » verflucht unhöflich« sei.
    » Sie sind ihm begegnet?«
    » Nur einmal. In einem Londoner Anwaltsbüro. Ich habe mehrmals mit ihm

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