Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman
gestehen, daß ich Euren Erzbischof nicht leiden mag. Er ist so ein feines Herrlein, prächtig gewandet und mit gezierten Bewegungen. Ich traue ihm nicht über den Weg und bin sicher, daß er sofort zum Verrat bereit ist, wenn sich ihm ein Vorteil bietet. Natürlich habe ich auch nicht vergessen, daß er sich einen riesigen Bissen aus dem Reich meines Gemahls und damit aus dem Erbe meiner Kinder genommen hat. Möge er daran ersticken. Soweit mir zu Ohren gekommen ist, ist er seitdem mit Arbeit überhäuft, und mit Schulden dazu. Ich gönne ihm beides. Aber darüber wirst du sicher mehr wissen als ich.
Außerdem mag ich es nicht, wie die Erzbischöfe sich aufspielen. Sollten sie nicht demütige Diener Gottes sein, brave Hirten ihrer Schäflein, weitab von eitlem Tand und weltlicher Macht, frei von Eitelkeit? Statt dessen putzen sie sich heraus, ziehen in den Krieg, gehen auf die Jagd und lassen sich auch noch heiligsprechen. Ich kannte Thomas Becket, und hätte ich nicht selbst auf seine Heiligsprechung hingewirkt, um meinem Vater zu helfen, so wäre es mir nie in den Sinn gekommen, ihm die Eigenschaften eines Heiligen zuzusprechen. Und was ist mit eurem früheren Erzbischof Anno, dem im letzten Jahr diese Würde vom Papst zuerkannt wurde? Ich erinnere mich noch gut daran, was du mir über ihn berichtet hast, wie überheblich und grausam er die Kölner Bürger behandelt hat. Ich vermute, seine Heiligsprechung
geschah, weil der Papst sich die Unterstützung seines Nachfolgers Philipp von Köln sichern will. Vielleicht strebt dieser die gleiche Würde an?
Wie es auch sei, der wahre Grund für den Besuch eures Erzbischofs auf unserer Insel war vermutlich ein Auftrag des Kaisers. Nachdem mein Vater Philipp von Köln ehrenvoll empfangen hatte, machte er sich gleich stark für die Wiedereinsetzung meines Löwen.
Der Kölner ließ sich eine ganze Weile bitten, dann erklärte er gnädig, er sei bereit, sich mit meinem Mann zu versöhnen! Hast du schon einmal eine solche Unverschämtheit erlebt? Ich befürchtete, mein Löwe würde ihm an die Gurgel gehen, aber statt dessen saß er ruhig da, und kein Muskel zuckte in seinem Gesicht. Als ich ihn später, allein in unserem Gemach, für diese Selbstbeherrschung bewunderte, sagte er: »Liebste, für das zukünftige Wohl meiner Familie kann ich auch die schlimmsten Demütigungen ertragen.«
Gott segne meinen Mann!
Erzbischof Philipp bot im Auftrage Barbarossas dann noch an, den englischen Thronfolger, meinen Bruder Richard, mit einer Tochter Barbarossas zu vermählen. Nun, die ältere Tochter des Kaisers zählt neun Jahre und die jüngere erst vier, bis zu ihrer Heirat wird noch viel Wasser die Themse entlangfließen, oder den Rhein hinab.
Obwohl mein Vater über dieses Angebot erfreut war, ließ er es sich nicht anmerken. Er ließ durchblicken, er erwarte als Gegengabe (wahrhaftig, so drückte er sich aus) die Beendigung der Verbannung seines geliebten und hochgeschätzten Schwiegersohns. Philipp möge den Heiligen Vater bitten, über die Rückkehr Herzog Heinrichs zu vermitteln.
Dies sagte Philipp bereitwillig zu und reiste wieder ab.
Ich vermute, das war alles nur ein Schauspiel und die Entscheidung des Kaisers längst gefallen. Ob er inzwischen
erkannt hat, daß er mit der Entfernung des Herzogs von Sachsen und Bayern den Schutzschild zerschlagen hat, der seinem Reich über viele Jahre Ruhe im Norden und Osten verschafft hat? Ob er annahm, mein Löwe könne diese Aufgabe wieder übernehmen, obwohl seine Macht und seine Mittel drastisch beschnitten wurden? Wie dem auch sei: Erstaunlich bald erreichte uns die Einwilligung Barbarossas. Im nächsten Jahr dürfen wir zurückkehren.
Obwohl mein Vater mit allen Mitteln für die Wiedereinsetzung meines Löwen gekämpft hat - jetzt, wo sie greifbar ist, klagt er sehr darüber, daß er sich von seiner ältesten Tochter und deren Kindern trennen muß. Er hat mir so zugesetzt, bis ich schließlich einwilligte, daß nicht nur meine älteste Tochter bei ihm bleibt; hier in England kann man übrigens ihren Namen Richenza nicht aussprechen, sie wird hier statt dessen Mathilde genannt. Auch meinen kleinen Sohn Wilhelm will er nicht mehr hergeben, er hat einen Narren an dem Kind gefressen und will ihn auf seine Kosten zu einem Fürsten erziehen lassen. Ich kann noch gar nicht daran denken, daß ich mich schon wieder von zwei Kindern trennen soll; aber wie kann ich es meinem Vater abschlagen, der so unendlich viel für uns getan
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