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Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kulbach-Fricke
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daß das staunende Volk geblendet wurde. Freundlich nach allen Seiten grüßend, zog Barbarossa in der Kirche ein. Aber als er mit der Kaiserin zur Seite Platz genommen hatte, setzte sich Philipp von Köln wie selbstverständlich flugs zu seiner Linken nieder. Nun gehörte dieser Platz aber traditionsgemäß dem Fürstabt von Fulda, und dieser ärgerte sich mächtig und zischte den Kölner an, ihm sofort den Stuhl zu überlassen. Als Philipp sich nicht von der Stelle rührte und nur herablassend die Augenbrauen hochzog, packte ihn der Abt an Arm und Kragen und zog ihn vom Stuhl. Das fiel ihm nicht schwer, denn Philipp war ein kleiner, zierlicher Mann, der Abt von Fulda dagegen einen Kopf größer und doppelt so breit wie der Kölner. Schwupps, saß der Abt auf dem umkämpften Stuhl und Philipp stand daneben und zeterte. Der Kaiser, indigniert und peinlich berührt über diese Kindereien, bat den Kölner, er möge doch bitte nachgeben, und Philipp rauschte tödlich beleidigt davon, gefolgt von allen seinen Lehensleuten. Da rettete der junge König Heinrich die Lage. Er eilte Philipp nach, erwischte ihn noch innerhalb der Kirche, umarmte ihn und beschwor ihn unter Tränen, doch nicht die Freude des Festes zu zerstören und zurückzukommen. Ein strenger Blick des Kaisers, und der Abt machte erschrocken den umkämpften Stuhl wieder für den Kölner Erzbischof frei.
    Somit war der Zwist für den Augenblick wieder beigelegt, aber Philipp pflegte seine Kränkungen mit Sorgfalt zu hegen und sich ihrer zu erinnern.

    Übrigens wurde der junge Heinrich, Thronerbe Barbarossas, noch im gleichen Jahr verlobt. Er war neunzehn Jahre alt, die Auserwählte zählte bereits dreißig Lenze. Es war Konstanze, die Tochter von König Roger von Sizilien. Sie hatte ihr bisheriges Leben im Kloster verbracht, und eine Heirat mit dem Kaisersohn war vermutlich das letzte, was sie sich wünschte. Wäre sie so klug gewesen wie meine blutjunge Mathilde damals, und hätte sich die Liebe zu dem ihr bestimmten Mann zum Lebensziel gesetzt, dann hätte sie vielleicht auch das Glück gefunden.
     
    Als wir diese Nachricht erfuhren, konnten wir es kaum glauben. Was mochte sich der Kaiser nur von dieser Verbindung versprechen? Sicher, der Neffe Konstanzes, König Wilhelm von Sizilien, war ein wichtiger Verbündeter. Auch hörte man, daß im Heiratsvertrag vereinbart war, daß Konstanze die Nachfolge des Neffen antreten würde, sollte dieser kinderlos bleiben. Wilhelm war übrigens schon vier Jahre mit Mathildes Schwester Johanna von England verheiratet, und die Ehe war noch nicht mit Kindern gesegnet worden. Aber konnte man sich darauf verlassen, daß dies auch so bleiben würde? Auch Barbarossas Gemahlin hatte erst nach sechs Ehejahren ihr erstes Kind geboren - das erste von zwölfen! Das kam davon, daß die jungen Fürstinnen oft schon als Kinder vermählt wurden - es konnte viele Jahre dauern, bis man sicher war, ob sie fruchtbar waren oder auch nicht. Ich denke da an Mathildes Mutter, die berühmte Alienor von Aquitanien, die in ihrer ersten Ehe lange kinderlos geblieben war, ihrem zweiten Gatten aber in rascher Folge ein Kind nach dem anderen schenkte.
    Aber dennoch: Die vage Möglichkeit, das Kaiserreich und das Königreich Sizilien könnten einmal in eine Hand kommen, schreckte die Kurie auf. Wo blieb denn dann der Stuhl Petri? Als Papst Lucius, ein schwacher Greis, aus dem Leben
schied, wählten die Kardinäle den schärfsten Gegner des Kaisers: Erzbischof Humbert von Mailand bestieg als Urban III. den Papstthron. Er haßte den Kaiser mit größter Erbitterung für alles, was dieser seiner Vaterstadt angetan hatte, und zögerte keinen Augenblick, sich sofort mit ihm anzulegen, indem er bei der nächsten Bischofswahl seinen eigenen Kandidaten gegen den Willen des Kaisers durchsetzte.
    Den Wunsch des Kaisers, seinen Sohn und Erben schon zu Lebzeiten des Vaters zum Kaiser zu krönen, lehnte er brüsk ab mit der Begründung, es könne immer nur einen Kaiser geben.
     
    Mir hätte das ja eingeleuchtet, aber mein kluger Vetter Fordolf, der so viele Folianten studiert und sich den Kopf mit Wissen gefüllt hat, belehrte mich, es sei schon vor tausend Jahren im römischen Reich Sitte gewesen, daß es zwei Kaiser gleichzeitig gab, einen für den Osten und einen für den Westen des Reiches; und dazu hatte jeder einen Cäsar, eine Art Unterkaiser zur Seite, welcher nach dem Tod des Kaisers an seine Stelle rückte, also waren es eigentlich sogar vier Kaiser.

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