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Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kulbach-Fricke
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das meist auch noch gleichzeitig.
    Adelgunde schaute etwas pikiert. Ihre Söhne waren ihr ein und alles. »Nein, nur Patroklus und Reinhold«, antwortete sie. »Friedrich ist im Handelshof und Bertram in der Schule.«
    Ich schlüpfte schnell in meinen wärmsten Umhang, und dann zogen wir los. Dortmund war natürlich mit Köln nicht zu vergleichen, aber die beiden Jungen waren sehr stolz auf ihre Heimatstadt. Sie wollten mir gerade die Martinskirche zeigen, da schlug sich Patroklus vor den Kopf.
    »Ich soll doch Samuel etwas von Vater ausrichten. Das hätte ich jetzt fast vergessen. Kommt, da müssen wir zuerst hin.«
     
    Wir gingen also zum Judenviertel, das im Westen der Stadt lag. Patroklus führte uns zu einem hohen, schmalen Haus. Unten war der Laden, oben die Wohnung, wie bei uns auch. Ein sehr alter Mann kam uns entgegen, gebeugt und hager, mit einem langen grauen Bart und spärlichem weißen Haupthaar unter dem Käppchen. Er begrüßte uns freundlich und hörte sich an, was Patroklus ihm von Hildebrand auszurichten hatte, dabei machte er sich Notizen auf seiner Wachstafel. Danach lud er uns ein, Tee mit ihm zu trinken. Wir hatten nichts dagegen. Während wir uns die Hände an den heißen Bechern wärmten, fragte mich Samuel nach dem Woher und Wohin unserer Reise aus. Er nickte beifällig,
als er hörte, daß ich aus Köln kam, und fragte nach meiner Familie.
    »Mein Vater ist der Kaufmann Gunther, und meine Mutter Hadewigis war früher mit dem Onkel von Patroklus und Reinhold verheiratet«, berichtete ich.
    Samuel nickte, aber die Namen schienen ihm nichts zu sagen. Ich war enttäuscht, schließlich genossen wir als Händlerfamilie einen außerordentlichen Ruf.
    »Das eigentliche Oberhaupt der Familie und unseres Handels ist aber noch immer mein Großvater Eckebrecht«, fügte ich darum hinzu und hielt ihm meinen Becher hin, damit er ihn noch einmal mit dem Kräuterhonigtee füllen sollte.
    Samuel erstarrte und wurde erst blaß, dann puterrot. Er riß mir den Becher aus der Hand und schrie: »Hinaus, sage ich! Sofort hinaus aus meinem Laden!« Dann tobte er in einer Sprache, die ich nicht verstand.
    Patroklus und Reinhold packten mich an den Armen und rannten mit mir hinaus. Ich war fassungslos, und Tränen schossen mir vor Zorn in die Augen. Noch nie in meinem Leben hatte mich jemand so angeschrien, und noch nie war ich irgendwo hinausgeworfen worden.
     
    In sicherem Abstand von dem Laden entfernt, hielt ich inne.
    »So habe ich Samuel noch nie gesehen, er ist sonst immer sehr höflich«, sagte Patroklus hilflos.
    Ich stampfte mit dem Fuß auf. »Das brauche ich mir nicht gefallen zu lassen. Ich gehe jetzt zurück.«
    »Bloß nicht«, sagten die Brüder wie aus einem Mund und wollten mich zurückhalten. Aber ich kümmerte mich nicht darum, wand mich unwirsch aus ihrer Umklammerung und stapfte grimmig zu dem Laden zurück. Samuel sollte mir gefälligst erklären, was das zu bedeuten hatte.
    Ich hörte kein Getobe mehr, als ich vor der Tür stand.
Vorsichtig öffnete ich, darauf gefaßt, daß mir irgend ein Gegenstand an den Kopf geworfen wurde. Aber nichts rührte sich. Ich trat ein und ließ die Tür weit offen. Ganz hinten im Laden fand ich Samuel. Er lag auf dem Boden und schnappte mühsam nach Luft, seine Hände waren ganz verkrampft.
    Oh Gott! Mit einem Schlag war meine Wut verflogen. Ich kniete mich neben ihn, hob seinen Kopf auf meinen Schoß und streichelte sanft seine Hand. Ich wußte nicht, was ich sonst noch hätte tun können, aber ich murmelte beruhigend: »Es ist schon gut! Es ist schon gut!« Ich hatte große Angst, der alte Mann könnte vor meinen Augen sterben. Hildebrands Söhne schauten vorsichtig zur Tür herein, aber ich gab ihnen ein Zeichen, sich still hinzusetzen und abzuwarten.
    Nach ein paar Minuten, die mir endlos erschienen, begann Samuel wieder ruhiger zu atmen, und die Finger entkrampften sich. »Es tut mir leid«, brachte er mühsam hervor. Ich half ihm, sich aufzusetzen, und brachte ihm seinen Teebecher. Nachdem er einen kleinen Schluck getrunken hatte, schien es ihm besserzugehen.
     
    So weit, so gut. Aber ich war noch nicht fertig mit ihm, ich wollte eine Erklärung.
    »Und was sollte das nun?« fragte ich milde.
    »Eckebrecht ist ein Verräter«, sagte Samuel. Es klang nicht überzeugend, weil seine Stimme noch sehr matt war. »Aber das ist nicht deine Schuld, ich hätte dich nicht anschreien dürfen«, fügte er schnell hinzu, als er sah, wie ich unmutig die Stirn

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