Die Tuchhaendlerin von Koeln
übriggeblieben, denn man mußte jederzeit und überall auf unserem Heimweg mit kriegerischen Truppen rechnen.
Aber ich war ganz krank vor Sehnsucht nach meinen Kindern und Anverwandten - glaubten meine Eltern, daß ich noch lebte, oder nicht?
Der Herzog konnte keine Boten nach Köln senden, weil die Truppen von Erzbischof Philipp sie abfingen. Zweimal hatte er es versucht, der eine wurde mit einem höhnischen Schreiben zurückgesandt, der andere blieb verschollen. Aber meine liebe Mathilde fand eine Lösung. Sie trat in die Kammer, wo ich über ihre Rechnungsbücher gebeugt saß.
»Du kannst gleich anfangen und einen Brief an deine Lieben schreiben, Sophia«, sagte sie zu mir. Ich schaute verdutzt hoch.
»Glaube nicht, daß ich deine Sorgen nicht verstehe. Aber ich habe nun die Lösung gefunden: Ich sende meinen Spielmann Bertrand. Ihm wird niemand etwas tun, und man wird ihn auch nicht aufhalten. Spielleute sind immer willkommen.«
Bertrand war ein hübscher junger Sänger aus der Provence. Königin Alienor hatte ihn vor einem halben Jahr zu
ihrer Tochter geschickt, und ich wußte, daß Mathilde viel Freude an den geistreichen Liedern hatte, die Bertrand zu singen verstand. Nur mit dem Lob des Grafen Adolf hatte er ein wenig übertrieben.
»Du willst auf seine Kunst verzichten, um meinetwillen?«
»Ich bin ja auch Mutter, so wie du. Ich will nicht, daß deine Kinder nicht schlafen können vor Angst, weil sie nicht wissen, ob ihren Eltern etwas zugestoßen ist. Dafür entbehre ich Bertrands Lieder gern.«
Und so setzte ich mich eilig hin und schrieb mir die Finger wund. Noch am gleichen Tag zog Bertrand davon, mein dicker Brief steckte wohlverwahrt in seiner Laute.
Während Gottschalk sich noch die Zeit damit vertrieb, bei den Braunschweiger Kaufleuten hereinzuschauen, Bekanntschaften zu knüpfen und zu erneuern, und schon Pläne machte, was er in den kommenden Jahren hier verkaufen wollte, ahnte ich schon, daß dies alles vergebliche Mühe war. Es kamen nur noch schlechte Nachrichten. Kaiser Friedrich hatte sich offenbar den Untergang seines Vetters Heinrich zum Ziel gesetzt. Er verfiel auf Strategien, die dem Löwen niemals in den Sinn gekommen wären. Der Herzog glaubte immer noch daran, daß sein Land uneinnehmbar sei - hatte er nicht einen Wall von rund sechzig Burgen, besetzt mit treuen Anhängern? Den konnte Barbarossa niemals überwinden.
Aber der Kaiser hielt geruhsam, als sei tiefster Frieden, einen Hoftag ab. Dort verkündete er, sämtliche Vasallen des Löwen sollten sich bis zum 11. November kampflos ergeben. Nach diesem Datum würden sie selbst geächtet werden und alle Lehen verlieren.
Dieser schlaue Schachzug beunruhigte Heinrichs Anhänger aufs äußerste. Würde ihr Herzog sie vor dem
Kaiser schützen können und wollen? Sie hatten keine Lust, sich von einem siegreichen Kaiser vertreiben zu lassen und als Bettler mit ihren Familien über die Straßen zu ziehen. Und so gingen sie leise zum Kaiser und huldigen ihm. Erst nur einzelne, dann ganze Scharen. Heinrichs Wall existierte nicht mehr.
Der Löwe raste. Die Untreue der Männer, auf die er fest gebaut hatte, traf ihn bis ins Mark. Nach Süden konnte er nicht, dort stand der Kaiser. Also zog er nach Holstein; war nicht Graf Adolf der erste gewesen, der ihn verraten hatte? Heinrich belagerte Segeberg; aber dort befahl des Grafen Mutter, und sie verteidigte den Ort so geschickt, daß Heinrich einsah: Nur mit einer langwierigen Belagerung würde er ihn einnehmen können.
Wir erfuhren all dies sehr bald, es kamen täglich Boten von Heinrich zu seiner Frau.
»Was geschieht nun in Segeberg?« fragte ich Mathilde.
»Mein Löwe hat nicht die Zeit für eine Belagerung. Er wird also der Gräfin freien Abzug anbieten. Wie kann er auch die Mutter dafür strafen wollen, daß ihr Sohn zum Kaiser übergelaufen ist. Sie hat nur den Besitz ihres Kindes verteidigt.«
»Und wohin wird sie gehen?«
»Ihre Familie hat Besitzungen in Westfalen.«
Ich holte tief Luft.
»Mathilde, kannst du verstehen, daß ich nach Hause muß? Unser Söhnchen ist jetzt so groß, daß ich die Reise wagen möchte. Im Gefolge der Gräfin könnten wir gefahrlos Richtung Heimat fahren.«
Mathilde seufzte.
»Ja, das sollt ihr tun. Jetzt, da mein Löwe euch kein sicheres Geleit mehr verschaffen kann …«
Und so rüsteten wir uns in aller Eile. Unter Tränen nahm ich Abschied von Mathilde und ihren Kindern. Die Zukunft
lag völlig im dunkeln, wir konnten nicht wissen, ob
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