Die Tuchhaendlerin von Koeln
wir uns in diesem Leben noch einmal sehen würden.
Mathilde weinte nicht. Haltung bewahren in jeder Lebenslage, das hatte sie gelernt. Aber sie umarmte mich sehr fest und dankte mir für die vielen Jahre unserer Freundschaft. Zärtlich küßte sie mich und meinen kleinen Gottschalk, der schon viel kräftiger geworden war.
»Möge Gott euch schützen«, rief sie mir noch nach, als wir die Burg verließen. Vor dreizehn Jahren hatte ich die kindliche Prinzessin kennengelernt, als sie sich voller Freude auf ihr Leben an der Seite eines sehr mächtigen Mannes vorbereitete. Das Rad des Schicksals hatte sich gedreht, das Reich des Sachsenherzogs schien in Trümmer zu zerfallen. Mathilde, meine liebe Freundin, nahm es in Würde und ohne ein Wort der Klage hin.
Wenige Stunden später trafen wir auf Gräfin Mechthild von Holstein. Diese tapfere alte Frau ritt an der Spitze ihrer Leute. Sie sah selbst aus wie eine Kriegerin, groß und massig, gerüstet mit einem Schwert an ihrer Seite. Die Ähnlichkeit mit ihrem Sohn, dem jungen Helden Adolf, war unverkennbar. Ich fand sie großartig. Gottschalk schwang sich vom Wagen herab und trat ihrem Pferd entgegen. Mit höflichen Worten bat er sie, ihm und seiner Familie in ihrem Gefolge Schutz zu gewähren, und sie ritt an unseren Wagen heran, ließ sich den kleinen Gottschalk zeigen, wechselte ein paar freundliche Worte mit mir und gewährte unsere Bitte gnädig.
Im folgenden Monat erreichten wir Köln. Fast ein Jahr lang waren wir fort gewesen, und mir fehlten die Worte, als ich endlich meine Kinder und meine Eltern wieder in die Arme schließen durfte.
»Dies ist das schönste Geschenk, das du uns mitbringen konntest«, sagte meine Mutter, als ich ihr meinen jüngsten
Sohn reichte. Sie versuchte, ihre übliche Gelassenheit zu zeigen, aber ihre Stimme zitterte dabei.
Ich war mir sicher, daß ich so bald keine Reise mehr antreten würde.
Mathildes Spielmann kam übrigens erst zwei Wochen nach uns in Köln an.
Ja, mein Kind, für mich folgten nun ein paar ruhige Jahre. Ich hatte damals genug von Abenteuern und Reisen. Von dem harten Schlag auf meinen Kopf, der mich auch hätte töten können, war zum Glück nichts mehr zu merken. Die quälenden Kopfschmerzen waren inzwischen ganz verschwunden, und ich war wieder richtig gesund. Meine Kinder hielten mich auf Trab, und zum Glück gesellten sich für eine Weile keine weiteren mehr dazu.
Unserer Sippe ging es wirtschaftlich sehr gut. Mein Vetter Constantin hatte Erzbischof Philipp eine riesige Summe geliehen, und dieser verpfändete ihm den Zoll für dreihundertfünfzig Mark jährlich, bis die gesamte Schuld abgetragen war. Constantin war nicht sein einziger Gläubiger; es gab kaum einen betuchten Kölner, bei dem Philipps Sekretäre nicht wegen einer Anleihe angeklopft hatten. Vermutlich glaubten die Kölner Bürger einerseits darum, sie könnten in der Stadt nun machen, was ihnen beliebte, ohne sich groß um den Erzbischof zu scheren, der ja anderweitig beschäftigt war. Andererseits war da die enge Verflechtung ihres Handels mit England, und England stand auf seiten Heinrichs des Löwen - den aber Erzbischof Philipp von Heinsberg erbittert bekriegte. Es war also leicht zu verstehen, daß die Kölner das dringende Bedürfnis nach verbessertem Schutz ihrer Stadt hatten.
Als Philipp schließlich wieder einmal in seine Stadt einritt, glaubte er seinen Augen nicht zu trauen. Ein riesiger Wall mit Graben zog sich in einem Halbkreis weit um das bisherige Stadtgebiet und vergrößerte dieses damit auf etwa das Doppelte. Die bisher außerhalb der Stadtmauer liegenden neuen Viertel St. Severin, St. Pantaleon und St. Gereon genossen nun Schutz vor feindlichen Überfällen.
Die Anlage begann am nördlichen Rheinufer beim Frankenturm und am südlichen beim Saphirturm. Natürlich hatte man die gewaltige Wallanlage erst begonnen, die hier später erbaute Mauer ist ja auch heute noch nicht fertiggestellt, aber es war auch so schon höchst eindrucksvoll. Ich habe niemals eine Stadt gesehen, die stärkere Befestigungen aufwies.
Der Erzbischof schickte nun seine Beamten aus, sie sollten genau feststellen, welche Eigenmächtigkeiten sich die Bürger sonst noch herausgenommen hatten, und alles auflisten. Und dies kam dabei heraus: Es waren ohne erzbischöfliche Genehmigung Gebäude errichtet worden, zum Beispiel auf dem Leinpfad und auf dem Markt! Die Großkaufleute, die am Markt wohnten, hatten ihre Häuser mit vorgewölbten Erkern versehen,
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