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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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waren; ohne diese Sicherheit wäre auch kaum jemand für ein, zwei Jahre außer Landes gegangen.
    Allerdings hörte man auch: König Richards Kreuzzug war bisher sehr eigenartig verlaufen, um es gelinde zu sagen. Während Kaiser Friedrich Barbarossa schon große Heldentaten in Kleinasien vollbrachte, ließ Richard zunächst einmal die christliche Stadt Messina plündern, weil er sich über die schlechte Behandlung seiner Schwester Johanna, Königinwitwe von Sizilien, geärgert hatte. Dann eroberte er das gleichfalls christliche Zypern, nahm dessen Kaiser Isaak Komnenos gefangen und verkaufte die Insel anschließend an Guido von Lusignan. Er hatte es offenbar keineswegs eilig, ins Heilige Land zu kommen, denn nun heiratete er erst einmal in aller Ruhe die junge Berengaria von Navarra. Ehrlich gesagt, staunte ich darüber nicht wenig, denn wie mir Mathilde angedeutet hatte, war ihr Bruder Richard eigentlich dem weiblichen Geschlecht nicht sonderlich zugetan - seine Mutter und Schwestern ausgenommen. Nun weiß ich ja, daß dies gelegentlich vorkommt, wenn es auch zumeist totgeschwiegen wird, aber muß ein solcher Mann dann unbedingt ein Weib nehmen? Das kann doch nur schiefgehen.
    Schließlich fiel Richard wieder ein, zu welchem Zweck er eigentlich ausgezogen war, und er begab sich nach Akkon. Wie man hört, vollbrachte er bei der Belagerung und Eroberung dieser Stadt aus den Händen der Muselmanen zwar gewaltige Heldentaten, aber, wenn die Gerüchte stimmen, auch ebenso gewaltige Eseleien. Er machte sich den Herzog von Österreich zum unversöhnlichen Feind. Die Österreicher hatten den schönsten Palast in Akkon erobert und wollten sich dort häuslich einrichten, und der Anfang davon war, daß sie die Standarte des Herzogs Leopold aufs Dach setzten. Richard war hingegen der Ansicht, er als König
habe selbstverständlich den Vorrang vor einem Herzog. Er drängte also die Österreicher aus dem Palast hinaus, und seine Männer warfen die nun überflüssige Standarte achtlos in den Burggraben, statt sie höflich den Besitzern zu überreichen - eine Beleidigung, die selbst mit Blut kaum noch abzuwaschen ist.
    So sehen es jedenfalls die Männer. Mir persönlich kommt dies eher wie Gezänk in der Kinderstube vor. Jede Mutter weiß, wie sie mit so etwas umzugehen hat, aber die Fürsten hatten nach Barbarossas Tod in den Fluten niemand, der ihnen Vernunft beigebracht hätte.

    Auch mit König Philipp August legte sich Richard so gründlich an, daß dieser beleidigt den Kreuzzug abbrach und nach Frankreich zurückkehrte. Ein Streitpunkt war angeblich, daß Richard sich seit längerem geweigert hatte, die Halbschwester des französischen Königs zu heiraten; das Verlöbnis war geschehen, als beide noch Kinder waren, und die kleine Prinzessin Alix war dem englischen Hof zur Erziehung übergeben worden. Solange Königin Alienor dort zu befehlen hatte, war auch noch alles in bester Ordnung. Aber nachdem sie von ihrem Mann in Haft gehalten wurde, war Alix ohne Beschützerin, und prompt hat König Heinrich Plantagenet, der ihr als Schwiegervater zugedacht war, das Mädchen verführt. Sie hat diesem zwei Kinder geboren, und deshalb hatte Richard verständlicherweise kein Verlangen danach, sie zu heiraten. Diese unerfreulichen Geschichten hat mir Mathilde im Laufe der Zeit anvertraut. Heute lebt keiner der Beteiligten mehr, und darum darf ich sie dir verraten.
    Nach seiner Heimkehr nach Frankreich mauschelte König Philipp August rachsüchtig mit Richards letztem überlebenden Bruder. Das war Johann, mit dem Königin Alienor damals schwanger gewesen war, als ich meine liebe Freundin Mathilde kennenlernte. Man nannte ihn Johann Ohneland,
weil alle Fürstentümer seiner Eltern bereits an seine älteren Brüder verteilt waren. Als Richard dies zu Ohren kam, ließ er den Kreuzzug Kreuzzug sein und machte sich sofort auf den Heimweg. Und dies Ende Oktober, wo es ein Wunder wäre, die gefährlichen Winterstürme zu überstehen.
    Ich kann dazu nur bemerken: Wenn ein Kaufmann seine Handelsfahrten so ausführen wollte, könnte er sehr bald betteln gehen.
    Richards Schiff wurde prompt von Piraten angegriffen und geentert, doch auf seltsame Weise entging der Engländer dem sicheren Tod. Es heißt, der Piratenkapitän hätte den Koch auf Richards Schiff gekannt und darum den König verschont und bei Aquileia an Land gesetzt. Ich habe keine Ahnung, warum er ihn nicht einfach erschlagen und ausgeraubt hat, es hätte ja niemand davon erfahren. Aber

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