Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)
reißen.« Ich hielt seinem starren Blick stand. »Aber dann ist etwas passiert, etwas, das Ihr nicht eingeplant hattet.«
»Ach, wirklich?« Er faltete die Hände unter dem Kinn. »Fahrt bitte fort. Ich finde das alles … faszinierend.«
»Jane Grey. Ihr hattet keine Ahnung, was der Herzog im Schilde führte, als Elizabeth am Hof eintraf, nicht wahr? Wirklich sicher wusstet Ihr nur, dass der König im Sterben lag und Northumberland die Prinzessin für sich selbst gewinnen wollte. Als dann der Herzog die Verlobung zwischen Jane Grey und seinem Sohn verkündete, hat es Euch gedämmert, wie weit er bereit war zu gehen, um seinen Griff um den Thron zu verstärken. Aber da war es zu spät, das noch zu hintertreiben. Also habt Ihr Elizabeth ins Spiel gebracht. Wenn alles nach Eurem Plan ginge, würde sie Euch dabei helfen, Euch Eures Gegners zu entledigen.«
Cecils Miene gab nichts preis.
Unwillkürlich schwoll meine Stimme an. Die nächsten Worte schleuderte ich ihm entgegen, als könnte ich ihn damit demütigen, verletzen, verstümmeln. »Northumberland stellte keine Bedrohung dar; Ihr wusstet, dass sie ihn nie erhören würde. Aber das mit Robert Dudley war eine andere Sache. Nur er hatte Ansprüche auf sie, die noch wichtiger waren als Eure eigenen. Nur er hätte Euren Einfluss auf sie beschneiden können. Und das war schlimmer als alles andere; das konntet Ihr einfach nicht ertragen.«
»Vorsicht, mein Freund«, mahnte er sanft. »Ihr könntet zu weit gehen.«
Endlich hatte ich einen Nerv getroffen. Ich sollte mich in der Tat hüten, denn wenn etwas noch gefährlicher war als seine Freundschaft, dann war das mit Sicherheit seine Feindschaft. Doch in diesem Moment kümmerte mich das nicht mehr.
»Nicht so weit, wie Ihr bereits gegangen seid. Sobald der König gestorben war, war Euch klar, dass der Herzog Euch beseitigen würde, weil Ihr zu viel wusstet. Seine Majestät hatte Euch gesagt, dass er Elizabeth als seine Erbin einsetzen wollte. Jane auf den Thron zu bringen hätte sich als verhängnisvoller Fehler erweisen können, aber es war nicht auszuschließen, dass der Herzog sich behaupten würde, dass Mary entkam oder die Verlockungen der Macht zu gewaltig waren und Elizabeth Robert am Ende doch noch erlag. Und wenn einer dieser Fälle eingetreten wäre, hättet Ihr auf der ganzen Linie verloren.«
Ich wartete. Seine blassen Augen durchbohrten mich schier.
»Ihr wart bereit, sie fallenzulassen, Euer Mäntelchen in den Wind zu hängen und vorzugeben, Ihr hättet den letztlichen Sieger schon immer unterstützt – einschließlich Mary, obwohl Ihr sie im Grunde Eures Herzens noch mehr verabscheut und fürchtet als den Herzog.«
Jetzt kam Bewegung in ihn. Er rieb mit den Fingern über die Armlehnen. »Ihr beleidigt mich. Ihr wagt es, mir zu unterstellen, ich würde meine Prinzessin betrügen?«
»Allerdings. Aber kein Mensch wird das je erfahren, richtig? Komme, was wolle, Ihr habt Eure Haut gerettet.«
Er erhob sich. Auch wenn er kein großer Mann war, schien er das Zimmer auszufüllen. »Ihr solltet Schauspieler werden. Da könntet Ihr Euren Hang zum Dramatischen vortrefflich zur Geltung bringen. Dennoch muss ich Euch warnen: Bevor Ihr in Betracht zieht, Ihre Hoheit mit dieser grotesken Geschichte zu unterhalten, bedenkt bitte, dass sie mehr fordern wird als unbegründete Beschuldigungen.«
Jäh spannten sich bei mir sämtliche Muskeln an. Ich hatte also recht, und diese Erkenntnis traf mich wie ein Fausthieb. Nie hatte ich erwartet, dass meine Entdeckung mich derart verwirren, derart schockieren könnte. Ein Teil meiner selbst hatte sich an die verzweifelte Hoffnung geklammert, dass nichts von alldem zutraf.
»Sie ist nicht dumm«, hielt ich ihm entgegen. »Mir ist vollkommen klar – und sie wird das ebenso begreifen –, dass Ihr sie und ihre Schwester in einem Morast von Lügen habt wandeln lassen, ohne sie in irgendeiner Weise auf das vorzubereiten, was über sie hereinbrechen könnte.«
Ein eigenartiges Licht flackerte in seinen Augen. Die Bereitschaft zur Gewalt, die ich kurz zu sehen bekommen hatte, war verschwunden und durch eine beunruhigende Leichtigkeit ersetzt worden. Cecil hob die Hände und klatschte, ein rhythmisches Geräusch, das von den eichenvertäfelten Wänden widerhallte. »Vortrefflich! Ihr habt meine höchsten Erwartungen übertroffen. Ihr seid wirklich all das, was ich von Euch erhofft hatte.«
Ich starrte ihn an. »Was meint Ihr damit?«
Seine Augen verrieten jetzt
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