Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)
schonungslose Härte. »Dazu komme ich gleich. Lasst mich Euch zuerst sagen, dass Ihr die seltene Gabe habt, Intrigen zu durchschauen. Denn Ihr habt recht: Ich wünschte mir tatsächlich Marys Tod und Elizabeth auf dem Thron. Sie ist unsere letzte Hoffnung, das einzige von Henrys Kindern, das es wert ist, seine Krone zu erben. Ich mag mein Ziel nicht erreicht haben, aber die momentanen Ereignisse bewirken nur eine Verzögerung des Unvermeidbaren. Und wenn ihr Tag kommt, wird nichts – nichts – sich der Erfüllung ihres Schicksals in den Weg stellen können.«
»Nicht einmal ihr Glück?« Ein dicker Kloß bildete sich in meiner Kehle. »Nicht einmal die Liebe?«
»Vor allem nicht die Liebe.« Sein Ton war beiläufig, als spräche er von einer Farbe, die Elizabeth nie tragen dürfe. »Insbesondere das wäre verhängnisvoll für sie. Sie mag mit dem falschen Geschlecht geboren worden sein, aber in allem anderen ist sie der Prinz, nach dem ihr Vater sich sehnte. Nur sie hat seine Kraft, seinen Mut, seinen Drang, jedes Hindernis zu überwinden. Sie darf nicht der Schwäche in ihrem Blut nachgeben – eine Schwäche, die sie von ihrer Mutter geerbt hat, die ihren Launen stets nachgab. Ich werde nicht zulassen, dass sie ihre Zukunft Dudley opfert, der von seinem Ehrgeiz zerfressen ist.«
»Aber sie liebt ihn!«, rief ich. »Seit ihrer Kindheit liebt sie ihn! Ihr wisst das, und mit aller Kraft geht Ihr daran, das zu zerstören. Wer seid Ihr, dass Ihr Ihrer Hoheit Schicksal bestimmen wollt? Wer seid Ihr, dass Ihr bestimmt, für wen oder was ihr Herz schlagen darf?«
»Ihr Freund«, lautete seine Antwort. »Der Einzige, der den Mut hat, sie vor sich selbst zu retten. Robert Dudley war ihr Niedergang. Jetzt wird sie vielleicht nie wieder in Versuchung geführt. Selbst wenn er Marys Zorn überlebt, was höchst unwahrscheinlich ist, hat er Elizabeth für immer verloren. Sie wird ihm nie wieder blind vertrauen. Das ist eine Belohnung, die ihr Leiden meiner Einschätzung nach mehr als wiedergutmacht.«
»Ihr seid eine Bestie!«, keuchte ich. »Habt Ihr beim Ersinnen Eures grandiosen Plans, ihr die Krone aufs Haupt zu setzen, je innegehalten und einen Gedanken daran erübrigt, dass Ihr ihren Geist brechen könntet? Oder dass Jane Grey, die nie an dieser Intrige beteiligt sein wollte, deswegen ihr Leben verlieren könnte?«
Cecils starrer Blick nagelte mich fest. »Elizabeth ist robuster, als Ihr glaubt. Und was Jane Grey betrifft, so war es nicht meine Idee, sie zur Königin zu machen. Ich wollte lediglich davon profitieren.«
Am liebsten hätte ich ihn auf der Stelle stehen lassen – mitsamt seinen Dokumenten und Machenschaften. Nichts von dem, was er mir noch sagen konnte, würde mich mit etwas anderem erfüllen als mit noch mehr Abscheu und Verzweiflung.
Und doch blieb ich, wo ich war, zu keiner Bewegung fähig.
Sein Lächeln war scharf wie gesplitterter Stahl. »Habt Ihr dazu nichts zu sagen? Wir haben den Kernpunkt erreicht, den Grund Eures Besuchs. Sprecht weiter. Fragt mich. Fragt, was ich noch alles vor Euch verborgen habe. Fragt mich nach der Kräuterkundigen und dem Grund, warum Frances von Suffolk zugunsten ihrer Tochter auf ihren Anspruch auf den Thron verzichten musste.«
Er stieß ein leises Seufzen aus. »Fragt mich, Brendan Prescott, wer Ihr seid.«
28
»Ihr wisst es«, flüsterte ich. »Ihr wusstet es von Anfang an.«
»Nicht von Anfang an«, widersprach Cecil in tadelndem Ton. »Ich habe lediglich vor Jahren ein Gerücht gehört. Damals war ich jünger als Ihr heute. Eine von zahllosen Skandalgeschichten war das, die man am Hof mit einem Ohr aufschnappt. Ich hätte auch nicht weiter drauf geachtet, wäre es nicht um die geliebte Schwester von Henry dem Achten gegangen, die viele als die französische Königin kannten – die eigensinnige Prinzessin, die für einen gehörigen internationalen Aufruhr sorgte, als sie Charles Suffolk heiratete, doch deren Tod im Alter von siebenunddreißig Jahren kaum noch Wellen schlug.«
»Das war in einem Juni«, brachte ich hervor, plötzlich von Eiseskälte befallen.
»Ja, im Juni 1533, um es genau zu sagen. König Henry hatte Anne Boleyn im sechsten Monat ihrer Schwangerschaft gekrönt, was beweisen sollte, dass Gott ihrer Verbindung und dem Chaos, in das sie England gestürzt hatten, zustimmte. Noch ahnten sie nicht, dass das Kind, auf dessen Ankunft sie warteten, der Beginn von Annes Sturz sein würde.«
Cecil schritt zum Fenster und starrte hinaus in den
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