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Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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gestohlen und in meiner Satteltasche mitgenommen hatte, hatte meiner Mutter gehört. Sie hatte es einer geschätzten Kammerfrau geschenkt – einer Lady, die sie in ihrer kurzen Zeit als französische Königin begleitet hatte, einer Lady, der sie vertraut, die sie ihre Freundin genannt hatte.
    Lady Dudley. Sie hatte das Andenken an meine Mutter verraten, um ihre eigenen schrecklichen Absichten zu verwirklichen.
    Ich packte den nächstbesten Stuhl und schleuderte ihn durch den Raum. Am liebsten hätte ich das Dach zum Einsturz gebracht, die Mauern in Schutt und Asche gelegt, mir die Haut in Fetzen heruntergerissen. Die Fäuste schwingend, wirbelte ich wieder zu Cecil herum und starrte ihn böse an.
    Er zuckte mit keinem Muskel. »Schlagt mich, wenn Ihr müsst, aber es wird Euch nicht das zurückbringen, was Euch genommen wurde. Ich mag vieler Dinge schuldig sein, aber das habe ich Euch nicht angetan. Ich habe Euch Euer Geburtsrecht nicht gestohlen. Das war Lady Dudley – sie hat es verborgen. Sie hat dafür Eure Mistress Alice benutzt und ermordet.«
    Ich kannte mich selbst nicht mehr. Unter meinen Füßen öffnete sich ein Abgrund voller Schreckensbilder, die ich nicht sehen wollte. Sie zeigten Lady Dudley, aber ich konnte das einfach nicht glauben, nicht diese grauenhafte Tat. Und meine arme Alice … Wie hatte sie mich all die Jahre in Unwissenheit leben lassen können? Warum hatte sie nicht begriffen, dass am Ende das, wovon ich nichts ahnte, genau das sein würde, was man gegen mich verwenden würde?
    »Alice hat mich versorgt«, hörte ich mich flüstern, als müsste ich mich selbst davon überzeugen. »Sie hat mir Sicherheit gegeben … Und sie haben sie verstümmelt, wie ein Tier angekettet, nur um sie am Ende abzuschlachten.«
    »Ja«, sagte Cecil leise. »Das haben sie getan. Und sie hat es ertragen – aus Liebe zu Euch.«
    Ich blickte ihn unverwandt an. »War es das? Liebe?«
    »Zweifelt nie daran. Mistress Alice hat Euch ihr Leben geschenkt. Sie hat Euch von Eurer sterbenden Mutter weggeschafft, von der Schwester, die Euren Tod wollte, und hat Euch an den einzigen Ort gebracht, von dem sie glaubte, dass Ihr dort in Sicherheit wärt. Sie konnte nicht ahnen, was später geschehen würde; niemand konnte das vor all den Jahren voraussehen. Aber sie muss Lady Dudley so weit misstraut haben, dass sie Vorsichtsmaßnahmen zu Eurem Schutz ergriff. Das beweist allein schon Euer Name.«
    Abwehrend streckte ich eine Hand aus. »Aufhören! Bitte. Ich … ich halte das nicht mehr aus.«
    »Ihr müsst.« Er löste sich von der Wand. »Ihr müsst akzeptieren, dass es Verrat und Lügen gegeben hat, und Ihr müsst das überwinden. Wenn nicht, ist das Euer Untergang.« Er hielt inne. »Sie hat Euch Euren Namen nicht wegen ihrer Verehrung für den heiligen Brendan gegeben, sondern weil das die lateinische Form des irischen Namens Bréanainn ist, der von dem Wort für ›Prinz‹ im alten Walisisch abgeleitet ist. Mistress Alice hat Euch Euer Erbe gleich zu Anfang zum Geschenk gemacht. Es hat Euch Euer Leben lang begleitet.«
    »Aber warum?«, rief ich verzweifelt. »Wenn Mistress Alice wusste, wer ich bin, warum hat Lady Dudley sie nicht in dem Moment getötet, als sie mich zu ihr brachte? Warum hat sie so lange gewartet?«
    Einen langen Moment schwieg Cecil. Schließlich murmelte er: »Das kann ich nicht sagen. Das Einzige, was ich mir vorstellen könnte, ist, dass sie von Alice abhängig war. Als Angehörigen der unteren Klassen hätte Euch jeder Bedienstete aufziehen können, und das war schließlich die Illusion, die Lady Dudley aufrechterhalten musste: dass Ihr zu niemandem gehört. Aber Diener klatschen nun einmal, und da hättet Ihr schnell ins Gerede kommen können. Ganz gewiss wusste Lady Dudley, dass man Euch vor Frances von Suffolk verbergen musste und sie für Eure Betreuung eine vertrauenswürdige Person benötigte. Für beides war Alice bestens geeignet. Also ging Lady Dudley das Risiko ein, dass Alice Euch eines Tages die Wahrheit sagen würde. Damals bestand ja noch kein dringender Anlass zu handeln. Ihr wart noch ein Baby; Ihr konntet jederzeit sterben wie so viele Kinder. Niemand wusste, wie es in der Thronfolge weitergehen würde, aber ein Geheimnis wie das Eure konnte sich noch als unschätzbar wertvoll erweisen. Absolutes Schweigen war vonnöten – Schweigen und geduldiges Warten.«
    Er beobachtete mich. Das Herz dröhnte mir bis in die Ohren. Es gab noch mehr; ich spürte, wie es sich unmittelbar

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