Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
Vom Netzwerk:
sagen.«
    Er lachte. »Du bist mir vielleicht ein Leisetreter! Ich hatte ganz vergessen, wie geschickt du dich immer im Hintergrund gehalten hast, nie etwas gehört oder gesehen hast, was dich nichts anging. Jetzt verstehe ich, wieso Mutter dich hier haben wollte. Du bist wirklich ein Niemand.«
    Sein dröhnendes Lachen verstummte so abrupt, wie es ausgebrochen war. »Ja, ja«, murmelte er vor sich hin. »Junker Niemand. Perfekt.«
    Ich rührte mich nicht. Der bösartige, lauernde Ausdruck, der über sein Gesicht kroch, war mir nicht geheuer. Er wiegte sich auf den Absätzen. »Also, Junker Niemand, was würdest du sagen, wenn ich dich heute Abend mit einem Auftrag betraute, der dir ein Vermögen einbringen könnte?«
    Die dicke Luft im Raum legte sich mir wie eine Schlinge um den Hals.
    »Na?« Mit einem Grinsen ließ Robert makellose weiße Zähne aufblitzen. »Hast du nichts dazu zu sagen? Komisch – ein flinkes Wiesel wie du. Ich biete dir die Gelegenheit deines Lebens, die Chance, dir einen Ausweg aus der Knechtschaft zu verdienen und dein eigener Herr zu werden. Das ist doch dein Traum, oder? Du willst doch nicht ewig ein Niemand bleiben! Du doch nicht, du gerissenes kleines Findelkind! Stimmt’s? Lesen und schreiben kannst du ja schon, nachdem dir Shelton diesen alten Mönch zum Lehrer gegeben hat. Bestimmt hat er dir sogar Latein beigebracht, neben so allerlei mönchischen Schweinereien. Na, habe ich recht?«
    Ich hob die Augen und nickte.
    Sein Lächeln bekam einen grausamen Zug. »Dachte ich’s mir doch. Ich wusste schon immer, dass du nicht so dumm bist, wie du dich stellst.« Seine Stimme wurde leiser, nahm einen Unheil verkündenden, vertraulichen Klang an. »Und ich weiß, dass unsere stolze Bess heute Abend hier sein wird, obwohl mein Vater vorgibt, nichts davon zu wissen.«
    Unversehens begann mir das Herz heftig zu klopfen. Es stimmte also. Elizabeth Tudor war hier, in London. Ich hatte ihre Ankunft miterlebt.
    Roberts Miene verdüsterte sich. Seine Stimme bekam eine zornige Färbung, als wäre ich tatsächlich zu einem Nichts verblasst, einem unsichtbaren Wesen, vor dem er seine Worte nicht abwägen musste. »Mein Vater hat mir versprochen, dass ich nicht unberücksichtigt bleibe, wenn die Zeit reif ist. Er hat gesagt, niemand sei der höchsten Ehren würdiger als ich. Aber jetzt scheint er mir Guilford vorzuziehen, und ich soll stattdessen die Dreckarbeit für ihn verrichten. Bei Gott, ich habe alles getan, was er verlangt hat. Sogar dieses fade Schaf Amy Robsart habe ich geheiratet, weil er das für das Beste hielt. Was kann er denn noch von mir fordern? Wann werde ich endlich bekommen, was ich verdiene?«
    Nie hatte ich einen der Dudley-Söhne etwas anderes als vollkommene Übereinstimmung mit den Wünschen ihres Vaters ausdrücken hören. So geziemte es sich für den Adel: Väter setzten ihre Söhne auf einflussreiche Posten, damit sie der Familie von Nutzen sein konnten. Dudleys Söhne besaßen keinen anderen Willen als den seinen; dafür würden sie dereinst seine Reichtümer ernten. Aus meiner Sicht hatte Robert keinen Grund zur Klage. Er hatte in seinem Leben niemals Hunger oder Mangel gelitten, und so würde es vermutlich auch bleiben. Ich hatte keinen Grund, ihn zu bemitleiden, doch ich sah, dass Robert Dudley wie so viele Söhne, die sich hilflos fühlen, gegen die väterliche Kandare aufzubegehren begann.
    »Genug!« Er schlug sich mit der Faust in die Handfläche. »Es wird Zeit, dass ich zeige, was in mir steckt. Und du, du Wurm, wirst mir dabei helfen.« Er beugte sich zu mir vor. »Oder willst du lieber für den Rest deines armseligen Lebens die Ställe ausmisten?«
    Ich zögerte. Ich wusste, ich hätte die Ställe vorziehen sollen, wo das Leben wenigstens vorhersehbar war, doch ich hielt Roberts Blick stand und sagte: »Vielleicht könntet Ihr mir erklären, was Ihr von mir erwartet, Mylord.«
    Er wirkte verdutzt. Nervös blickte er über die Schulter und biss sich auf die Unterlippe, als wären ihm plötzlich Zweifel gekommen. Dann drohte er: »Wenn du mich in irgendeiner Weise betrügst, das schwöre ich dir, wird es in ganz England keinen Ort geben, wo du dich verstecken kannst. Verstehst du mich? Ich werde dich finden, Prescott. Und ich werde dich mit meinen bloßen Händen umbringen.«
    Ich reagierte nicht. Dass er mich einschüchtern würde, war ja zu erwarten gewesen. Ich sollte ihn genug fürchten, um ihn nicht zu hintergehen. Das machte mich freilich nur noch

Weitere Kostenlose Bücher