Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)
hab dir nichts vorgemacht. Und ich bin nicht Walsinghams Lakai. Ja, es stimmt, dass er mir befohlen hat, dich zu dem Hohlweg zu lotsen. Er wusste, dass du im Heu geschlafen hattest, keine Ahnung, woher. Aber ich arbeite nicht für ihn und habe auch kein Geld von ihm bekommen. Er hat mir einfach nur gedroht: Entweder ich tue, was er von mir verlangt, oder … Und als diese Männer dich verschleppten, dachte ich, jetzt geht es dir an den Kragen. Darum bin ich dir gefolgt – für alle Fälle.«
»Für den Fall, dass du meine Leiche aus dem Fluss fischen und meine Börse stehlen könntest?«
Er funkelte mich wütend an. »Für den Fall, dass du mich brauchst! Ich … ich mag dich.«
In seinem Bekenntnis klang so etwas wie unbeabsichtigte Ehrlichkeit durch. An seiner Stelle hätte ich mich genauso verhalten. Ich wusste, wie es sich anfühlte, Angst zu haben und alles zu verlieren. Und Walsingham war nicht einer, der sich mit einem Nein abspeisen ließ, schon gar nicht von einem Dreikäsehoch, den er ebenso gut mit Tritten hätte traktieren können.
»Also gut, nehmen wir mal an, ich glaube dir.« Ich seufzte. »Aber anstellen kann ich dich trotzdem nicht. Ich besitze keine Reichtümer, von denen ich zehren könnte. Und wer weiß, was passiert, wenn dir das nächste Mal jemand ein paar Münzen in die Hand drückt?«
»Von mir aus arbeite ich auch umsonst, um mich zu bewähren. Ich fürchte mich vor nichts. Ich gehe überallhin, wo du mich hinschickst, finde alles heraus, was du wissen willst. Du musst es mir nur sagen.«
Ich milderte meinen Tonfall. »Es tut mir wirklich leid, aber die Antwort ist nein. Dieser Auftrag, den man mir anvertraut hat … das könnte sehr gefährlich werden. Diesem Risiko will ich dich nicht aussetzen.«
»Die Gefahr begleitet mich schon mein Leben lang. Ich kann auf mich selbst aufpassen.«
»Das weiß ich. Aber ich kann es nicht zulassen.«
»Wieso denn nicht? Das sieht doch jeder, dass du jemanden brauchst, der dir hilft. Du kannst unmöglich hoffen, die Prinzessin zu retten, wenn nicht …« Peregrine schlug sich die Hand auf den Mund und sprang zurück in Cinnabars Box. Zu seinem Glück hatte mein Pferd ein sanftes Gemüt und schlug nur aus, wenn es provoziert wurde.
»Woher weißt du das?«, fuhr ich ihn an. »Und wage es nicht, mich wieder zu belügen, sonst wirst du es bereuen, mich kennengelernt zu haben.«
»Ich habe es zufällig aufgeschnappt. In Cecils Haus stand ein Fenster offen.«
»Du hast alles mit angehört?«
»Ja. Unser Verfolger hätte mich fast gesehen. Er schlich an der Hecke vorbei, in der ich mich versteckt hielt. Ich hätte den Arm ausstrecken und ihn am Umhang packen können.«
Ich erstarrte. »Er hat ebenfalls alles mit angehört?«
»Ich weiß nicht. Sicher nicht alles. Dafür war er nicht lange genug dort. Als Cecils Frau und Sohn in den Garten kamen, hat er sich aus dem Staub gemacht.«
»Cecils Frau und Sohn? Du wusstest, wer sie waren? Du bist wirklich eine kleine Schlange, was?«
Er lachte nervös. »Ja! Bin ich. Siehst du? Die kleine Schlange kann dir von Nutzen sein.«
»Nicht so schnell. Was weißt du sonst noch? Sag’s mir lieber gleich. Ich hasse Überraschungen.«
»Nichts. Ich schwöre es dir bei der Seele meiner Mutter, möge sie in Frieden ruhen, wer auch immer sie war.«
Wer auch immer sie war …
Ich zögerte. Ich hätte ihn nach Whitehall zurückschicken sollen, zurück in sein anonymes Halunkenleben, das immer noch harmloser war als alles, was ihm hier blühen mochte.
Doch ich wusste, dass ich das nicht tun würde. Ich sah mich selbst in ihm, das Kind, das ich einst gewesen war. Er hatte eine Chance verdient. Ich hoffte nur, keiner von uns würde Grund haben, es zu bereuen.
»Ich erwarte von dir, dass du deinen Unterhalt auch verdienst«, sagte ich. »Und dass du mir in allem gehorchst.«
Er deutete eine unbeholfene Verbeugung an. »Sehr wohl, Herr. Ich werde alles tun, was Ihr von mir verlangt.«
Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. »Und lass den Unsinn mit dem Herrn. Mein Name genügt.«
Peregrine strahlte so glücklich, dass es mir das Herz erwärmte. Es war sicher eine ungewöhnliche Art, einen Freund zu gewinnen, aber genau das hatte ich eben getan.
13
Wie sich weiter erwies, war mein Freund außerordentlich gut mit Greenwich vertraut. Schließlich war er schon mehrmals dort gewesen, jeweils mit verschiedenen Aufgaben, unter anderem als Küchenjunge. Da er auch auf Frachtbooten gearbeitet hatte, die Vieh
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