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Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Blütenblätter.
    Der Fleck war schon seit meiner Geburt da. Obwohl sie nicht ungewöhnlich waren, wurden solche Schönheitsfehler von unwissenden oder abergläubischen Menschen oft als »Satansbiss« oder »Luzifers Fingerabdruck« bezeichnet. Ich hatte früh gelernt, den Makel vor neugierigen Augen zu verbergen, besonders vor denen der Dudley-Jungen, die mich dann nur noch mehr gequält hätten. Nie hatte einer von ihnen mich nackt gesehen.
    Mistress Alice hatte gesagt, das Mal sei eine Rose, die vom Kuss eines Engels herrührte, als ich noch im Mutterschoß ruhte. Eine fantasievolle Geschichte, die ich ihr fast geglaubt hätte. Doch als ich heranreifte, war es die Liebkosung einer echten Frau wie die der Magd, die mich in die Lust einführte, womit sie dem Stigma das Beschämende nahm und mich lehrte, dass nicht jeder so empfindlich darauf reagierte wie ich.
    La marque de la rose …
    Erschauernd zog ich mir die Hose hoch und griff nach meiner Lederweste. Das Wams rollte ich zusammen und stopfte es in die Satteltasche. Noch hatte ich Cecil nichts von meinem Mal gesagt, aber ich hatte es vor. Sobald ich meinen Auftrag erfüllt hatte, würde ich ihn bitten, mir zu helfen, die Wahrheit über meine Geburt herauszufinden, koste es, was es wolle. Bis dahin war es schon ein ermutigender Anfang, Robert Dudleys neuer Freund zu sein. Ein Freund war jemand, dem man Vertrauen schenkte, auf den man sich verließ, dem man alles erzählte – jemand, an den man sich wandte, wenn man Beistand brauchte. Und wohin auch immer Robert ging, dorthin würde ihm sein neuer Freund folgen wie ein Schatten.
    Und gewiss würde der Schatten, der mir folgte, nie sehr weit entfernt sein.

GREENWICH
    12
    Der Greenwich Palace offenbarte sich als Ansammlung von Türmchen und spitzen blauen Schieferdächern, eingerahmt vom südöstlichen Bogen der Themse. Von der Anhöhe aus, wo wir hielten, um unsere Pferde verschnaufen zu lassen, bot dieser Palast – ein abgeschiedenes Anwesen in waldiger Gegend, weit genug entfernt vom Durcheinander Londons – einen viel lieblicheren Anblick als der gigantische Steinhaufen von Whitehall. Man konnte sich kaum vorstellen, dass hier irgendeine Bedrohung lauern sollte. Und doch glaubte Cecil, der Herzog habe den König hier gefangen gesetzt und beabsichtige, von hier aus gegen Elizabeth vorzugehen.
    »Sie ist in Greenwich geboren«, unterbrach Robert meine Gedanken. »Am siebten September 1533.« Er lachte. »Was für ein Theater das war! König Henry marschierte schon seit Monaten durch die Gegend, drosch auf zahllose Köpfe ein, ließ nicht wenige davon abschlagen und posaunte überall herum, dass seine geliebte Königin ihm einen Sohn schenken würde. Doch als Anne Boleyn niederkam, brachte sie nichts weiter zur Welt als eine, wie Henry es ausdrückte, ›wertlose Tochter‹.«
    Ich warf ihm einen Seitenblick zu. »Eine wunderschöne Geburtsstätte, Mylord. Sie muss diesen Palast sehr lieben.«
    »O ja. Schon als Kleinkind hatte sie hier auf Königin Annes ausdrücklichen Wunsch ihre eigenen Gemächer. Anne wollte ihre Tochter in ihrer Nähe behalten, ganz gleich, was Henry davon hielt.« Robert richtete sich im Sattel auf. »Ob sie wohl schon eingetroffen ist? Es würde ihr ähnlich sehen, uns warten zu lassen.«
    Das konnte ich nur hoffen. Je länger die Prinzessin eine Begegnung hinauszögerte, desto mehr Zeit hatte ich, die Lage zu erkunden. Cecil hatte gesagt, es sei anzunehmen, dass Edward im Palast selbst untergebracht war, und zwar in den sogenannten Geheimgemächern, einer Reihe von bewachten, durch einen langen Gang verbundenen Zimmern, die dem Monarchen Ruhe und Ungestörtheit bieten sollten. Je mehr ich über Edwards tatsächlichen Aufenthaltsort in Erfahrung brachte, desto eher konnte Cecil sich über die Pläne des Herzogs klar werden. Außerdem musste ich möglichst bald von Peregrine erfahren, wer mir folgte und warum.
    »Dann mal los!«, rief Robert. »Der Letzte am Ziel muss die Pferde füttern!«
    Hell auflachend gab er seinem Apfelschimmel die Sporen. Auch Cinnabar reagierte auf den leisesten Schenkeldruck, froh über die Gelegenheit, seine Kraft zu demonstrieren. An tägliche Ausritte in der Umgebung der Dudley-Burg gewöhnt, konnte mein Prachtross sich nur schwer mit den langen Stunden im Stall abfinden. Den Wind im Gesicht, von Cinnabars starken Flanken getragen, überließ ich mich ganz dem Moment, schwelgte in der Erinnerung an die Tage, da ich als Junge ohne Sattel über die Felder

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