Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)
bohrten sich in seine Augen. »Mary hat einen ausführlichen Bericht über den Gesundheitszustand ihres Bruders, des Königs, verlangt. Bleibt der aus, droht sie, die Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen. Ich brauche dir wohl nicht zu erklären, dass das nur eines heißen kann: Sie erhält Informationen von jemandem hier am Hof.«
»Zweifellos. Sie ist ja nicht dumm. Es gibt hier immer noch genügend Papisten, die mit ihr sympathisieren.«
»Allerdings«, erwiderte Lady Dudley. »Und das Letzte, was wir jetzt gebrauchen können, ist, dass einer dieser Papisten ihr zur Flucht außer Landes verhilft, damit sie sich ihrem Cousin, dem Kaiser, an die Brust werfen und sich ihm auf Gedeih und Verderb ausliefern kann. Mary muss verhaftet und zum Schweigen gebracht werden, und du bist der Einzige, den wir damit beauftragen können. Keiner deiner Brüder hat die dazu erforderlichen Fähigkeiten. Du dagegen bist schon in Schlachten geritten, kannst Männer befehligen und deinen Willen durchsetzen. Die Soldaten werden deine Anweisungen nicht infrage stellen und Mary anstandslos festnehmen.«
Ich presste die Zähne aufeinander. Sie sprachen über Prinzessin Mary, die ältere Schwester des Königs. Mir fiel wieder ein, was Cecil über sie gesagt hatte, über ihren eisernen Katholizismus und warum sie eine Bedrohung für den Herzog darstellte. Ich beugte mich näher zum Vorhang und verbarg Elizabeths Schreiben unter meiner Jacke. Mir war durchaus bewusst, dass ich in diesem Augenblick den Initiationsritus zur Aufnahme am Hof, den Cecil erwähnt hatte, zum zweiten Mal absolvierte. Der Unterschied war nur: Wenn ich diesmal ertappt wurde, konnte ich die Hoffnung vergessen, lebendig davonzukommen.
»Das alles kann ich ja verstehen.« Als Robert sich verzweifelt mit einer Hand durch das wirre Haar fuhr, musste ich unwillkürlich an einen unsicheren Jüngling denken, der, gefangen zwischen dem eisernen Willen seiner Eltern und seinem eigenen Drang nach etwas ganz anderem, nicht mehr ein noch aus wusste. »Ich weiß, wie viel wir zu verlieren haben. Aber Vater und ich sind uns darin einig, dass Mary keine unmittelbare Gefahr darstellt. Sie hat keine Armee, keine Barone, die bereit wären, sie zu unterstützen, und kein Geld. Vielleicht hegt sie einen Verdacht, aber sie hat keine Möglichkeit, etwas dagegen zu unternehmen. Elizabeth dagegen ist hier in Greenwich. Mehr als alles andere ist sie jemand, der immer auf die Füße fällt. Ich weiß, dass sie die Vorteile unseres Vorschlags erkennen wird. Und haben wir erst einmal ihre Einwilligung, bleibt uns mehr als genug Zeit, um ihre lästige Schwester zu jagen.«
Ich verharrte regungslos in meinem Versteck und wagte kaum zu atmen, während ich auf Lady Dudleys Antwort wartete.
»Mein Sohn«, sagte sie mit einem leichten Flackern in der Stimme, als müsste sie ein Gefühl unterdrücken, das sie sonst womöglich überwältigt hätte, »dein Vater vertraut mir dieser Tage nichts an. Doch ich weiß, dass er ein gewaltiges Risiko eingegangen ist. Er lenkt dieses Königreich, seit Lord Protector Seymour das Schafott bestiegen hat, und beliebter hat ihn das wahrlich nicht gemacht. Nachdem er zuvor als die rechte Hand des Lord Protector gegolten hat, sieht man ihn jetzt als diejenige Hand, die seinem Herrn den Kopf abgeschlagen hat. Auch wenn ich dir zugestehe, dass dein Vorschlag wohlbegründet ist, müssen wir uns trotzdem immer noch gegen die Suffolks und den Kronrat durchsetzen. Fürs Erste stellen sie nur Fragen. Bald werden sie jedoch Antworten verlangen.«
»Sobald wir Elizabeth haben, haben wir auch Antworten. Das habe ich Vater zu sagen versucht, aber er wollte einfach nicht hören. Sie ist der Schlüssel zu allem. Mit ihr kommen wir an alles heran, was uns noch fehlt.«
»Du bist zu ungeduldig«, tadelte Lady Dudley ihn. »Ohne die Einwilligung des Kronrats kannst du deine Hoffnungen auf eine Annullierung deiner Ehe mit Amy Robsart begraben. Und solange du ihrer nicht ledig bist, gibt es keine Hoffnung auf mehr als eine bloße Freundschaft mit Elizabeth Tudor.«
Aus Roberts Gesicht wich alle Farbe. »Aber Vater hat es mir versprochen!«, brachte er in wütendem Flüsterton hervor. »Er hat mir versprochen, dass sich weder die Suffolks noch der Kronrat mir in den Weg stellen werden. Er hat gesagt, dass die Annullierung kein Problem sein wird und er ihnen zur Not die Klinge seines Schwertes an die Kehle pressen wird, bis sie unterschreiben.«
»Die Umstände ändern sich nun
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