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Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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hätte er sich einfach verlaufen. Keine Wunden, keine blauen Flecken, die nichts mit seinem Tod zu tun haben. Es darf keine Hinweise auf Gewalt geben.«
    »Sehr wohl, Eure Durchlaucht«, murmelte Stokes. Meine Wange war aufgeplatzt, und warmes Blut rann mir über das Gesicht. Wie durch einen Schleier sah ich, wie die Herzogin sich umdrehte und zur Tür stapfte.
    »Eure Durchlaucht!«, rief ich ihr nach. Sie blieb stehen. »Ich … ich würde gern den Grund für meinen Tod wissen.«
    Sie bedachte mich mit einem abschätzigen Blick. »Dein Überleben war nicht vorgesehen. Du bist eine Missgeburt.«
    Damit trottete sie, gefolgt von dem Henkersknecht, hinaus. Stokes trippelte ebenfalls zur Tür. Bevor er sie zuschlug, sagte er: »Halt lieber nicht die Luft an. Dann stirbst du schneller – zumindest habe ich das gehört.«
    Die Tür knallte zu. Mit einem Scheppern schnappte der Riegel ein.
    Allein in der Dunkelheit, begann ich zu schreien.

17
    Ich schrie, bis mir die Stimme versagte. Ich konnte einfach nicht glauben, dass ich so enden sollte, wollte die Mauern zu Staub brüllen, mich mit bloßen Händen ins Freie graben. Jetzt glaubte ich zu verstehen, wie es den für das Schlachten vorgesehenen Tieren ergehen musste, wenn sie auf ihren Metzger warteten.
    Ohne zu merken, was ich tat, hatte ich begonnen, auf und ab zu schreiten. Es war verblüffend, wie viel mir auf einmal klar wurde – verblüffend und erschreckend. Meine Ankunft am Hof musste von Lady Dudley bis in alle Einzelheiten geplant gewesen sein, damit sie die Herzogin zwingen konnte, auf ihren Rang in der Thronfolge zu verzichten. Und wenn das zutraf, wusste Lady Dudley etwas Bestimmtes über mich. Das wiederum war der Grund, warum sie mich in ihre Obhut genommen hatte. Die Frau, die mich verachtet und erniedrigt, zum Ausmisten in den Stall geschickt und meine Auspeitschung befohlen hatte, als ich ein Buch lesen wollte – diese Frau hütete das Geheimnis um meine Vergangenheit.
    Il porte la marque de la rose …
    Eine Welle der Verzweiflung schlug über mir zusammen. Doch ich kämpfte dagegen an, weigerte mich aufzugeben. Das alles konnte ja eine Illusion sein, sagte ich mir, irgendeine Manipulation.
    Während ich, von Schmerz und Zorn erfüllt, in meiner Zelle auf und ab lief und im Sinnlosen einen Sinn zu finden suchte, achtete ich nicht auf die feinen Veränderungen in der Luft um mich herum, auf das Gurgeln, das den Anfang vom Ende ankündigte. Doch auf einmal hörte ich Wasser über den Steinboden plätschern, spürte es kalt meine Füße umspülen.
    Jäh wirbelte ich herum, nur um zu sehen, wie sich von unten schwarze Fluten auf das Gitter zuwälzten.
    Wie angewurzelt stand ich da. Die Flut wurde mächtiger, schneller und trug einen Geruch nach Fäulnis und Meer heran. Mit unaufhaltsamer Gewalt strömte sie durch unterirdische Kanäle in die kleine Zelle. Binnen weniger Minuten war der Boden überschwemmt.
    Ich wich zur Tür zurück. Einen Riegel oder ein Schlüsselloch gab es nicht. Mehrere wütende Tritte bestätigten mir, dass ich gar nicht davon zu träumen brauchte, sie aufzubrechen. Angst schnürte mir die Brust zu. Das Flusswasser würde einfach weiter hereindrängen, bis es die Zelle bis zur Decke gefüllt hatte.
    Wenn ich keinen Ausweg fand, ertrank ich darin.
    Einen Moment lang verweigerte mein Körper jede Bewegung. Dann stürmte ich vorwärts und folgte nur noch meinem Instinkt. Ich erreichte den Rand des Gitters, wobei ich mich der Strömung entgegenstemmen musste, und beugte mich darüber. Dann kniete ich mich auf den Boden, packte die äußere Stange und zerrte unter Aufbietung meiner letzten Kraftreserven an dem Rost. Mochten meine Muskeln von der Anstrengung brennen, die Knie schmerzen und das Wasser mir mittlerweile bis zu den Hüften steigen, ich zog verzweifelt daran.
    Nichts. Ich verstärkte meinen Griff, spannte wieder sämtliche Kräfte an. Rostige Metallsplitter bohrten sich mir in die Hände.
    »Rühr dich«, flüsterte ich. »Rühr dich. Rühr dich! «
    Mit einem Knirschen löste sich das Gitter. Ich riss meine Arme nach oben, um meinen Kopf zu schützen, als ich nach hinten stürzte. Keuchend und schleimiges Wasser ausspuckend, rappelte ich mich auf. Das Gitter hatte sich nur nach außen gedreht. Darunter gähnte ein enger Schlund. Ich konnte mich unmöglich hindurchzwängen.
    Unaufhaltsam stieg das Wasser weiter an.
    Immer noch konnte ich nicht glauben, dass ich sterben würde.
    Szenen meiner kurzen Zeit am Hof zogen an mir

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