Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)
der entsprechenden Breite, schlurfte herein. Mühelos hob er mich hoch und klemmte meine Arme fest. Ich hatte nicht die Kraft, mich zu wehren, zumal ich nach dem Stockhieb gegen meine Genitalien vor Schmerzen noch regelrecht gelähmt war.
»Sollen wir mit Tritten gegen seine Rippen anfangen?«, fragte Stokes. »Das löst ihnen normalerweise die Zunge.«
»Nein.« Die Herzogin wandte den Blick nicht von mir. »Er hat zu viel zu verlieren, und Cecil hat ihm zweifellos viel für sein Schweigen gezahlt. Es ist gar nicht nötig, dass er etwas sagt. Schließlich habe ich Augen. Ich kann sehen. Manche Dinge können nicht gefälscht werden.« Sie deutete ruckartig auf mich. »Zieht ihn aus!«
Stokes reichte ihr die Fackel und riss mir das Hemd vom Leib. »Was für eine weiße Haut er hat«, flötete er.
»Aus dem Weg!« Sie stieß Stokes beiseite und richtete die Fackel auf mich. Ich versuchte, mich wegzudrehen, doch der Griff des Riesen ließ mir keinen Spielraum. Ihre Augen suchten mich ab. »Nichts«, knurrte sie. »Kein Muttermal. Er ist es nicht. Ich habe es gewusst! Lady Dudley hat mich reingelegt. Dieses Drecksstück hat mich gezwungen, auf meine Thronansprüche für nichts und wieder nichts zu verzichten! Bei Gott, dafür wird sie mir büßen. Wie kann sie es wagen, diesen Säufer von ihrem Sohn und meine scheinheilige Tochter über mich zu stellen?«
Mir gefror das Blut in den Adern.
»Vielleicht sollten wir gründlicher zu Werke gehen«, schlug Stokes vor. »Dreh ihn um«, wies er den Koloss an. Dieser leistete unverzüglich Folge. Dabei verrutschte zu meinem Entsetzen meine Hose über der Hüfte und glitt an mir hinunter.
Schweigen trat ein. Plötzlich entwich ihr ein Zischen. »Aufhören!« Erneut beleuchtete sie mich aus der Nähe. Ich erstickte einen Schrei, als die Flamme mir die Haut versengte.
»Wo hast du das her?«, fragte sie stockend, als traute sie den eigenen Augen nicht.
Ich zögerte. Wütend riss mir der Gehilfe die Arme noch höher. Sofort schoss mir ein rasender Schmerz durch Schultern und Brust.
»Ihre Durchlaucht hat dich etwas gefragt«, erinnerte mich Stokes. »An deiner Stelle würde ich antworten.«
»Ich … ich wurde damit geboren«, flüsterte ich.
»Damit geboren?« Sie beugte sich so nahe zu mir vor, dass ich durch ihren Puder hindurch die geplatzten Äderchen an ihrer Nase sehen konnte. »Du wurdest damit geboren , sagst du?«
Ich nickte hilflos.
Sie starrte mir in die Augen. »Das glaube ich nicht.«
Nun wagte auch Stokes einen Blick. »Eure Durchlaucht, es sieht tatsächlich wie …«
»Ja, ja, sicher. Aber das ist er nicht! Er kann es nicht sein.« Sie reichte Stokes die Fackel und schnappte sich wieder ihren Stock. »Wenn du deine hübsche weiße Haut retten willst«, sagte sie, die Finger um den silbernen Griff gekrallt, »dann sag mir lieber sofort die Wahrheit. Wer bist du, und wofür bezahlt dich Cecil?«
Ein Brechreiz stieg in mir hoch. Ich wusste beim besten Willen nicht, was ich ihr sagen sollte: die Wahrheit, soweit ich sie kannte? Oder sollte ich mich ahnungslos stellen? Womit hatte ich bessere Aussichten, lebend davonzukommen?
»Ich bin ein Findelkind«, ächzte ich. »Ich … bin auf der Burg der Dudleys aufgewachsen und jetzt hierhergebracht worden, damit ich Lord Robert diene. Das ist alles.«
In meinen eigenen Ohren hörte ich mich an wie ein Lügner. Meine Stimme klang so verzweifelt wie die eines Mannes, der auf frischer Tat ertappt worden ist und sich weinerlich zu rechtfertigen sucht. Und sie durchschaute das natürlich. Das war der Grund, warum ich hier war. Für wen auch immer sie mich hielt, er hatte ihr so große Angst eingejagt, dass sie mich hatte verfolgen und verschleppen lassen. Und wenn ich nicht bald einen Ausweg aus diesem Alptraum fand, würde sie mich auch noch umbringen lassen.
Doch irgendetwas hatte ihre Neugier geweckt. »Ein Findelkind?«, wiederholte sie. »Sag mir nur eines: Hat man dich wirklich in diesem Pfarrhaus in der Nähe von Dudley Castle ausgesetzt?«
Ohne die Augen von den ihren abzuwenden, nickte ich stumm. Ein Kloß in meiner Kehle erstickte jedes Wort.
»Weißt du, wer dich dort hingebracht hat? Weißt du, wer dich gefunden hat?«
Ich schluckte. Ein dumpfes Tosen stieg mir in den Kopf, füllte ihn ganz aus. Wie aus weiter Ferne hörte ich mich sagen: »Das weiß ich nicht … Mistress Alice, die Haushälterin und Kräuterkundige der Dudleys, sie … hat mich gefunden. Sie hat mich auf die Burg gebracht.«
Ich
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