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Die Tuer im Schott

Die Tuer im Schott

Titel: Die Tuer im Schott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickson Carr
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persönlich und individuell bleiben.
    Das, lassen Sie mich es noch einmal betonen, war keine vornehme Zurückhaltung gegenüber den Mächten des Bösen, sofern solche Mächte denn existieren. Solche hohen Ambitionen steckten nicht dahinter; oder, um es besser zu sagen, kein so großer Hokuspokus. Die Sache folgt keinem großen Plan. Die Person, die dahintersteckt, ist nicht sonderlich intelligent. Es war kein ernsthafter Kult, wie es sie seinerzeit nachweislich gegeben hat. Es war einfach ein müßiger, eitler Spaß an solchen Dingen, eine Art Hobby. Und hätten wir ein wenig mehr Glück gehabt, wäre kein großer Schaden dadurch entstanden – hätte diese Person nur die Finger von gefährlichen Giften gelassen, die Wahnvorstellungen wecken. Wenn Leute einfach zum Spaß ihren Unsinn treiben, wenn sie keine Gesetze verletzen, ja nicht einmal Anstandsregeln, dann geht es die Polizei nichts an. Doch wenn erst einmal eine Frau an Belladonna, das sie sich auf die Haut gerieben hat, stirbt (und genau das ist vor anderthalb Jahren in Tunbridge Wells geschehen, auch wenn wir es nie beweisen konnten), dann  ist  es, zum Teufel, eine Sache für die Polizei! Was denken Sie denn, warum Elliot überhaupt hergeschickt wurde? Was meinen Sie, warum hat er so viel über Victoria Daly wissen wollen? Hm?
    Dämmert es Ihnen allmählich, was jemand hier getan hat?
    Dieser Jemand suchte sich ein paar empfängliche Freunde aus, denen er sich anvertraute. Es waren nicht viele: zwei oder drei, vielleicht vier. Wahrscheinlich werden wir nie erfahren, wer diese Freunde waren. Unser Jemand hat ihnen Dinge erzählt, immer wieder von neuem. Sie bekamen Bücher geschenkt oder geliehen. Dann, wenn der Kopf von Freund oder Freundin genügend mit abenteuerlichen Geschichten gefüllt war, wenn er erregt genug war, dann war die Zeit reif. Dann erfuhren die Freunde, daß es hier in der Gegend einen geheimen Satanskult gebe und daß sie nun bereit seien für die Aufnahme.«
    Es gab einen lauten Schlag, als Dr.   Fell mit der Spitze seines Stocks auf den Boden schlug. Er war ungeduldig, und er war ärgerlich.
    »Natürlich hat es einen solchen Kult nie gegeben. Natürlich haben die Neophyten nie das Haus verlassen, sich nicht aus ihrem Zimmer gerührt, wenn die Nacht der Versammlung kam. Natürlich war all das das Werk einer Salbe, deren beide Hauptbestandteile Eisenhut und Tollkirsche waren.
    Und natürlich ging der Anstifter in der Nacht der ›Zusammenkunft‹ in der Regel nicht einmal in die Nähe von Freund oder Freundin, geschweige denn, daß er wirklich an einem Sabbat teilgenommen hätte. Das wäre zu gefährlich gewesen, wenn sich das Gift der Salbe als zu stark erwies. Der Spaß bestand darin, die Lehre zu verbreiten, den Bericht von (mythischen) Abenteuern mit anderen zu teilen und mit anzusehen, wie der Geist des Neulings unter dem Einfluß von Gift und vorgegaukelten Traumbildern vom Sabbat allmählich verfiel – kurz, die Verbindung aus einer recht einfältigen seelischen Grausamkeit und dem Vergnügen, all diese Dinge in der Sicherheit eines engen Kreises auszuleben.«
    Dr.   Fell hielt inne. Das Schweigen, das folgte, brach Kennet Murray mit nachdenklichen Worten.
    »Die Psyche ist dieselbe wie bei Leuten, die anonyme Briefe schreiben«, sagte er.
    »Das trifft es genau«, bestätigte Dr.   Fell und nickte. »Fast das gleiche Verhalten, nur zu anderen und noch schädlicheren Zwecken eingesetzt.«
    »Aber wenn Sie bei der anderen Frau – derjenigen in Tunbridge Wells, von der ich bisher nicht gehört hatte – nicht beweisen können, daß sie an dem Gift gestorben ist, was hilft Ihnen das alles dann? Hat die ›Person‹ wirklich etwas getan, was ungesetzlich war? Victoria Daly ist nicht an Gift gestorben.«
    »Das wäre Ansichtssache«, gab Inspektor Elliot zu bedenken. »Sie meinen offenbar, ein Gift wird erst zum Gift, wenn jemand es einnimmt. Ich könnte Ihnen das Gegenteil beweisen. Aber das tut jetzt nichts zur Sache. Dr. Fell wollte nur, daß Sie das Geheimnis kennen.«
    »Das Geheimnis?«
    »Das Geheimnis jener Person«, erklärte Dr.   Fell. »Um dieses Geheimnis zu wahren, mußte vorgestern abend am Teich jemand sterben.«
    Wieder trat ein Schweigen ein, diesmal finsterer, so als sei jeder in Gedanken einen Schritt zurückgewichen.
    Nathaniel Burrows lockerte sich den Kragen.
    »Das ist gewiß interessant«, sagte er. »Hochinteressant. Aber ich finde doch, daß man mich unter falschen Vorzeichen hergebracht hat. Ich bin

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