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Die Türen seines Gesichts

Die Türen seines Gesichts

Titel: Die Türen seines Gesichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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Wenn ihr euch erinnert, wie wir das Erlebte beschrieben haben, dann hat jeder von uns andere Worte ‚gehört’, mit denen wir aufgefordert wurden, wegzugehen. Wenn es eine Bedeutung ebensogut wie ein Psychotranslator übermitteln kann, dann frage ich mich, ob es auch Emotionen vermitteln kann … Du hast doch auch an einen Engel gedacht, nicht wahr, Whitey?“
    „Ja“, sagte ich.
    „Dann wäre das ja fast einstimmig, oder?“
    Dann wandten wir uns alle Vince zu, weil er überhaupt keinen christlichen Hintergrund hatte, da er auf Ceylon als Buddhist aufgezogen worden war.
    „Was für Gefühle hast du bezüglich dieses Geschöpfes?“ fragte ihn Doc.
    „Es war ein Deva“, sagte er, „das ist eine Art Engel, denke ich. Ich hatte den Eindruck, daß jeder Schritt, den ich diesen Berg hinaufging, mir genügend schlechtes Karma eintrug, um ein ganzes Leben damit anzufüllen. Nur daß ich schon seit meiner Kinderzeit nicht mehr daran glaubte. Ich will hinauf. Selbst wenn das Gefühl richtig war, will ich den Gipfel dieses Berges sehen.“
    „Ich auch“, sagte Doc.
    „Womit wir wieder alle einer Meinung wären“, sagte ich.
    „Nun, dann soll jeder seinen Schutzengel festhalten“, sagte Stan, „und wir gehen schlafen.“
    „Gute Idee.“
    „Wir sollten uns etwas weiter auseinander legen“, schlug Doc vor, „damit es nicht uns alle erwischt, wenn etwas herunterfällt.“
    Mit diesem freundlichen Gedanken schliefen wir ein, vom Himmel ungestört.
     
    Unser Weg schlängelte sich weiter nach rechts, bis wir hundertvierundvierzigtausend Fuß hinter uns gebracht hatten und die Südhänge erstiegen. Dann machte er kehrt, und als wir die hundertfünfzig erreicht hatten, zogen wir wieder westwärts.
    Dann, während einer verteufelt finsteren und schwierigen Kletterpartie über eine glatte, ausgewölbte Wand, die an einem Überhang endete, kam der Vogel wieder über uns.
    Wenn wir nicht alle angeseilt gewesen wären, dann wäre Stan jetzt gestorben. So wären wir benahe alle gestorben.
    Stan kletterte an der Spitze, als die Schwingen des Vogels plötzlich Flammen über den violettfarbenen Himmel zucken ließen. Der Vogel stürzte sich von dem Überhang, als hätte jemand ein Freudenfeuer über den Rand getrieben, schoß geradewegs auf ihn zu und verblaßte in einer Entfernung von etwa zwölf Fuß. Stan stürzte und hätte beinahe uns alle mitgerissen.
    Wir spannten unsere Muskeln und bremsten seinen Sturz.
    Er wurde ein wenig gebeutelt, blieb aber im großen und ganzen heil. Wir schafften es bis zu dem Überhang, gingen aber an diesem Tag nicht weiter.
    Felsbrocken stürzten auf uns herunter, aber wir fanden einen anderen Überhang und schlugen darunter unser Lager auf.
    An jenem Tag kehrte der Vogel nicht zurück. Dafür kamen die Schlangen.
    Große, schimmernde, scharlachrote Schlangen wanden sich um die Klippen, glitten über ausgezackte Felder aus Eis und grauem Stein. Funken zuckten über ihre ganze Länge. Sie wanden und streckten sich, spuckten Feuer nach uns. Es schien, daß sie uns unter dem schützenden Überhang heraus ins Freie treiben wollten, an einen Ort, wo die Felsen auf uns herniedergehen konnten.
    Doc ging auf die Schlange zu, die uns am nächsten war. Sie verschwand, als das Feld seines Projektors sie erreichte. Er studierte die Stelle, wo sie gelegen hatte und eilte dann zurück.
    „Der Kürbis hat immer noch Frost“, sagte er.
    „Hm?“ fragte ich verständnislos.
    „Kein bißchen Eis ist darunter geschmolzen.“
    „Und das bedeutet?“
    „Illusion“, sagte Vince und warf einen Stein auf eine andere Schlange. Der Stein ging durch das Ding hindurch.
    „Aber du hast doch gesehen, was aus meinem Pickel geworden ist“, sagte ich zu Doc, „als ich damit nach diesem Vogel schlug. Das Ding muß doch irgendeine Ladung gehabt haben.“
    „Vielleicht hat das, was auch immer sie ausgeschickt hat, diesen Teil bleiben lassen, weil es Energieverschwendung ist“, erwiderte er. „Schließlich machen die Dinger ja ohnehin keinen Eindruck auf uns.“
    Wir saßen im Kreise und beobachteten die Schlangen und die fallenden Felsbrocken, bis Stan ein Päckchen Karten herausholte und uns ein besseres Spiel vorschlug.
     
    Die Schlangen blieben die ganze Nacht und folgten uns den ganzen nächsten Tag. Es fielen immer noch regelmäßig Felsbrocken, aber dem Boß schienen sie knapp zu werden. Der Vogel tauchte auf, umkreiste uns und stieß viermal auf uns herunter. Aber diesmal ignorierten wir ihn, und

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