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Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman

Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman

Titel: Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonke Dragt
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– haben diese Begriffe denselben Ursprung?
    Eines glaube ich auf jeden Fall: dass Worte eine große Macht haben können; nicht nur in Sätzen, sondern auch einzeln.

III. Das Phänomen »Wohntürme«
    19. Februar 1964
    Ein alter Zeitungsartikel
    Ich habe den Zeitungsausschnitt mit eigenen Augen gesehen, schreibe jedoch den Inhalt jetzt aus dem Gedächtnis auf:
    Rätselhaftes Verschwinden
    (Hexerei im 20. Jahrhundert?)
    Zwei Wohnhochhäuser, die im neuen Wohngebiet an den Dünen standen, sind in einer einzigen Nacht spurlos verschwunden. An ihrem bisherigen Platz befindet sich nur noch eine Baugrube; sogar die Rammpflöcke sind weg. Obwohl gestern dort ein Sturm wütete, ist es unverständlich, wie so etwas geschehen konnte. Die Wohntürme (beide zwölf Etagen hoch) waren zum Glück noch nicht bewohnt; sie waren noch nicht ganz fertig gestellt …
    Der Artikel ging noch weiter, aber es stand nichts Wesentliches mehr darin. Man sprach von Erdstrahlen, fliegenden Untertassen und Para-und-ich-weiß-nicht-was-alles und von irgendeinem Tele-Ding.
    Es stand im Stadtanzeiger von Montag, dem 2. April 1956, und außerdem noch in einigen anderen Zeitungen. Noch am gleichen Tag sind die Leute scharenweise dorthin gepilgert, und sie haben mit eigenen Augen gesehen, dass die beiden Wohntürme (im Westen der Stadt, dicht am Strand) nicht mehr da waren. Am Sonntag davor war einigen Spaziergängern aufgefallen, dass die Türme fehlten; sie hatten die Polizei und auch die Zeitung darauf aufmerksam gemacht.
    Das war vor acht Jahren, aber ich habe noch nie etwas davon gehört – ebenso wenig die Leute, die ich danach fragte. Herr Alva jedoch, der mir den Artikel zu lesen gab, behauptet, dass es der Wahrheit entspricht.
    Allerdings passierte es am 1. April, und darum glaubten alle, dass es sich um einen Aprilscherz handele.
    »Aber das ist doch gar nicht möglich!«, sagte ich. »Wenn die Hochhäuser tatsächlich verschwunden waren, konnte es doch jeder sehen! Jedenfalls all die Leute, die persönlich dorthin gegangen sind und es sich angesehen haben …«
    »Selbst die glaubten es nicht«, sagte Herr Alva. »Sie haben sich ganz einfach nicht getraut – denn falls man es geglaubt hätte, wäre es ja eine recht gruselige Angelegenheit gewesen. Stell dir das doch nur mal vor! Also sagten sie einfach zueinander, dass an dieser Stelle niemals Wohntürme gestanden hätten. Zunächst machten sie sich das nur gegenseitig weis und später glaubten sie es wirklich. Selbstverständlich erschien auch die Polizei am Ort des Geschehens, aber die hatte noch nie einen solchen Fall untersucht und sagte deshalb ebenfalls, dass es sich um einen dummen Scherz handele. Später erschien dann noch eine Kommission, die das Verschwinden der Türme aufklären sollte. Doch die Mitglieder dieser Kommission wurden aus der Angelegenheit auch nicht schlau und ihr Bericht ist nie in der Zeitung erschienen. Schließlich war auch noch der Bauunternehmer da, bei dem man die Hochhäuser in Auftrag gegeben hatte. Er hat damals ziemlich viel Wirbel gemacht; er schrieb Briefe an die Zeitung, an das Ministerium und an den Bundestag und an alle möglichen anderen Stellen. Aber das hat dem armen Kerl nicht weitergeholfen. Alle behaupteten, dass dies nur Ausflüchte seien, weil er noch immer nicht mit dem Bau der Türme begonnen habe. Das Einzige, was später noch in der Zeitung erschien, war folgende Notiz: dass es eine Sünde und Schande sei, angesichts der akuten Wohnungsnot derartige Geschichten zu erfinden. Zum Schluss baute eine andere Firma neue Hochhäuser auf das gleiche Grundstück. Und eins von diesen beiden ist unseres hier, in dem wir jetzt wohnen.«
    Ob es wohl gefährlich ist, genau an dieser Stelle zu wohnen? Herr Alva sagt Nein – er habe keinerlei Bedenken. Aber das spielt jetzt auch keine Rolle; es geht vielmehr um die Wohntürme, die vor acht Jahren hier standen. Um die Hochhäuser, die verschwunden sind. Keiner denkt mehr an sie.
    Sie stehen in der Welt X.
    20. 2.
    Komische Geschichte, das mit den Wohntürmen (ich habe es gerade noch einmal durchgelesen).
    Es stimmt auch nicht mit dem überein, was Herr Alva mir früher einmal erzählt hat. Er sagte, es sei ihm nur möglich, Lebewesen in die Welt X hinüberzubringen – höchstens noch mitsamt der Kleidung, die sie gerade tragen, und den Gegenständen, die sie ganz fest in der Hand halten.
    Hochhäuser sind leblose Dinge und außerdem enorm groß. Und doch war es Herr Alva, der sie in die andere Welt

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