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Die Tulpe des Bösen

Die Tulpe des Bösen

Titel: Die Tulpe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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ein Ruf: »Kommt in die Mitte des Hofes, ich habe Euch längst entdeckt!«
    Katoen lauschte der tiefen, etwas rauhen Stimme nach. Er hätte schwören können, daß er sie schon einmal gehört hatte, aber er kam nicht darauf, wo.
    »Ihr wartet schon länger hier«, antwortete er schließlich. »Also tretet Ihr zuerst vor.«
    Ein kurzes, kehliges Lachen, und dann sagte der andere: »Ihr solltet keine Spielchen mit mir treiben, Freund! Ihr wollt schließlich etwas von mir!«
    Katoen sah ein, daß ein weiteres Hinauszögern der Begegnung nichts einbrachte. »Also gut, treten wir gemeinsam vor, bei drei.«
    Er zählte laut bis drei und trat dann langsam auf den Hof hinaus. Am gegenüberliegenden Ende des Hofs, wo sich ein großer Verschlag an die Umfassungsmauer duckte, löste sich eine Gestalt aus dem Schatten und kam ihm ebenso langsam entgegen. Der Mann war groß und von kräftiger Statur, und seine Bewegungen hatten etwas Ungelenkes, so als behindere ihn etwas beim Gehen. Vergebens bemühte sich Katoen, das Gesicht zu erkennen. Wie er selbst trug auch der Abgesandte der Kartenschnapper einen Hut, und die herunterhängende Krempe verdeckte sein Gesicht. Katoen sah keine Waffe bei ihm – allerdings auch nicht das Paket mit den gestohlenen Karten.
    Er blieb stehen. »Ihr haltet Euch nicht an die Absprache, Mijnheer! Wo ist Eure Ware?«
    »Die liegt dahinten im Verschlag. Ich will mich erst vergewissern, daß Euer Beutel auch das enthält, was er soll.«
    Katoen nahm an, daß ein Komplize des Mannes in dem Verschlag wartete, um im Zweifelsfall mit den wertvollen Karten zu verschwinden.
    »Das ist gegen die Absprache«, sagte er.
    Der andere war nur noch drei, vier Schritte von ihm entfernt. »Habt Euch nicht so. Wir sind es, die hier die Bedingun…«
    Mitten im Wort brach er ab und blieb stehen. Er konnte wohl inzwischen Katoens Züge ebenso erkennen wie der Amtsinspektor die seinen. Der Mann hatte ein breites, grobes Gesicht, in dem die Knochen deutlich hervortraten. Ein Gesicht, das auch unter anderen Umständen und an einem anderen Ort nichts Gutes verheißen hätte. Ein Gesicht, auf dem sich bei Katoens Anblick erst grenzenloses Erstaunen und dann blanker Haß abzeichnete. Jetzt ahnte Katoen, warum der andere sich so ungelenk bewegt hatte. Die Peitschenhiebe, die sein Rücken vor kurzem hatte hinnehmen müssen, machten ihm wohl noch immer jede Bewegung zur Qual.
    »Eine Falle!« rief Jaepke Dircks aus vollem Halse. »Es ist eine Falle. Das ist der Amtsinspektor Jeremias …«
    Weiter kam er nicht. Katoen sprang vor und zog ihm den schweren Spazierstock quer über den Schädel. Dircks riß abwehrend die Hände hoch und taumelte zurück.
    Aber es war zu spät. Gleich mehrere dunkle Gestalten, drei oder vier, stürmten auf Katoen zu. Offenbar hatten die Kartenschnapper nicht vor, das Feld kampflos zu räumen. Nicht ohne den Beutel. Obwohl sie aus ihrer Sicht in eine Falle gelaufen waren, spekulierten sie darauf, daß Katoen die erwarteten Wechsel bei sich trug.
    Der erste, der ihn angriff, war ein hagerer Kerl mit einer Waffe aus Übersee, einem Kurzschwert mit vorwärts geschwungener Schneide. Katoen blockte den ersten Hieb mit dem Lederbeutel ab, den er gegen den Schwertarm des Angreifers schlug.
    Gleichzeitig drückte er auf einen kaum sichtbaren Knopf an Knauf seines Stocks, und die Umhüllung löste sich von der Klinge – es war ein Stockdegen. Mit einer geschickten Bewegung schleuderte er den unteren Teils des Stocks, die Degenscheide, zur Seite. Der Degen hatte eine dreikantige, spitze und sehr scharfe Klinge, in geübten Händen eine gefährliche Waffe. Das mußte auch der Hagere erkennen, als diese Klinge sich durch seinen rechten Unterarm bohrte. Der Mann schrie auf und ließ sein Kurzschwert fallen.
    Zwei weitere Gegner bedrängten Katoen jetzt, einer mit einem simplen Holzknüppel, der andere mit einem Degen. Die Angriffe des letzteren parierte er mit seiner eigenen Klinge, während er gleichzeitig den Lederbeutel als Schutz gegen die Schläge mit dem Knüppel hochriß. Aber einer der Schläge kam durch und traf ihn empfindlich am linken Oberarm. Ein brennender Schmerz in seiner ganzen linken Seite war die Folge, und fast hätte er den Lederbeutel fallen lassen.
    Als ein weiterer Kartenschnapper, bewaffnet mit einer langstieligen Axt, vor ihm auftauchte, wich Katoen, ohne wirkliche Hoffnung, mit heiler Haut aus der Sache herauszukommen, zurück. Daß er hier ausgerechnet auf Jaepke Dircks traf, war elendes

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