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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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gleichgültig nachsahen.
    Eine halbe Meile von der Bucht entfernt verlangsamte Telak das Tempo, fiel in Schritt und dirigierte Nicolson und McKinnon durch ein Zeichen in die schützende Dunkelheit einer hohen Hecke. Die Schotterstraße, an deren Rand sie jetzt standen, war eine Sackgasse, die etwa fünfzig Meter vor ihnen an einer hohen Mauer endete. In der Mitte dieser Mauer öffnete sich ein überdachtes Portal, das von zwei elektrischen Laternen beleuchtet wurde. Unter dem Bogen des Eingangs standen zwei Männer, rechts und links gegen die Wölbung des Portals gelehnt, die rauchten und sich unterhielten. Selbst auf diese Entfernung waren die graugrünen Uniformen und die Kopfbedeckung der japanischen Wehrmacht unverkennbar, denn das Licht der Laternen war hell. Hinter dem Portal konnten sie die Auffahrt sehen, die zu dem höher gelegenen Haus hinaufführte, beleuchtet von Lampen im Abstand von wenigen Metern. Von dem Haus, das sich am Ende der Auffahrt mit hohen, weißen Wänden erhob, war von hier aus durch das Portal nicht zu sehen, nur eine Veranda mit Säulen und rechts und links davon je ein großes Fenster, beide hell erleuchtet. Nicolson wandte sich an den Mann, der keuchend neben ihm stand.
    »Ist es das da, Telak?« Es waren die ersten Worte, die einer von ihnen sprach, seit sie von dem Kampong aufgebrochen waren.
    »Ja, das ist es.« Genau wie Nicolson sprach auch Telak stoßweise, unterbrochen von kurzen, heftigen Atemzügen. »Das größte Haus in Bantuk.«
    »Natürlich.« Nicolson machte eine Pause und wischte sich den Schweiß vom Gesicht, von der Brust und von den Armen. Dann rieb er sorgfältig seine Handflächen trocken. »Und diese Straße hier müßten sie also kommen?«
    »Es gibt keine anderen Weg. Sie müssen hier entlangkommen. Falls sie nicht schon gekommen sind.«
    »Ja«, sagte Nicolson, »falls sie nicht schon gekommen sind.« Zum erstenmal überströmten ihn Furcht und Sorge wie eine Welle, doch er schob jeden ängstlichen Gedanken, der die Ausführung seines Plans hätte zunichte machen können, mit kalter Entschlossenheit beiseite. »Sollten sie wirklich schon da sein, dann ist es sowieso zu spät. Wenn nicht, dann haben wir noch einen Augenblick Zeit. Es ist besser, wir verschnaufen noch eine Minute oder zwei – wir brauchen ein bißchen Atem für das, was wir vorhaben. Wie fühlen Sie sich, Bootsmann?«
    »Es juckt mir in den Händen, Sir«, sagte McKinnon mit sanfter Stimme. »Kommen Sie, gehen wir rein.«
    »Gleich, Bootsmann, gleich«, sagte Nicolson beruhigend. Er wandte sich an Telak. »Sehe ich recht, daß die Mauer da mit eisernen Spitzen gesichert ist?«
    »So ist es«, sagte Telak grimmig. »Die Eisenspitzen sind nicht schlimm. Aber sie sind elektrisch geladen.«
    »Dann kann man also nur durch das Portal hineinkommen?« fragte Nicolson mit ruhiger Stimme.
    »Ja, und auch nur durch das Portal wieder heraus.«
    »Klarer Fall. Völlig klarer Fall.«
    Die nächsten zwei Minuten sprach keiner von ihnen ein Wort. Nichts war zu hören außer ihrem keuchenden Atem, der allmählich ruhiger und gleichmäßiger wurde. Nicolson wartete mit einer fast übermenschlichen Geduld und paßte sorgsam den Augenblick ab, in dem sie soweit wie irgend möglich wieder zu Kräften gekommen waren, ohne daß die unvermeidlich darauffolgende Reaktion schon eingesetzt hatte. Endlich richtete er sich auf, rieb mit den Händen über die angesengten Reste seiner Drillichhose, um das letzte bißchen Feuchtigkeit von seinen Handflächen zu wischen, und wandte sich erneut an Telak.
    »Wir sind vorhin an einer hohen Mauer vorbeigekommen, auf dieser Seite der Straße, rund zwanzig Schritt von hier entfernt, nicht wahr?«
    »So ist es«, sagte Telak bestätigend.
    »Mit Bäumen dahinter, die dicht an der Mauer stehen?«
    »Stimmt«, nickte Telak.
    »Ich schlage vor, daß wir dorthin zurückgehen.« Nicolson machte kehrt und ging vorsichtig, mit unhörbaren Schritten, im Schutz der Hecke zu der angegebenen Stelle.
    Keine zwei Minuten später war alles vorbei, und kein Mensch, der weiter als zehn Meter entfernt war, hätte auch nur das Geringste davon hören können. Nicolson lag unten vor der hohen Mauer am Boden und stöhnte erst leise, dann lauter und noch mitleiderregender, da seine ersten Klagetöne keine Aufmerksamkeit erweckt hatten. Doch nach einigen Sekunden richtete sich der eine der beiden Posten mit einem plötzlichen Ruck auf und spähte ängstlich die Straße entlang, und im nächsten Augenblick

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