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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Dancer lag fast haargenau an der Stelle, von der er gemeint hatte, daß sie dort liegen müsse. Und sie fanden sie, weil ein langer Blitz das düstere Wrack für einen kurzen Augenblick so hell beleuchtete wie die Mittagssonne. Doch auch so hätten sie die Kerry Dancer nie und nimmer gefunden, wäre nicht der Wind vom Hurrikan abgeflaut bis zu einem kaum spürbaren Lüftchen, und hätte nicht der peitschende Regen, der jede Sicht benahm, so plötzlich aufgehört, als habe jemand am Himmel einen riesigen Hahn zugedreht.
    Das an dem momentanen Übergang vom Aufruhr des Sturms zu dieser unglaubhaften Stille nichts Wunderbares war, darüber war sich Kapitän Findhorn grimmig klar. Immer lag im Zentrum eines Taifuns eine Oase des Friedens. Diese brütende Stille, die den Atem anzuhalten schien, war für ihn nichts Neues – doch bei den zwei oder drei früheren Begegnungen hatte er um sich herum reichlich Seeraum zur Verfügung gehabt, um auszuweichen, wohin er wollte, wenn es allzu schlimm wurde. Diesmal aber war es anders. Nach Norden, nach Westen und nach Südwesten war ihnen der Fluchtweg versperrt durch die Inseln des Archipels. Sie hätten zu keinem ungeeigneteren Zeitpunkt in das Zentrum des Taifuns eintreten können.
    Aber auch zu keinem geeigneteren Zeitpunkt. Falls auf der Kerry Dancer noch jemand am Leben sein sollte, so konnten die Bedingungen für die Bergung nicht günstiger sein als jetzt. Falls noch jemand am Leben sein sollte – und nach allem, was sie im Licht ihrer Scheinwerfer und der Signallampe an Steuerbordseite sehen konnten, während sie langsam auf das Schiff zufuhren, schien das wenig wahrscheinlich. Mehr noch, es schien unmöglich. In dem harten Licht der Scheinwerfer wirkte die Kerry Dancer doppelt verloren und verlassen. Sie lag inzwischen vorn so tief im Wasser, daß das Deck des Vorschiffs verschwunden war und das Logis auf dem Vorschiff wie ein einsamer Felsen sich jetzt aus dem Wasser hob und jetzt wieder darin versank, überspült von den hohen Wogen – der Wind hatte aufgehört und auch der Regen, doch die See war fast genauso grob wie zuvor.
    Finster und schweigend starrte Kapitän Findhorn hinüber, dorthin, wo die Kerry Dancer im Lichtkegel der Scheinwerfer lag. Hilflos trieb sie auf den Wogen, träge schlingerte sie in den Wellentälern, da ihr Schwerpunkt, durch das Gewicht von mehreren hundert Tonnen Wasser nach unten verlagert, sie in die Tiefe zog. Tot, dachte er bei sich, wenn es jemals ein totes Schiff gegeben hat – aber sie will einfach nicht sterben. Sie ist tot, und das da ist nur noch ihr Geist, mußte er denken, und wie ein Geist sah sie auch aus, unheimlich und gespenstisch mit den verbogenen rechtwinkligen Hohlräumen ihrer ausgebrannten Aufbauten, durch die das Scheinwerferlicht fiel. Sie weckte in ihm eine undeutliche, quälende Erinnerung, an was, wußte er nicht, bis es ihm plötzlich einfiel: das Gespensterschiff des Fliegenden Holländers, mit der untergehenden Sonne dahinter, deren rotes Licht wie durch ein Gitter, durch ein hölzernes Skelett dringt. Er bemerkte, daß sein Erster Offizier unmittelbar hinter ihm stand.
    »Ja, Jonny, da liegt sie nun«, sagte er leise. »Dazu auserkoren, heimzukehren in das Sargasso-Meer, oder wo nun sonst tote Schiffe hingehen. War eine nette Fahrt. Und jetzt wollen wir umkehren.«
    »Ja, Sir.« Nicolson schien ihn nicht gehört zu haben. »Bitte um Erlaubnis, mit einem Boot ranzufahren, Sir.«
    »Nein.« Findhorns Ablehnung kam ohne Erregung, aber mit Nachdruck. »Wir haben alles gesehen, was wir sehen wollten.«
    »Wir sind einen weiten Weg gefahren, um es zu sehen.« Nicolson sprach ohne besondere Betonung. »Ich schlage vor, Vannier, der Bootsmann, Ferris, ich selbst und noch ein paar. Wir würden es schaffen.«
    »Vielleicht.« Findhorn balancierte das heftige Schlingern der Viroma aus, ging in die Backbord-Brückennock und sah nach unten auf die See. Selbst hier in Lee des Schiffes waren immer noch drei bis vier Meter Unterschied zwischen Wellenberg und Wellental, und die kurzen steilen Wogen waren unregelmäßig und heimtückisch. »Oder vielleicht auch nicht. Ich habe nicht die Absicht, auch nur ein einziges Leben aufs Spiel zu setzen, um das festzustellen.«
    Nicolson sagte nichts. Mehrere Sekunden verstrichen, dann wandte sich Findhorn ihm zu, und in seiner Stimme war jetzt ein leiser Unterton gereizter Schärfe.
    »Also was ist eigentlich los mit Ihnen? Haben Sie immer noch – wie nannten Sie das – den

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