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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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hoch und machte mit den Händen die auf der ganzen Welt übliche Geste des Nichtverstehens.
    »Sie haben sich den Richtigen rausgesucht, Kapitän Findhorn«, sagte van Effen langsam und gedehnt. »Er spricht Englisch fast so gut wie Sie.«
    Findhorn brachte rasch die Hand mit der Pistole hoch, setzte die Mündung an den Mund des Mannes und drückte, ziemlich kräftig. Der Mann wich zurück und Findhorn schob nach. Nach dem zweiten Schritt stand der Mann mit dem Rücken an der Wand, und das eine sehende Auge starrte entsetzt auf die Pistole, deren Lauf gegen seine Zähne drückte.
    »Wer hat alle Riegel am Schott zum achteren Logis zugeschlagen?« fragte Findhorn leise. »Ich gebe Ihnen fünf Sekunden Zeit.« Er verstärkte den Druck der Pistole, die er gleichzeitig entsicherte, und das plötzliche Klicken des Sicherungshebels klang unnatürlich laut in der angespannten Stille. »Eins – zwei –«
    »Ich, ich!« Seine Lippen zuckten, und die Zähne klapperten ihm fast vor Angst. »Ich habe das Schott verriegelt.«
    »Auf wessen Befehl?«
    »Auf Befehl des Kapitäns. Er sagte, daß –«
    »Und wer hat die Luke auf dem Vorschiff dichtgemacht?«
    »Yussif. Aber Yussif lebt nicht mehr –«
    »Auf wessen Befehl?« fragte Findhorn unerbittlich.
    »Auf Kapitän Sirans Befehl.« Jetzt sah der Mann zu Siran hinüber, schlotternde Angst im Blick. »Das wird mich das Leben kosten.«
    »Vermutlich«, sagte Findhorn ungerührt. Er schob die Pistole in seine Tasche und ging zurück zu Siran. »Sehr interessant, diese kleine Unterhaltung, finden Sie nicht auch, Kapitän Siran?«
    »Der Mann ist ein Narr«, sagte Siran verächtlich. »Jeder Angsthase wird alles sagen, was man von ihm hören will, wenn man ihm eine Pistole vors Gesicht hält.«
    »Im Vorschiff befanden sich englische Soldaten – vermutlich Landsleute von Ihnen. Zwanzig Mann, vielleicht auch vierundzwanzig, ich weiß es nicht genau; aber Sie wollten sich von ihnen natürlich nicht stören lassen, als Sie sich in dem einzigen Rettungsboot aus dem Staube machten.«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.« Sirans braunes Gesicht war noch immer unverändert, noch immer ohne Ausdruck. Doch seine Stimme war jetzt vorsichtig, der Ausdruck genau berechneter Frechheit war daraus verschwunden.
    »Und mehr als zwanzig Leute befanden sich achtern«, fuhr Findhorn fort, so als hätte Siran überhaupt nichts gesagt. »Verwundete, Sterbende, Frauen – und ein kleines Kind.«
    Diesmal sagte Siran zunächst nichts. Das glatte Gesicht war unbeteiligt wie immer, nur seine Augen waren eine Spur schmaler geworden. Doch als er dann sprach, hatte seine Stimme noch immer denselben Klang frecher Gleichgültigkeit.
    »Was hoffen Sie eigentlich mit diesem törichten Geschwätz zu erreichen, Kapitän Findhorn?«
    »Nichts hoffe ich zu erreichen.« Findhorns Gesicht legte sich in grimmige Falten, der Blick seiner blassen Augen war hart und kalt. »Das ist keine Frage des Hoffens, Siran, sondern des Wissens – der festen Gewißheit, daß Sie des Mordes für schuldig befunden werden. Morgen früh werden wir die unbeeinflußten Aussagen sämtlicher Mitglieder Ihrer Crew zu Protokoll nehmen und im Beisein neutraler Zeugen aus meiner Besatzung unterschreiben lassen. Ich werde es als meine persönliche Verantwortung betrachten, dafür zu sorgen, daß Sie sicher und bei guter Gesundheit in Australien ankommen.« Findhorn nahm seine Mütze und machte sich fertig zum Gehen. »Man wird Ihnen auf faire Weise den Prozeß machen, Kapitän Siran, doch er dürfte nicht allzulange dauern, und welche Strafe auf Mord steht, das wissen wir ja.«
    Zum erstenmal bekam Sirans unbeteiligte Maske einen Sprung, und seine dunklen Augen zeigten einen leisen Schatten von Furcht; doch Findhorn sah es nicht mehr. Er war schon dabei, die Stufen der Leiter zur Brücke der Viroma hinaufzusteigen.

Sechstes Kapitel
    D er heraufdämmernde Morgen, ein wolkenloser, windstiller Morgen mit einem perlmuttfarben schimmernden Osthimmel, fand die Viroma schon weit in südöstlicher Richtung, durch den Rhio-Kanal hindurch, zwanzig Meilen genau nördlich von dem Rifleman-Rock, beinah auf der Hälfte des Weges zur Carimata-Straße. Der große Tanker lief mit höchster Fahrt, aus seinem Schornstein stieg blauer Rauch, der als dunstiger Schleier nach achtern trieb, während Carradale, der Chefingenieur, die große Schiffmaschine bis an die vorgesehene Höchstleistungsgrenze trieb, und dann noch ein bißchen darüber hinaus.
    Der

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