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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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und her auf dem Laufsteg von vorn nach achtern. Die Engländer wiegen sich in dem Wahn, sie wären ein Volk von Seefahrern – für Miss Plenderleith ist die Schiffsreise ein ausgesprochener Genuß. Und dann wären da die drei Soldaten in der Messe, Korporal Fraser und seine zwei Mann. Sie haben sich jeder einen Stuhl geschnappt und sitzen dort sehr behaglich, ihre Schußwaffen auf dem Schoß. Ich glaube, sie beten heimlich, Siran oder einer seiner Leute möge einen extra tiefen Atemzug machen, um ihnen einen hieb- und stichfesten Vorwand dafür zu geben, eine Menge großer Löcher durch sie hindurchzuschießen. Siran und Genossen sind sich völlig darüber klar, was für Gefühle die Jungens für sie hegen – sie atmen wirklich nur ganz vorsichtig und wagen jeweils nur mit einem Auge zu blinzeln.«
    »Ich glaube auch, daß man sich auf diese Wachmannschaft verlassen kann.« Findhorn sah seinen Ersten Offizier fragend von der Seite an. »Und was für einen Eindruck macht unser ehrenwerter Kapitän Siran heute morgen? Ein bißchen mitgenommen, wie?«
    »Der nicht. Man kann auf den ersten Blick sehen, daß er fest und tief geschlafen hat, den Schlaf eines Menschen mit dem guten Gewissen eines neugeborenen Kindes.« Nicolson sah eine Weile hinaus über die See und sagte dann ruhig: »Es würde mir ein besonderes Vergnügen sein, wenn ich dem Mann, der ihn eines Tages hängt, irgendwie behilflich sein könnte.«
    »Mit diesem Wunsch dürften Sie vermutlich einer der letzten in einer langen Schlange sein«, sagte Findhorn grimmig. »Ich möchte nicht gern pathetisch werden, Jonny, aber für mich ist dieser Kerl ein Unmensch, den man genauso unschädlich machen sollte, wie man einen tollen Hund niederschießt.«
    »Wahrscheinlich wird es dazu eines Tages auch noch kommen.« Nicolson schüttelte den Kopf. »Toll oder nicht, jedenfalls ist er ein seltsamer Vogel.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Er ist Engländer, oder zumindest dreiviertel Engländer, darauf gehe ich jede Wette ein. Er hat eine der großen Public-Schools absolviert und höchstwahrscheinlich eine sehr viel bessere Schulbildung genossen als ich. Wie kommt es, daß so ein Mann Kapitän einer Miniaturhölle wie der Kerry Dancer ist?«
    Findhorn zog die Schultern hoch. »Das mag der Himmel wissen. Ich könnte Ihnen ein Dutzend verschiedene Erklärungen dafür geben, die nur in einem Punkt übereinstimmen – daß sie nämlich alle falsch wären. Man findet zwar in einem Umkreis von ein paar hundert Meilen rund um Singapur die Hälfte aller verkrachten Existenzen und aller schwarzen Schafe der ganzen Welt; doch Siran gehört zu keiner dieser beiden Kategorien, das wäre also auch noch eine Antwort auf Ihre Frage. Ich muß Ihnen ehrlich gestehen, ich bin da überfragt.« Findhorn trommelte mit den Fingern auf der Reling: »Ich werde nicht aus ihm schlau, aber er ist weiß Gott nicht der einzige!«
    »Wer noch – van Effen? Oder unser ehrenwerter Brigadier?«
    »Die auch.« Findhorn schüttelte den Kopf. »Unsere Passagiere sind schon ein sonderbarer Haufen, aber noch sehr viel sonderbarer ist die Art, wie sie sich benehmen. Zum Beispiel der Brigadier und dieser Moslem – kleben zusammen wie Pech und Schwefel. Sehr ungewöhnlich, finden Sie nicht auch?«
    »Ganz und gar unglaublich. Die Türen des Bengal-Clubs wären ihm fortan verschlossen. Absolut unmögliches Benehmen.« Nicolson grinste. »Bedenken Sie nur den Schock und das bedrohliche Ansteigen der Sterblichkeit, wenn so was bekannt werden würde – ich meine, in den höheren militärischen Kreisen: in allen besseren Bars im Osten säßen Männer, vom Schlag getroffen, die erkaltenden Hände noch krampfhaft um das Whiskyglas geschlossen. Eine schreckliche Verantwortung, die Brigadier Farnholme da auf seinen Schultern trägt.«
    Findhorn lächelte leise. »Und Sie sind noch immer der Meinung, daß er kein Flunkerer ist?«
    »Nein, Sir – genausowenig wie Sie. Er ist ein Colonel Bumm, wie er im Buche steht – und dann tut oder sagt er plötzlich irgend etwas Ausgefallenes, was ganz und gar nicht dazu paßt. Er ist eben nicht leicht zu klassifizieren. Ziemlich rücksichtslos von ihm, finde ich.«
    »Sehr rücksichtslos«, brummte Findhorn. »Und dann dieser andere Busenfreund von ihm, van Effen. Was für einen Grund sollte Siran eigentlich haben, so besorgt um seine Gesundheit zu sein?«
    »Schwer zu sagen«, gab Nicolson zu. »Zumal van Effen nicht sonderlich besorgt um Sirans Gesundheit war – dem

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