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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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die Beobachter an Bord der Viroma den Typ der Maschine erkannt, als auch schon über die schweigende See der dumpfe Donner des Flugzeugmotors an ihre Ohren drang.
    Die Maschine kam gleichmäßig dröhnend näher, verlor von Sekunde an Sekunde an Höhe und hielt genau auf sie zu. Es sah zunächst so aus, als beabsichtige der Pilot, geradewegs über die Viroma hinwegzufliegen, dann aber, in einer Entfernung von weniger als einer Meile, drehte er scharf nach Steuerbord ab und begann, das Schiff in einer Höhe von etwa einhundertfünfzig Meter zu umkreisen. Er machte keinerlei Anstalten anzugreifen, und von der Viroma fiel kein Schuß, Kapitän Findhorns Befehl war eindeutig und genau: es wird nicht geschossen, es sei denn zur Abwehr eines Angriffs; ihre Munition war knapp, und sie mußten damit haushalten mit Rücksicht auf die zu erwartenden Bomber. Außerdem gab es immer noch die Möglichkeit, daß sich der Pilot durch den frisch angemalten Namen Siyushu Maru und die große Flagge mit der aufgehenden Sonne täuschen ließ, die seit einigen Tagen an die Stelle des Namens Resistencia und der Flagge der Argentinischen Republik getreten waren. Die Chancen hierfür waren ungefähr eins zu zehntausend, dachte Findhorn grimmig.
    Fast zehn Minuten lang umkreiste die Maschine das Schiff, nie sehr viel weiter als eine halbe Meile entfernt. Dann kamen aus südwestlicher Richtung zwei weitere Maschinen, gleichfalls Jagdflugzeuge, und gesellten sich zu der ersten Maschine. Zweimal umkreisten sie zu dritt das Schiff, dann löste sich die erste Maschine aus dem Verband und überflog das Schiff in einer Höhe von knapp hundert Metern zweimal von vorn nach achtern. Der Pilot hatte das Dach der Kanzel zurückgeschoben, so daß man von der Brücke aus sein Gesicht sehen konnte, oder jedenfalls das wenige, was davon unter dem Helm, der Schutzbrille und dem Mikrofon des Sprechfunks zu sehen war. Er nahm jede Einzelheit des Schiffes in sich auf. Dann zog er in einer scharfen Kurve davon und flog zu den anderen zurück, innerhalb von Sekunden hatten sie sich wieder zum Verband formiert, dippten zweimal ironisch grüßend die Flügel und flogen in nordwestlicher Richtung davon.
    Nicolson ließ seinen Atem in einem langen, lautlosen Seufzer entweichen und drehte sich zu Findhorn herum. »Dieser Bursche hat keine Ahnung, was für ein Glück er gehabt hat.« Er zeigte mit dem Daumen nach oben, wo die Flakgeschütze standen. »Sogar unsere Knallerbsenverkäufer da auf dem Dach hätten Kleinholz aus ihm machen können.«
    »Ich weiß, ich weiß.« Den Rücken gegen den Windschutz gelehnt, starrte Findhorn mit düsterer Miene den entschwundenen Maschinen nach. »Und was wäre damit gewonnen? Wir hätten nur wertvolle Munition verschwendet, weiter nichts. Er hat uns nichts getan – allen Schaden, den er anrichten konnte, hatte er längst angerichtet, ehe er in unsere Nähe kam. Unser Signalement bis auf die letzten Einzelheiten, unsere Position, Kurs und Geschwindigkeit – das hatte er seiner Leitstelle alles längst durchgegeben, ehe er uns zu nahe kam.« Findhorn setzte das Fernglas ab und wandte sich um, langsam und schwer. »Was unser Signalement und unsere Position angeht, so können wir daran nichts ändern, aber wir können unseren Kurs ändern. Bitte gehen Sie auf 200 Grad, Mister Nicolson. Wir versuchen, den Macelesfield-Kanal zu erreichen.«
    »Sehr wohl, Sir.« Nicolson zögerte. »Glauben Sie, Sir, daß das etwas ändert?«
    »Nein.« In Findhorns Stimme lag ein Schatten von Müdigkeit. »Irgendwo im Umkreis von zweihundertundfünfzig Meilen von hier steigen bereits bombenbeladene Maschinen von japanischen Flugplätzen auf, Bomber, Sturzbomber, Torpedoflugzeuge – zu Dutzenden. Prestige ist eine Sache von vitaler Bedeutung. Würden wir entkommen, so hätten sich die Japaner lächerlich gemacht, und das können sie sich nicht leisten.« Findhorn sah Nicolson an, sein Blick war ruhig, traurig und verschleiert. »Tut mir leid, Jonny, tut mir leid um den kleinen Peter und das Mädchen und all die anderen. Jetzt erwischen sie uns. Sie haben die Prince of Wales und die Repulse erwischt – uns werden sie massakrieren. In etwas mehr als einer Stunde werden sie da sein.«
    »Warum dann noch den Kurs ändern, Sir?«
    »Warum überhaupt noch irgend etwas tun. Vielleicht dauert es dann zehn Minuten länger, bis sie uns ausgemacht haben. Eine Geste, mein Junge. Sinnlos, ich weiß, dennoch eine Geste. Selbst das Lamm macht kehrt und läuft,

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