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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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sich nicht bei der Vorrede auf, es gab kein vorfühlendes Geplänkel, keinen vorbereitenden Bombenwurf aus großer Höhe; nur die eine lange Kurve nach Südwest und dann der zusammengefaßte, rasante Angriff aus der Sonne heraus, ein genau berechneter, mit technischer Präzision ablaufender kombinierter Angriff von Torpedoflugzeugen, Sturzbombern und Jägern, ein Angriff, dessen exakte Durchführung nur übertroffen wurde von seiner einzigartigen Wut und Wildheit. Von dem Augenblick, in dem der erste Jäger in Deckhöhe heranbrauste und die Geschosse aus seinen beiden Bordkanonen in die Brücke schlugen, bis das letzte Torpedoflugzeug hochzog und abdrehte, um vom Luftdruck der Detonation seines eigenen Torpedos wegzukommen, vergingen nicht mehr als drei Minuten. Doch es waren drei Minuten, die aus der Viroma, dem hochwertigsten, modernsten Schiff der Anglo-Arabischen Tankerflotte, aus zwölftausend Tonnen makellosen Stahls, mit all den Schußwaffen an Deck, dem dem heranbrausenden Feind ihre schwächliche Herausforderung entgegenknatterten, einen zerschlagenen, rauchenden Trümmerhaufen machten, ein Schiff, dessen Schußwaffen samt und sonders verstummt waren, dessen Maschinenraum zerstört war, und von dessen Besatzung fast alle im Sterben lagen oder schon gestorben waren. Ein Massaker, ein erbarmungsloses, unmenschliches Gemetzel, mit nur einem versöhnenden Zug: daß die gnadenlose Wut des Angriffs gemildert war durch die Gnade seiner Geschwindigkeit.
    Ein Massaker, aber ein Massaker, das nicht in erster Linie dem Schiff galt, sondern den Männern, die es bemannten. Die Japaner, die offenbar nach sehr genauen Befehlen operierten, hatten diese Befehle ausgeführt, und zwar brillant. Sie hatten ihre Angriffe auf den Maschinenraum, die Brücke, das Vorschiff und die Geschütze konzentriert, und von diesen Angriffszielen hatte das erste sehr schwer gelitten: zwei Torpedos und wenigstens ein Dutzend Bomben waren in den Maschinenraum und die darüberliegenden Decks geschlagen; das halbe Heck war weggesprengt, und im achterlichen Teil des Schiffes hatte es keine Überlebenden gegeben. Von allen, die eine Schußwaffe bedient hatten, waren nur zwei am Leben geblieben: Vollmatrose Jenkins, Kanonier eines Flakgeschützes auf dem Vorderschiff, und Korporal Fraser. Wie lange Korporal Fraser noch zu den Überlebenden gehören würde, war ungewiß; sein bereits verwundeter linker Arm war zur Hälfte abgeschossen, und er war zu schwach, zu mitgenommen durch den Schock, um mehr als einen notdürftigen Versuch zu unternehmen, das Blut zu stillen, das aus der Wunde strömte.
    Findhorn und Nicolson auf der Brücke, flach an Deck hinter den stählernen Schotten des Ruderhauses und halb betäubt vom Luftdruck und der Erschütterung der Detonationen, begriffen beide dunkel, was dieser Angriffsplan zu bedeuten hatte, was der Grund dafür war, daß man eine so überwältigende Zahl von Bombern eingesetzt und mit einem so starken Geleit von Jägern ausgestattet hatte. Sie begriffen auch, weshalb die Brücke wie durch ein Wunder von Bomben verschont geblieben war, warum bisher noch kein Torpedo einen der Öltanks – ein Ziel, das unmöglich zu verfehlen war – getroffen und der Viroma damit den Garaus gemacht hatte. Die Japaner hatten gar nicht die Absicht, die Viroma zu versenken: sie wollten das Schiff schonen, und die Besatzung vernichten. Was machte es schon, wenn das Heck draufging – mit ihren neun großen Öltanks, die heilgeblieben waren, und der Back hatte die Viroma immer noch genügend Auftrieb, um sich über Wasser zu halten; vielleicht als hilflos treibendes Wrack, aber jedenfalls schwimmend. Und wenn die Japaner sicherstellen konnten, daß von der Besatzung der Viroma niemand am Leben blieb, um das schwer angeschlagene Schiff in die Luft zu sprengen oder die Bodenventile zu öffnen, dann fielen ihnen zehntausend Tonnen Öl in die Hände: Millionen von Litern Treibstoff für ihre Schiffe, Panzer und Flugzeuge.
    Und dann, ganz plötzlich, war das fast pausenlose Krachen, die klirrende Vibration detonierender Bomben und Torpedos zu Ende, das immer erneute Aufheulen der Motoren schwerer Bomber wurde leiser und verging rasch in der Ferne, und die unvermittelt einsetzende Stille war für die Ohren beinah ebenso schmerzhaft wie der höllische Lärm, der eben aufgehört hatte. Nicolson, halb betäubt durch den Schock, den Lärm, den Rauch und den erstickenden Staub, schüttelte langsam den Kopf, um die Benommenheit loszuwerden,

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