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Die Ueberlebenden von Mogadischu

Titel: Die Ueberlebenden von Mogadischu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Rupps
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Jahren nicht die Hand gegeben hat. Gabriele von Lutzau und Jürgen Vie­tor können nicht glauben, was sie von Maurice Philip Remy zu hören bekommen. Ein Journalist, der nicht in der Maschine war, erklärt ihnen Jahrzehnte später, was sie hätten tun sollen?
    Jürgen Vietor fühlt sich als Schuldiger hingestellt. Er ist darüber so entsetzt, dass er dem anschließenden Trauerzug zum Grab fernbleibt. Er wartet das Ende der Veranstaltung ab und geht hinterher allein zum Grab, um seines Kollegen Jürgen Schumann zu gedenken.
    Frühere Geiseln können den Vorwurf von Maurice Philip Remy nicht nachvollziehen.
     
    2007 gab es jemanden, der gefragt hat: Weshalb haben die anderen Geiseln nicht das Wort erhoben und den Entführern gesagt: Erschießen Sie nicht den Kapitän, er ist unschuldig! Es hat sich in der Maschine offenbar keine der Geiseln zu Wort gemeldet.
    Das konnte man auch nicht. Das war ja das Erste, was die Entführer uns eingeschärft haben: Wenn irgendjemand von uns versucht, auf gut Deutsch den Dicken zu machen, wird er erschossen.
    Es hätte jemand zu Mahmud sagen können: »Please don’t kill him, he is not guilty.«
      270 Wir waren alle sehr eingeschüchtert. Keiner hat etwas gesagt, weil man selbst Angst um sein Leben hatte. Und diesen hysterischen Mahmud umzustimmen, wäre in dem Moment auch gar nicht gegangen.
    (Beate Keller, 2011 )
     
    Das war unglücklich. Das ging ja gar nicht.
    (Diana Müll, 2011 )
    Bis heute gibt es keine stichhaltigen Belege dafür, dass Jürgen Schumann nach dem Fahrwerk-Check die Maschine verlassen und zum Flughafen-Tower gegangen ist. Jürgen Vietor, der Jürgen Schumann neben Mahmud in dieser Situation am nächsten war, hält diese Version der Geschichte aus zwei Gründen für nicht plausibel: »Ich glaube nicht, dass Jürgen Schumann den Machtbereich von Mahmud verlassen hat«, sagt Jürgen Vietor im November 2008 in der Talkshow von Anne Will. »Er wusste, das ist ein killing item für ihn.« Er wusste, dass dies seinen sicheren Tod bedeutet. »Er bringt sich ja nicht selbst um.« Außerdem, ist der Zeitzeuge Jürgen Vietor überzeugt, hätte es eines Gesprächs fernab der Maschine nicht zwingend bedurft. Jemenitische Sicherheitskräfte umstellten die Maschine. Ein Gespräch mit ihnen hätte direkt vor der Maschine stattfinden können. Der ehemalige Kopilot vermutet, dass Kapitän Schumann mit »Nachdruck« aufgefordert wurde, sich zum Leiter des Szenarios, vielleicht einem früheren Militär, zu begeben.
    Mit seiner Annahme steht Jürgen Vietor nicht alleine da, wie die frühere Geisel Diana Müll in derselben Sendung versichert: »Ich habe ja auch viel Kontakt noch zu anderen Geiseln, und wir haben alle die gleiche Meinung.«
    Das Rätsel um diese 30 oder 60 Minuten auf dem Flugplatz in Aden ist nicht gelöst. Diese Feststellung liest sich für die Betroffenen schmerzlich und für einen Historiker unbefriedigend. An der Tatsache, dass noch immer entscheidende Informationen fehlen und möglicherweise nicht mehr zusammengetragen werden können, ändert es nichts.
      271 Mit dem Tod von Jürgen Schumann fiel ein Schatten auf den letztlich glimpflichen Ausgang der Entführung. Zugleich war und ist durch die Legende um Kapitän Schumann der Blick nicht frei für die fliegerische Leistung, die Jürgen Vietor während der fünf Entführungstage erbracht hat. Trotz psychischer Demütigungen und konkreter Todesdrohungen durch den Entführer Mahmud in der ersten Phase bleibt Jürgen Vietor psychisch stabil und voll konzentriert, um die Maschine auch unter schwierigsten Bedingungen sicher zu starten und zu landen. Er absolviert den befohlenen Irrflug ohne adäquates Kartenmaterial. Die Notlandung in Aden ist eine fliegerische Meisterleistung, für die ihm seine Flugerfahrung bei der Bundeswehr besonders nützt. Die Maschine befindet sich nach der Landung in einem schlechten, geradezu bedrohlichen Zustand. Nach dem Start in Aden kann er das Fahrwerk nicht mehr einfahren und hat Sand in den Triebwerken.
    »Ein wahrer Horrorflug«, schreibt Jürgen Vietor im Jahr 2000 den Schülerinnen und Schülern der Klasse 9 a an der Ludgerusschule Heiden, »war die Strecke Aden–Mogadischu, mit einem erschossenen Kapitän an Bord, mit einem Flugzeug, dessen technischer Zustand nach der Notlandung abseits der Piste in Aden nicht bekannt war, über einem Gebiet, in dem am Boden ein kriegerischer Konflikt ausgetragen wurde und man jederzeit mit Raketenbeschuss (= Abschuss) rechnen musste, wo

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