Die Ueberlebenden von Mogadischu
Kapitän ernannt worden – im Zuge der normalen Laufbahn.
Ende Dezember 1977 schreibt Werner Utter einen Brief an die ehemaligen Geiseln, dessen Text ihm ein Mitarbeiter entworfen hat. Die Referentenvorlage befindet sich in den »Mogadischu«-Akten der Deutschen Lufthansa. In dem Brief von Werner Utter heißt es, »dieses – wie ich sehr hoffe – nun auch für Sie mit besinnlichen und fröhlichen Feiertagen ausklingende Jahr hat Ihnen und der Lufthansa in seinem letzten Viertel eine gemeinsam durchgestandene, harte Prüfung auferlegt. Es drängt mich deshalb gerade jetzt, wo jedermann seine eigene Bilanz zu ziehen pflegt, Ihnen als Gast unseres Fluges LH 181 vom 13. Oktober meinen herzlichen Gruß zu senden. Er soll nicht nur Verbundenheit ausdrücken, sondern auch die Zuversicht, das Bedrückende des Erlittenen möge in Ihrer Erinnerung mehr und mehr zugunsten anhaltender Freude über den glücklichen Ausgang des schwerwiegenden Erlebnisses verblassen. Diese Hoffnung teilen alle Lufthanseaten mit mir.«
Die Tage um die Oktobermitte hätten aller Welt, so Werner Utter weiter, erneut drastisch vor Augen geführt, welches außerordentlichen Schutzes der Luftverkehr in dieser Zeit bedürfe – der Luftverkehr, der den Menschen dienen solle, der die verbindende Aufgabe der Begegnung von Menschen erfülle. »Die Lufthansa hat inzwischen mithilfe der Bundesregierung über weltweite Absprachen Vorkehrungen erreicht, die unsere Flüge in nie gekannter 125 Weise zusätzlich sichern. Das wollte ich Ihnen, die Sie auf unsere Dienste vertrauten, noch sagen.«
In den Monaten nach der Entführung kommt der Vorschlag auf, eine Lufthansa-Maschine nach Jürgen Schumann zu benennen. Die Deutsche Lufthansa tritt dieser Idee nicht näher, weil sie, wie ihr Public-Relations-Chef Franz Cesarz einmal schreibt, »zusätzliche Gefährdungen, die daraus erwachsen könnten, vermeiden« will. Lufthansa-Maschinen werden ohnehin auf Städtenamen getauft, nicht auf Namen von Personen.
Heute erinnern mehrere Einrichtungen an Jürgen Schumann. Die Deutsche Lufthansa hat ihre Verkehrsfliegerschule in Bremen nach ihm benannt; auch eine Straße im hessischen Babenhausen, dem letzten Wohnort des Piloten, und eine Grundschule in Schmitten-Arnoldshain, Hochtaunuskreis, tragen den Namen von Jürgen Schumann. In Landshut/Niederbayern gibt es eine Jürgen-Schumann-Straße.
Im Jahr 2012 wurde auf dem Gelände des künftigen Flughafens Berlin-Brandenburg eine Jürgen-Schumann-Allee eingeweiht. Hierzu kamen unter anderem Monika Schumann, Jürgen Vietor, Ulrich Wegener und Vertreter der Deutschen Lufthansa zusammen.
Unter dem Betreff »Energische Beschwerde« schreibt ein Lufthansa-Kunde im Januar 1979 an das Unternehmen: »Letzten Donnerstag hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, mit einem Flugzeug namens ›Landshut‹ Ihrer Gesellschaft von Zürich nach Frankfurt fliegen zu müssen. Es ist mir völlig unverständlich, dass Sie diese Maschine nicht umgetauft haben. Ich habe in Erfahrung gebracht, dass [. . . ] selbst Mitglieder Ihres fliegenden Personals anfänglich nur mit Widerwillen in diese Maschine gestiegen sind.«
Die Deutsche Lufthansa hält gleichwohl an der Bezeichnung für das ehemals entführte Flugzeug fest. »Wir sind schließlich zu der Überzeugung gekommen«, heißt es in einer Antwort an den Verfasser des Briefes, »dass wir unseren Passagieren gegenüber bei der Offenheit und dem Ernst zu bleiben verpflichtet sind, mit de 126 nen wir unser Geschäft zu betreiben uns bemühen. [. . . ] Sie sind sicher mit uns überzeugt davon, dass von der psychologischen Problematik abgesehen es keinen Grund gibt, sich nicht diesem Flugzeug anzuvertrauen.«
Erst Jahre später geht der Städtename »Landshut« auf ein anderes Flugzeug über.
Viele der »Landshut«-Opfer steigen in gar kein Flugzeug mehr, ob es nun »Landshut« heißt oder anders. Und selbst wenn sie es tun, krempeln sie doch ihr Leben vollständig um. Alle Stewardessen des entführten »Landshut«-Fluges, die Chefstewardess Hannelore Piegler und die Kolleginnen Gabriele Dillmann und Anna-Maria Staringer, hängen ihren Beruf an den Nagel. Hannelore Piegler geht zurück in ihren Heimatort Graz, wo sie ihren Freund heiratet und eine Arbeitsstelle bei der Steierischen Landesregierung antritt. Gabriele Dillmann heiratet ihren Freund Rüdeger von Lutzau und bringt einen Sohn zur Welt. Anna-Maria Staringer arbeitet weiter bei der Lufthansa, allerdings am Boden. Im Unterschied
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