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Die Ueberlebenden von Mogadischu

Titel: Die Ueberlebenden von Mogadischu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Rupps
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Bastiaans’ Credo, muss sofort therapeutisch betreut werden, sei es im Rahmen einer Familientherapie, einer Gruppentherapie oder einer individuellen Therapie.
      180 Jan Bastiaans und seine therapeutische Arbeit mit Geiselopfern waren im politischen Bonn offensichtlich nicht bekannt. Dabei hatte sich sein guter Ruf schon in anderen Ländern verbreitet. Nach der Befreiungsaktion von Mogadischu fragte ein Schweizer Radiojournalist beim Bundespresseamt und bei den Pressestellen des Bonner Innenministeriums und des Verkehrsministeriums an, ob die befreiten Geiseln eine psychologische Betreuung nach holländischem Muster – monatelange psychologische Überwachung und Betreuung – erfahren würden.
    Der Journalist wurde von sämtlichen Behörden an die Pressestelle der Deutschen Lufthansa verwiesen.

181 Mechanismen des Terrors
    Die »Landshut«-Geiseln erhalten mit den Seminaren in Aachen und Damp 2000 therapeutische Hilfe. Die Reihenuntersuchungen an ihnen hatten schon vorher begonnen und gehen nach Damp 2000 weiter. Am 17.   September 1979 bittet Andreas Ploeger die Betroffenen um eventuell vorhandene Zeitungsausschnitte, Tonbänder oder publiziertes Bildmaterial aus Illustrierten über die Entführung. Ein Mitarbeiter seiner Abteilung untersuche die Frage, inwiefern die im Zusammenhang mit der Entführung erfolgte Berichterstattung durch Fernsehen, Presse und Rundfunk im Nachhinein zusätzliche Kränkungen und Traumatisierungen für die Opfer bedeutet habe. Andreas Ploeger prägt für posttraumatische Ereignisse nach dem traumatischen Ereignis, etwa für eine unangenehme Erfahrung mit Journalisten, den Begriff der »sekundären Traumatisierung«.
    Nicht Andreas Ploeger, sondern Wolfgang Salewski legt als Erster Erkenntnisse aus »Mogadischu« der Öffentlichkeit vor. Sein Buch Die neue Gewalt , gemeinsam mit dem Journalisten Peter Lanz geschrieben, erscheint im Folgejahr des Deutschen Herbstes. Zunächst geht es nicht um die befreiten Geiseln, sondern um die Befreiungsaktion. Die Erstürmung des Lufthansa-Flugzeuges habe zwar den Geiseln die Freiheit gebracht und sei somit als Lösung des speziellen Falles zu begrüßen, »im Gesamtbild des Terrorismus jedoch führt jede Aktion von Gegengewalt nur zu weiteren Gewalttaten«. Daraus folge, »dass wir uns in Zukunft nicht die Wahl der Mittel von den Gewalttätern vorschreiben lassen dürfen«. Wolfgang Salewski sieht in der Entscheidung der Bundesregierung kein Patentrezept, um der neuen Gewalt zu begegnen, sondern eine von mehreren Handlungsmöglichkeiten. Der Autor persönlich präferiert, wo es möglich ist, einen »gewaltarmen« Weg.
    Zu den Ergebnissen »umfangreicher Untersuchungen von Flugzeugentführungen«, die Salewski mit seinen Mitarbeitern durch 182 führte, gehört die Erkenntnis, dass der Ablauf einer Flugzeugentführung in jedem Einzelfall ähnlich und damit typisch ist.
    Anfangs haben die Geiselnehmer mindestens ebenso viel Angst wie ihre Geiseln, oft sogar mehr. Das mache die Täter übernervös und erhöhe die Gefahr von Kurzschlussreaktionen. Was heißt das für die Geiselnehmer? »Es wäre verfehlt, einem bewaffneten Entführer Widerstand leisten zu wollen. [. . . ] Es bedarf einer ruhigen und überlegten Handlung vonseiten der Betroffenen. [. . . ] Eine aktive Einflussnahme von außen wäre in dieser Phase völlig falsch.«
    Auch wenn die Geisel die Rolle der Bedrohten innehat, muss sie die Situation stabilisieren, indem sie die Geiselnehmer stabilisiert. »Dem Täter geben wir Sicherheit, indem wir ihn so behandeln, wie er es erwartet.« Das darf allerdings nicht zu Anbiederung führen. »Der Gewalttäter erwartet keine Freunde in einem gekaperten Flugzeug [. . . ].« Bei Anbiederung könnte er sich verhöhnt fühlen und aggressiv reagieren.
    In einer folgenden, »ruhigeren« Phase der Entführung wollen Geiselnehmer ihr Handeln plausibel machen. Auch der Terroristenführer in der »Landshut« hielt zwei Vorträge über die Unterdrückung des palästinensischen Volkes. Wenn sich Geiseln jetzt auf eine politische Diskussion einlassen, riskieren sie eine Eskalation. Die Entführer unternehmen die Aktion nicht, um politische Debatten zu führen.
    Im weiteren Verlauf bauen Geiselnehmer und Geiseln ein menschliches Verhältnis zueinander auf. Die Entführer würden, so Wolfgang Salewski, von einem Zwang zum Kontakt mit ihren Opfern getrieben, den sie lange niederkämpfen, aber dem sie im Laufe der Ereignisse wenigsten zeitweise nachgeben. »Die

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