Die Ueberlebenden von Mogadischu
ich vergeben muss, auch da, wo es besonders schwerfällt«, sagt sie in der Dokumentation Späte Rache für Mogadischu ? Die »Landshut«-Entführerin vor Gericht über die Begegnung. »Menschen, die vergeben können, leben leichter, weil ihre innere Starrheit weicher geworden ist.« Sie macht keinen Hehl daraus, dass sie noch immer unter dem Trauma der Entführung leidet. Von dem Gespräch erhofft sie sich, dass ihre »Beeinträchtigungen der Vergangenheit angehören«, wenn sie ihre Entführerin von damals »noch einmal gesprochen, getroffen« hat und ihr »vielleicht vergeben konnte«.
Das Treffen zwischen Brigitte Pittelkow und Souhaila Andrawes ist hoch emotional. Souhaila Andrawes weint, als Brigitte Pittelkow auf sie zukommt. Brigitte Pittelkow fühlt sich, als sie die Stimme von Souhaila Andrawes hört, wieder in die entführte »Landshut« zurückversetzt.
Brigitte Pittelkow erinnert sich gut daran, dass sie von Souhaila Andrawes mit Pistole und Handgranate bedroht worden ist. Sie sei, so Brigitte Pittelkow, »schnell aggressiv« geworden. Souhaila Andrawes spricht als gläubige Christin mit der gläubigen Christin Brigitte Pittelkow: »Fragen Sie sich nicht, weshalb jemand, die Nonne werden wollte, Soldat werden konnte? Die Idee war genau dieselbe: Jesus opferte sein Leben für uns, und ich spürte, es würde ihm gefallen, wenn ich mein Leben meinem Volk gebe.«
Die frühere Geisel nimmt ihre frühere Entführerin gegen Ende des Treffens zwar nicht in den Arm, jedenfalls vor der Kamera nicht, doch sie greift nach der Hand von Souhaila Andrawes, die daraufhin den Kopf in einer Demutsgeste senkt und zu schluchzen beginnt.
230 Bei Brigitte Pittelkow stellt sich die erhoffte Wirkung ein. Sie erlebt seither keine Angstzustände mehr.
Eine »kalte Begegnung«, wie Thomas Scheuer im August 1995 im Focus schreiben wird, gibt es dagegen zwischen Monika Schumann, der Witwe des in Aden erschossenen Piloten, und Souhaila Andrawes. Im Spiegel -Gespräch von 1995 hatte Letztere die Erschießungs-Szene und ihre Rolle dabei wie folgt dargestellt: »Es war schrecklich. Er hatte große grüne Augen. Ich schaute mir seine Augen an. Ich erinnere mich an seine Augen und an den schrecklichen Moment. Mahmud forderte uns auf, ihn zu erschießen, aber wir drei anderen weigerten uns. Wir versuchten, ihn daran zu hindern, den Kapitän zu töten – aber das war nicht möglich.«
Ort des Treffens ist Oslo, Hotel »Rica Victoria«, Zimmer 903. Monika Schumann besteht auf der Teilnahme einer dritten Person, die zwischen ihnen sitzen soll. Es ist Barry Davies, einer der beiden Mitglieder des britischen Special Air Service ( SAS ), die an der »Aktion Feuerzauber« in Mogadischu teilgenommen haben. Barry Davies hat ein Buch über seinen Einsatz in Mogadischu geschrieben, es ist in einem englischen Verlag erschienen.
Laut Focus -Beitrag ging die Initiative zu dem Gespräch zwischen Monika Schumann und Souhaila Andrawes von Barry Davies aus. Er habe Monika Schumann das Angebot gemacht, ein solches Gespräch zu vermitteln, und sie habe das Angebot angenommen. An diesem Augusttag 1995 will sie wissen: »Was ist das für ein Mensch? Wie fühlt dieser Mensch heute?« Und sie möchte bislang unbekannte Details über die letzten Stunden ihres Mannes erfahren.
Als Gast in der Talkshow von Reinhold Beckmann – Anlass ist die bevorstehende Ausstrahlung eines neuen »Mogadischu«-Spielfilms sowie einer Dokumentation zum Thema im Jahr 2008 – gibt sie weitere Motive ihrer Entscheidung preis. Es habe sie fürchterlich erregt, dass Souhaila Andrawes »immer so die Bittende war«. Sie habe gedacht, dass diese Frau, die den imperialistischen Westen so verdammt habe, in dem sie jetzt lebe und von dem sie unter 231 stützt werde, sich bei den Geiseln, die sie so malträtiert hat, entschuldigt.
Das Gespräch beginnt kühl und bleibt es. Souhaila Andrawes streckt Monika Schumann die Hand entgegen, Monika Schumann erwidert die Geste nicht.
Souhaila Andrawes: »Wollen Sie mir nicht die Hand geben?«
Monika Schumann: »Lieber nicht.«
Souhaila Andrawes: »Nach all diesen Jahren, in denen wir uns mit den Israelis die Hände reichen, die unser Land entführt haben, kann es für Sie doch nicht so schwierig sein, jemandem die Hand zu geben, der versucht hat, den Mord an Ihrem Mann zu verhindern.«
Monika Schumann scheint mit einer klaren Haltung in das Gespräch zu gehen: »Ich denke nicht, dass ich vergeben kann, was Sie getan haben«, sagt
Weitere Kostenlose Bücher