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Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Titel: Die Unbekannten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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Haus kam, bevor er zur Tat schritt. Falls der Mistkerl es wagte, seinen Schlüssel zu benutzen, um ins Haus zu gelangen, würde Henry vorbereitet sein.
    Das Gebilde unter der Bettdecke sah aus, als schliefe dort jemand.
    Falls der Peiniger das Zimmer betrat, das Licht einschaltete und das Feuer auf den unechten Henry eröffnete, würde der echte Henry das Feuer aus dem Kleiderschrank heraus erwidern und ihn töten.
    Während er im Dunkeln saß, rief sich Henry den Umriss ins Gedächtnis zurück, der im Bett unter der Decke lag. Er konnte ihn in seiner Erinnerung deutlich vor sich sehen.
    Ein echter Mann im Bett hätte denselben Umriss gehabt wie die Attrappe aus Kissen und zusammengerollten Decken. Er hätte genauso ausgesehen.
    Er wusste, dass der Schläfer aus nichts anderem als Kissen und Decken bestand, da er ihn selbst dort arrangiert hatte. Er wusste es. Nichts als Kissen und Decken.
    Henry lauschte, um zu hören, wie eine ferne Tür geöffnet wurde. Er lauschte, um die verstohlenen Schritte eines Eindringlings zu hören. Er lauschte gebannt auf das Geräusch der Bettfedern, die sich anpassten, wenn jemand sein Gewicht verlagerte.
    Nichts. Nichts. Nichts. Noch nicht.

28
    Für Cammy Rivers war die schlagartige Erkenntnis, wie es um die Hände der Geschöpfe stand, einer dieser Momente, in denen sich der Kleiderschrank nach Narnia öffnet oder Toto in den Tornado gerät, ein Moment, in dem sich plötzlich erwies, dass die Welt, die man ein Leben lang gekannt hatte, an eine andere Realität grenzte, die gleich nebenan war – und schon immer dort gewesen war, eine Tür weiter, nur einen Windstoß entfernt.
    Das Geschöpf mit der gelben Plüschente fand den Druckpunkt, der das Spielzeug sprechen ließ: Quak, quak.
    Sofort antwortete sein Gefährte mit dem lila Karnickel: Quiek, quiek, quiek.
    Die Vorfreude ließ Merlin hecheln. Er stand unschlüssig da und blickte von einem seiner neuen Freunde zum anderen, bereit, sich ins Getümmel zu stürzen, sowie es losging.
    Quak. Quiek, quiek. Quak, quak. Quiek.
    Über weite Strecken ihrer Kindheit hatte sich Cammy verzweifelt einen magischen Moment gewünscht, eine Woge der Veränderung, die fortspülte, was war, und im Handumdrehen all das ermöglichte, was unmöglich schien. Diese Hoffnung hatte sie längst aufgegeben, denn schon lange, bevor ihre brutale Kindheit geendet hatte, war sie alt und ohne Träume gewesen, doch jetzt stand sie dicht vor einem Ereignis, das so folgenschwer und von einer
solchen Tragweite sein konnte, dass es in seiner Macht zu stehen schien, ihre Vergangenheit in eine neue Perspektive zu rücken, die Erinnerung an ihr Leid abzuschwächen und eine Tür zu öffnen, durch die sie gehen konnte, um sofort verwandelt zu sein.
    Quiek. Quak. Quiek. Quak, quak, quak.
    Das Wort Verwunderung reichte nicht aus, um das Gefühl zu beschreiben – sowohl die Emotion als auch die Empfindung –, das sie mit jedem Moment stärker durchströmte. Das richtige Wort entzog sich ihr nicht mehr. Sie fürchtete jedoch, wenn sie es ausspräche, sogar nur sich selbst gegenüber, würde es ihr Unglück bringen und wäre eine Garantie dafür, dass sich das, was so folgenschwer zu sein schien, als etwas Banales erwies.
    Quiek, quiek. Quak. Quiek, quiek. Quak.
    Cammy setzte sich wieder auf den Fußschemel und war weiterhin von den Händen der Tiere fasziniert, die auf die Quietschspielzeuge drückten. »Nein, nicht wie Affen. Es gibt mehr als hundert Affenarten, manche mit Händen anstelle von Pfoten, aber nicht alle. Und die mit Händen haben nicht immer Daumen.«
    Grady stand von der Lehne des Sessels hinter Cammy auf und kniete sich neben den Schemel, auf dem sie saß. »Diese Typen haben Daumen.«
    »Oh ja. Ja, klar haben sie die. Und manche Affen haben Daumen, die ihnen dabei helfen, Dinge zu halten. Aber nur Kapuzineraffen und ein oder vielleicht zwei andere Arten können Gegenstände zwischen Daumen und Zeigefinger halten.«
    Quiek. Quak. Quiek, quiek. Quak, quak.
    Eines der Tiere stieß leise, glucksende Laute aus, die Freude auszudrücken schienen, und es wirkte, als grinsten sie einander an.
    Merlin machte den Boden zu Kesselpauken, als er aus dem Zimmer stürmte.
    »Unter den Affen können nur die Kapuzineräffchen und die Meerkatzen – ja, die könnten es vielleicht sein – den Daumen so abwinkeln, dass sie damit einen oder zwei der anderen Finger berühren.«
    »Eins, zwei, drei, vier«, zählte Grady, während er mit seinem rechten Daumen nacheinander die

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