Die unbeugsame Braut
Anschließend flüchtete ich nackt, nur in eine Decke gehüllt, aus Kimbolton.«
»Dieser elende Schuft!« Entsetzt über Francis, rückte John näher zu ihr und legte den Arm um sie.
»Mein Kutscher brachte mich nach Suffolk zu Louisa. Ein paar Wochen später traf Mutter mit der schrecklichen Nachricht von Francis’ Tod ein. Ich litt unter großen Schuldgefühlen wegen der Verletzungen, die ich ihm zufügte und die zu seinem Tod führten.«
»Die Verletzung, an der er starb, zog er sich im Bett seiner Hure Molly Hill zu«, stieß John zähneknirschend hervor.
»Ich hasste ihn noch mehr, als Louisa mir gestand, dass Francis ihr dasselbe angetan hatte. Aber niemals habe ich ihm den Tod gewünscht.«
Dieser niederträchtige Schurke brüstete sich damit, er hätte Louisa ins Bett gekriegt, freiwillig.
»Als Mutter darauf bestand, ich müsse um Francis trauern, hielt ich den Mund und trug Schwarz. Es hatte den Vorteil, dass sie mich nicht gleich wieder auf dem Heiratsmarkt feilbieten konnte.«
Georgina fing leise zu weinen an, und John nahm sie in die Arme und wiegte sie zärtlich. »Pst, Liebling, pst! Er ist deine Tränen nicht wert.«
»Als wir heirateten, wusste ich, dass du deinen Bruder ehrlich betrauerst,
und ich tat so, als würde ich das ebenfalls tun. Es war falsch von mir, dich so zu belügen.«
John lachte leise. »Und ich war rasend eifersüchtig wegen deiner angeblichen Liebe zu Francis. Ich kämpfte dagegen an – vergeblich, wie sich zeigte.«
»Der Einzige, den ich liebte – jemals geliebt habe -, das warst du.«
Johns Herz schlug schneller vor Freude. Hoffentlich war es auch die Wahrheit!
»Als du in Paris um mich angehalten hast, war ich außer mir vor Glück. Ich hatte mir nämlich geschworen, nie einen Mann zu heiraten, der mich nicht liebt. Ich glaubte fest daran bis zum Tag unserer Hochzeit. Da kam Susan zu mir und ließ eine Bombe platzen. Du hättest mich nur aus reinem Pflichtgefühl geheiratet, um meinen Ruf zu retten und damit ich den Titel bekäme, den Francis mir versprochen hatte. In diesem Augenblick brach eine Welt für mich zusammen. Meine Träume, mein Glück – alles war dahin.«
John kniete vor ihr nieder und nahm ihre Hände. »Ich wusste, dass Susan etwas Schlimmes gesagt haben muss – etwas, das dich zutiefst getroffen hat. Aber es stimmt nicht, das schwöre ich dir, Georgy. Es war nicht Pflichtgefühl, das mich zu meinem Antrag bewog. Ich bat dich, meine Frau zu werden, weil ich dich liebte. Noch ehe ich das Recht dazu hatte, war ich dir bereits verfallen.«
In ihr Gesicht trat ein Leuchten. »Wirklich, John?«
»Ich schwöre es bei meinem Leben. Mein Freund Holland las mir einen Brief seiner Frau aus Paris vor. Sie schrieb, Eugène Beauharnais sei völlig vernarrt in dich, und deine Muter spinne bereits mit Feuereifer Fäden, um Napoleons Stiefsohn zu umgarnen. Da geriet ich in Panik. Ich musste schleunigst nach Paris, bevor dich ein anderer wegschnappte.«
Georginas Augen wurden feucht. Eine Träne rann über ihre Wange hinunter.
»Liebling, nicht weinen. Du hast schon genug Tränen vergossen.«
»Es sind Glückstränen, John.« Sie schlang die Arme um seinen Nacken und hob ihre Lippen seinem Mund entgegen.
Er suchte ihren Blick. »Fühlst du dich wohl? Schmerzt dein Kopf noch?«
»Nicht am Hinterkopf, wo die Beule sitzt.« Sie strich über ihre Stirn. »Ich habe leichte Kopfschmerzen.«
»Das macht die Gehirnerschütterung. Du solltest ruhen, aber nicht richtig einschlafen, damit du mir nicht wieder ins Koma fällst.«
Eng umschlungen saßen sie auf der Fensterbank und genossen still ihre neu gewonnene vertraute Zweisamkeit.
Am Abend brachte ihnen Burke das Dinner nach oben, und sie schauten beim Essen verträumt in den Sonnenuntergang. Als der Mond strahlend am dunklen Himmel aufging, trug John seine Frau zu Bett und lehnte sie in die Kissen.
Georgina zog den Unterrock aus und warf ihn von sich. »Ich möchte nichts zwischen uns, heute nicht. Niemals wieder!«
John zog sich ebenfalls aus, glitt unter die Decke und nahm Georgina in die Arme. »Liebling, ich habe niemals mit dir über meine erste Ehe gesprochen, weil sie schrecklich unglücklich und eine reine Katastrophe war. Elizabeth war immer schon melancholisch, doch nach Johnnys Geburt stellten sich so schwere Depressionen ein, dass unser aller Leben dadurch vergiftet wurde. Sie tat nichts, außer in einem verdunkelten Raum zu liegen und sich ihren bösen Vorahnungen hinzugeben –
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