Die Unbezähmbare
nachdem sie ihren Arbeitstag beendet hatten, hatte seine Staffelei aufgestellt und sie gebeten, ihm Modell zu sitzen.
“Ich nehme jetzt erst einmal eine Dusche”, verkündete sie. “Wir sehen uns beim Abendessen.”
Tariq blickte auf. Plötzlich war heiße Begierde in seinem Blick, doch im nächsten Moment hatte er sich wieder unter Kontrolle. Jasmine atmete erleichtert auf. Sein Verlangen nach ihr war also so stark wie immer. Er hatte lediglich beschlossen, es vor ihr zu verbergen. Ihr wurde fast schwindlig vor Erleichterung. Sie ließ ihn keineswegs kalt.
Ich muss versuchen, ihn zu verführen, sagte sie sich, als sie später vor ihrer Frisierkommode saß, und plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Vielleicht glaubte Tariq ja, dass sie ihn nicht im selben Maß begehrte wie er sie? Sein Verlangen nach ihr war offensichtlich gewesen, jedenfalls bis er beschlossen hatte, es vor ihr zu verheimlichen. Selbst wenn er noch so wütend war, liebte Tariq sie immer, bis sie vor Lust aufschrie. Nachdenklich trommelte sie mit den Fingern auf die Kommode. Sie hatte ihm nach seiner Rückkehr zunächst widerstanden, aber nur, weil sie schrecklich verletzt gewesen war. Und selbst dann hätte er sie verführen können, wenn er beharrlicher gewesen wäre …
Aber das wusste er nicht. Ihm musste es so erscheinen, als sei ihr Verlangen nach ihm nur ein schwacher Abklatsch der Begierde, die er für sie empfand. Für einen Mann wie ihn musste das ein schwerer Schlag gegen seinen männlichen Stolz sein. Mehr noch, es war ganz bestimmt verletzend. Er weigerte sich zwar hartnäckig, an Jasmines Liebe zu glauben, doch ihre Leidenschaft hatte er als echt und nicht vorgetäuscht hingenommen. Wie wäre es wohl für sie, wenn sie eines Tages das Gefühl hätte, Tariq begehre sie nicht mit derselben Leidenschaft wie sie ihn?
“Um Himmels willen”, sagte sie laut zu ihrem Spiegelbild. “Ich muss ihn davon überzeugen, dass ich ihn will. Sonst zieht er sich weiter zurück, bis ich nichts mehr habe, worauf ich bauen kann, nicht einmal unsere Leidenschaft.” Doch der Gedanke, ihren Mann zu verführen, machte ihr fast Angst. Er neigte dazu, stets die Kontrolle an sich zu reißen, und seine Fähigkeiten in der Hinsicht waren beeindruckend. Und empörend. Wenn sie die Kontrolle verlor, dann sollte er das auch tun.
“Hm. Ich bitte um Vorschläge”, sagte sie zum Spiegel.
“Sprichst du immer laut mit dir selbst?”
Jasmine fuhr herum. Tariq lehnte in der Tür.
“Es ist gut für die Nerven”, wich sie aus und wollte den Gürtel ihres Bademantels enger binden. Da bemerkte sie, wie Tariq sie unter halb gesenkten Lidern anstarrte. Fast wäre ihr das entgangen. Rasch ließ sie den Gürtel los, nahm das Rougedöschen und wandte sich wieder ihrem Spiegelbild zu.
Als sie sich vorbeugte, war sie sich genau der Tatsache bewusst, dass sie ihm eine verführerische Aussicht auf den Ansatz ihrer Brüste bot. Jedenfalls hoffte sie, dass sie verführerisch war. Wenn er weiterhin in der Tür stehen bleiben würde, weil er sie nicht mehr so begehrenswert fand wie am Anfang, dann wäre alles verloren.
“Ach was”, murmelte sie vor sich hin. Tariqs Feuer war von der Art, das niemals erlosch. Genau das machte ihn ja so begehrenswert.
“Was ist?” Er trat hinter sie, die Hände in den Hosentaschen. Meistens kleidete er sich traditionell, doch manchmal auch westlich. Wie heute Abend. Die konservativ schlichte Kleidung brachte seine männliche Schönheit besonders zur Geltung.
Jasmine verspürte ein Prickeln im Nacken. Seine Nähe machte sie fast verrückt. Der Impuls, sich zurückzulehnen und den Kopf an seinen muskulösen Bauch zu schmiegen war so stark, dass sie all ihre Willenskraft aufbieten musste, um sich unter Kontrolle zu halten. Wenn sie jetzt nachgab, dann würde dieser Mann, schön, arrogant und sexy wie er war, sie einmal mehr in Ekstase versetzen und selbst dabei die Kontrolle behalten.
Der Gedanke gab ihr Kraft, an ihrem Plan festzuhalten. Sie beugte sich noch ein Stück weiter vor. Tapfer kämpfte sie gegen ihre Angst zu versagen an und schlug scheinbar unbewusst die Beine übereinander. Wie erhofft fiel dabei ihr Mantel auseinander und enthüllte praktisch völlig ihre Beine. Eigentlich war sie schon so gut wie nackt.
“Ach, ich habe mir gerade überlegt, was in letzter Zeit so an Mode auf den Laufstegen zu sehen war.” Sie machte eine wegwerfende Handbewegung, legte das Rouge beiseite und griff zum Lippenstift. Der
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