Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die UnderDocks

Die UnderDocks

Titel: Die UnderDocks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlueter
Vom Netzwerk:
Aber hier ist’s richtig!« Entschlossen ging sie weiter.
    Leon schaute Kevin verblüfft an. Der gab ihm einen Stups gegen die Schulter: Er sollte Tanja folgen.
    »Das Verrückte an Tanja ist, sie kann zwar links und rechts nicht unterscheiden«, erklärte er, »aber sie hat einen absolut verlässlichen Orientierungssinn.«
    Da Leon ohnehin nicht gewusst hätte, in welche Richtung sie gehen sollten, folgte er bereitwillig Tanja und Kevin. Hauptsache, sie verschwanden endlich aus diesem Raum.
    Der Flur führte etliche Meter durch einen fensterund türlosen Gang. Fast wie ein Kanal, den man trockengelegt hatte, kam Leon in den Sinn.
    Um ein Gespür für die räumlichen Verhältnisse, die Größe und die Entfernungen zu bekommen, zählte Leon in Gedanken seine Schritte mit. Als er bei etwa hundertfünfzig war, zweigten zu beiden Seiten kleinere Gänge ab, jeder nur etwa fünf Meter lang, die jeweils an einer Stahltür endeten.
    Leon fluchte innerlich. Wenn die Türen verschlossenwaren, steckten sie in einer Sackgasse. Aber Tanja ging einfach auf eine der Türen zu und sie öffnete sich automatisch. Leon stutzte. Er konnte nicht glauben, dass diese Tür weder verschlossen noch gesichert war. Doch schon im nächsten Moment ahnte er, weshalb: Der Weg durch die Tür führte direkt zu einem breiten Abwasserkanal.
    »Voilà!«, sagte Tanja und breitete einladend die Arme aus, als wollte sie sagen: Hereinspaziert, hier liegt unsere Rettung.
    Nur gab es nichts, wo man hätte hinspazieren können. Zwischen Tür und Wasser befand sich nur ein handbreiter Vorsprung, den man unmöglich entlangbalancieren konnte. Vermutlich war dieser Zugang nur mit einem Boot erreichbar. Leon wusste zwar, dass Hamburg eine Stadt war, die von so vielen Fleeten, Kanälen und Flüsschen durchzogen war, dass sie europaweit die meisten Brücken aufzuweisen hatte, mehr als Venedig, Amsterdam und London zusammen. Aber dass diese Kanäle auch unterirdisch existierten und befahren werden konnten, war ihm neu. Jetzt jedenfalls wartete hier kein Boot auf sie, mit anderen Worten, sie kamen nicht weiter.
    »Toller Orientierungssinn«, moserte er. »Und nun?«
    »Das weiß ich doch nicht!«, beschwerte sich Tanja. »Ich weiß nur, dass es hier rausgeht.«
    »Ach ja?«, hakte Leon skeptisch nach. »Und wohin?«
    Tanja zeigte nach links. »Dort rechts geht es in den Oberhafen!«
    »Ha!«, stieß Leon aus. »Das kannst du niemals wissen. Außerdem zeigst du nach links!«
    »Ist doch egal«, erwiderte Tanja. »Auf jeden Fall führt der Kanal in den Oberhafen und damit in die Freiheit.«
    »Woher willst du das wissen?«, setzte Leon nach.
    »Weil ich es weiß .«
    Zu einer weiteren Diskussion kam es nicht. Denn plötzlich hörten sie Schritte.
    »Pst!«, machte Kevin. »Da kommt jemand!« Er schlich zurück zum Hauptgang, spähte um die Ecke und sah zwei Männer in weißen Overalls. Sie kamen direkt auf sie zu. »Verdammt, wir müssen weg!«, zischte er Tanja und Leon zu.
    »Leichter gesagt, als getan«, bemerkte Tanja und deutete dabei auf den Kanal, den einzig denkbaren Ausweg. Genau von dort aber glitt fast lautlos ein elektrobetriebenes Luftkissenboot heran. Zwei Strahler an der Bugseite leuchteten dem Boot den Weg.
    Es wurde eng für die drei!
    »Ab ins Wasser!«, zischte Kevin Leon und Tanja zu.
    »Was?«, fragte Leon. Er war sich nicht sicher, ob er sich verhört oder Kevins Vorschlag nur nicht richtig begriffen hatte. Auch Tanja schaute ihren Bruder entsetzt an.
    »Ab ins Wasser!«, wiederholte Kevin. Sein Tonfall und sein Gesichtsausdruck ließen keinen Zweifel zu. »Unsere einzige Chance! Abtauchen und hinter dem Boot verstecken, wenn es angelegt hat.«
    »Ab-tau-chen?« Tanjas Augen weiteten sich. »Dir ist klar, dass das da kein sauberes Wasser ist?«
    Leon verzog das Gesicht bei der Vorstellung, in die stinkende Brühe steigen zu müssen. Doch er sah ein, dass ihnen keine andere Wahl blieb.
    »Hey, das ist ein Mischkanal. Halb Abwasser, halb Regenwasser. Deshalb stinkt es auch nicht so sehr«, redete Kevin Tanja zu.
    »Na toll!«, bemerkte Tanja schnippisch.
    Das Boot hatte fast die Anlegestelle erreicht. Und von der anderen Seite mussten jede Sekunde die beiden Männer um die Ecke kommen.
    »Also los!«, drängte jetzt auch Leon.
    »O Mann!«, stöhnte Tanja mit angewidertem Gesicht. Doch im nächsten Moment packte Kevin seine Schwester am Arm und stieß sie über die Kante. Mit einem kurzen, schrillen Schrei landete Tanja im Wasser. Kevin schloss die

Weitere Kostenlose Bücher