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Die unendliche Geschichte

Die unendliche Geschichte

Titel: Die unendliche Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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alte Frauen und Männer und ganz kleine Kinder, die ihn neugierig anstarrten. Er stampfte ungeduldig mit den Hufen.
    »Wo sind die Jäger und Jägerinnen?« schnaubte er, nahm den Hut ab und trocknete sich die Stirn.
    Eine weißhaarige Frau mit einem Baby auf dem Arm antwortete: »Sie sind alle auf der Jagd. Sie werden erst in drei oder vier Tagen zurückkommen.«
    »Ist Atréju auch mit ihnen?« fragte der Zentaur.
    »Ja, Fremdling, aber woher kennst du ihn?«
    »Ich kenne ihn nicht. Holt ihn her!«
    »Fremdling«, antwortete ein alter Mann mit Krücken, »er wird ungern kommen, denn heute ist seine Jagd. Sie beginnt mit Sonnenuntergang. Weißt du, was das bedeutet?« Caíron schüttelte seine Mähne und stampfte mit den Hufen.
    »Ich weiß es nicht, und es spielt auch keine Rolle, denn er hat jetzt Wichtigeres zu tun. Ihr kennt dieses Zeichen, das ich trage. Also holt ihn her!«
    »Wir sehen das Kleinod«, sagte ein junges Mädchen, »und wir wissen, daß du von der Kindlichen Kaiserin kommst. Aber wer bist du?«
    »Ich heiße Caíron«, brummte der Zentaur, »der Arzt Caíron, falls euch das was sagt.« Eine gebückte alte Frau drängte sich vor und rief:
    »Ja, es ist wahr. Ich erkenne ihn wieder. Ich habe ihn schon einmal gesehen, als ich noch jung war. Er ist der berühmteste und größte Arzt in ganz Phantasien!«
    Der Zentaur nickte ihr zu. »Danke, Frau«, sagte er, »und jetzt ist vielleicht jemand von euch so freundlich, endlich diesen Atréju zu holen. Es ist dringend. Das Leben der Kindlichen Kaiserin steht auf dem Spiel.«
    »Ich werde es tun!« rief ein kleines Mädchen, das vielleicht fünf, sechs Jahre alt war. Es lief fort, und wenige Sekunden später sah man es zwischen den Zelten auf einem ungesattelten Pferd davongaloppieren.
    »Na endlich!« brummte Caíron. Und dann brach er bewußtlos zusammen.
    Als er wieder zu sich kam, wußte er zunächst nicht, wo er war, denn es war dunkel um ihn. Erst nach und nach erkannte er, daß er sich in einem geräumigen Zelt befand und auf weichen Felldecken lag. Es schien Nacht zu sein, durch einen Spalt am Türvorhang drang der flackernde Schein von Feuer.
    »Heiliger Hufnagel!« murmelte er, während er versuchte sich aufzurichten, »wie lang liege ich denn hier schon so?«
    Ein Kopf guckte durch den Türvorhang herein, wurde wieder zurückgezogen, und jemand sagte: »Ja, er scheint aufgewacht zu sein.«
    Dann wurde der Türvorhang beiseite gezogen, und ein Junge von etwa zehn Jahren trat herein. Er trug lange Hosen und Schuhe aus weichem Büffelleder. Sein Oberkörper war nackt, nur um die Schultern hing ein purpurroter Mantel, offenbar aus Büffelhaar gewebt, bis zum Boden herab. Sein langes, blauschwarzes Haar war am Hinterkopf mit Lederschnüren zu einem Schöpf zusammengebunden. Auf die olivgrüne Haut seiner Stirn und Wangen waren mit weißer Farbe einige einfache Ornamente gemalt. Seine dunklen Augen funkelten den Eindringling zornig an, sonst aber war seinen Zügen keine Gemütsbewegung anzumerken. »Was willst du von mir, Fremdling?« fragte er, »warum bist du in mein Zelt gekommen? Und warum hast du mir meine Jagd genommen? Wenn ich heute den großen Büffel getötet hätte und mein Pfeil lag schon auf der Sehne, als man mich rief -, dann wäre ich morgen ein Jäger gewesen. Nun muß ich ein ganzes Jahr warten. Warum?«
    Der alte Zentaur starrte ihn fassungslos an.
    »Soll das etwa heißen«, fragte er schließlich, »daß du dieser Atréju bist?«
    »Ja, Fremdling.«
    »Gibt es da nicht vielleicht noch einen anderen, einen erwachsenen Mann, einen erfahrenen Jäger dieses Namens?«
    »Nein, Atréju bin ich und kein anderer.«
    Der alte Caíron ließ sich auf das Lager zurücksinken und keuchte:
    »Ein Kind! Ein kleiner Junge! Wahrhaftig, die Entscheidungen der Kindlichen Kaiserin sind schwer zu begreifen.«
    Atréju schwieg und wartete unbewegt ab.
    »Verzeih mir, Atréju«, sagte Caíron, der seine Erregung nur mit Mühe beherrschen konnte, »ich hatte nicht die Absicht, dich zu kränken, aber es kam einfach zu überraschend für mich. Ehrlich gesagt, ich bin außer mir! Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll! Ich frage mich ernstlich, ob die Kindliche Kaiserin wirklich wußte, was sie tat, als sie ein Kind wie dich erwählte. Das ist hellichter Wahnsinn! Und wenn sie’s mit voller Absicht tat, dann… dann…« Er schüttelte heftig den Kopf und stieß hervor:»Nein! Nein! Wenn ich gewußt hätte, zu wem sie mich schickt, dann hätte ich mich

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