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Die unendliche Geschichte

Die unendliche Geschichte

Titel: Die unendliche Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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einfach geweigert, dir ihren Auftrag zu überbringen. Ich hätte mich geweigert!«
    »Welchen Auftrag?« fragte Atréju.
    »Es ist eine Ungeheuerlichkeit!« rief Caíron, den sein Unwille nun doch hinriß. »Ihren Auftrag zu erfüllen wäre selbst für den größten und erfahrensten Helden wahrscheinlich ein Ding der Unmöglichkeit, aber für dich… Sie schickt dich auf eine Suche ins Ungewisse nach etwas, das niemand kennt. Niemand kann dir helfen, niemand kann dir raten, niemand kann absehen, was dir begegnen wird. Und doch mußt du dich sofort entscheiden, jetzt gleich, auf der Stelle, ob du den Auftrag annimmst oder nicht. Es ist kein Augenblick mehr zu verlieren. Ich bin zehn Tage und Nächte fast ohne Pause galoppiert, um dich zu erreichen. Aber jetzt jetzt wünschte ich fast, ich wäre hier nie angekommen. Ich bin sehr alt, ich bin am Ende meiner Kräfte. Gib mir einen Schluck Wasser, bitte!«
    Atréju holte einen Krug frisches Quellwasser. Der Zentaur trank in langen Zügen, dann wischte er sich den Bart und sagte etwas ruhiger:
    »Ah, danke, das tut gut! Jetzt geht mir’s schon besser. Hör zu, Atréju, du brauchst diesen Auftrag nicht anzunehmen. Die Kindliche Kaiserin überläßt es dir. Sie befiehlt dir nichts. Ich werde es ihr erklären, und sie wird einen anderen finden. Sie kann nicht gewußt haben, daß du ein kleiner Junge bist. Sie hat dich verwechselt, das ist die einzige Erklärung.« »Worin besteht der Auftrag?« wollte Atréju wissen.
    »Das Heilmittel für die Kindliche Kaiserin zu finden«, antwortete der alte Zentaur, »und Phantasien zu retten.«
    »Ist sie denn krank?« fragte Atréju verwundert.
    Caíron begann zu erzählen, wie es um die Kindliche Kaiserin stand und was die Boten aus allen Teilen Phantásiens berichtet hatten. Atréju stellte immer weitere Fragen, und der Zentaur gab Auskunft, so gut er es vermochte. Es wurde ein langes nächtliches Gespräch. Und je mehr Atréju das ganze Ausmaß des Verhängnisses begriff, das da über Phantasien hereingebrochen war, desto deutlicher malte sich in seinem anfangs so verschlossenen Gesicht offene Bestürzung.
    »Und von all dem«, murmelte er schließlich mit blassen Lippen, »habe ich nichts gewußt.« Caíron blickte den Jungen unter seinen buschigen weißen Augenbrauen ernst und kummervoll an.
    »Nun weißt du, wie die Dinge stehen, und vielleicht verstehst du jetzt, warum ich die Fassung verloren habe, als ich dich sah. Und doch hat die Kindliche Kaiserin deinen Namen genannt. >Geh und suche Atréju auf !< sagte sie zu mir. >Ich setze all mein Vertrauen auf ihn<, sagte sie. >Frage ihn, ob er für mich und Phantasien die Große Suche auf sich nehmen will< sagte sie.
    Ich weiß nicht, warum ihre Wahl auf dich gefallen ist. Vielleicht kann nur ein kleiner Junge wie du diese unmögliche Aufgabe lösen. Ich weiß es nicht, und ich kann dir nicht raten.« Atréju saß mit gesenktem Kopf und schwieg. Er verstand, daß ihm hier eine Prüfung auferlegt war, die weit, weit größer war als seine Jagd. Selbst für den größten Jäger und den besten Fährtenfinder war sie kaum zu bestehen, für ihn war sie zu schwer.
    »Nun?« erkundigte sich der alte Zentaur leise, »willst du?« Atréju hob den Kopf und schaute ihn an. »Ich will«, sagte er fest.
    Caíron nickte langsam, dann nahm er die Kette mit dem goldenen Amulett von seinem Hals und legte sie Atréju um.
    »AURYN gibt dir große Macht«, sagte er feierlich, »aber du darfst sie nicht benützen. Denn auch die Kindliche Kaiserin macht niemals Gebrauch von ihrer Macht. AURYN wird dich schützen und führen, aber du darfst niemals eingreifen, was auch immer du sehen wirst, denn deine eigene Meinung zählt von diesem Augenblick an nicht mehr. Darum mußt du ohne Waffen ausziehen. Du mußt geschehen lassen, was geschieht. Alles muß dir gleich gelten, das Böse und das Gute, das Schöne und das Häßliche, das Törichte und das Weise, so wie es vor der Kindlichen Kaiserin gleich gilt. Du darfst nur suchen und fragen, aber nicht urteilen nach deinem eigenen Urteil. Vergiß das niemals, Atréju!«
    »AURYN!« wiederholte Atréju ehrfürchtig, »ich will mich des Kleinods würdig erweisen. Wann soll ich aufbrechen?«
    »Jetzt sofort«, antwortete Caíron. »Niemand weiß, wie lang deine Große Suche dauern wird. Es ist möglich, daß es schon jetzt um jede Stunde geht. Verabschiede dich von deinen Eltern und Geschwistern!«
    »Ich habe keine«, erwiderte Atréju. »Meine Eltern wurden beide

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