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Die unendliche Geschichte

Die unendliche Geschichte

Titel: Die unendliche Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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seinen Hals lag, und nahm AURYN ab. Er bückte sich nieder und legte das Kleinod sorgsam vor Atréju in den Schnee. Dabei betrachtete er noch einmal die beiden Schlangen, die helle und die dunkle, die einander in den Schwanz bissen und ein Oval bildeten. Dann ließ er es los.
    Im gleichen Augenblick wurde der goldene Glanz AURYNS so über alle Maßen hell und strahlend, daß er geblendet die Augen schließen mußte, als hätte er in die Sonne geschaut. Als er sie wieder öffnete, sah er, daß er in einer Kuppelhalle stand, groß wie das Himmelsgewölbe. Die Quader dieses Bauwerks waren aus goldenem Licht. Mitten in diesem unermeßlichen Raum aber lagen, riesig wie eine Stadtmauer, die beiden Schlangen. Atréju, Fuchur und der Junge ohne Namen standen nebeneinander auf der Seite des schwarzen Schlangenkopfes, der in seinem Rachen das Ende der weißen Schlange hielt. Das starre Auge mit der senkrechten Pupille war auf die drei gerichtet. Im Vergleich zu ihm waren sie winzig, sogar der Glücksdrache erschien klein wie ein weißes Räupchen. Die reglosen Riesenleiber der Schlangen glänzten wie unbekanntes Metall, nachtschwarz die eine, silberweiß die andere. Und das Verderben, das sie hervorrufen konnten, war nur gebannt, weil sie sich gegenseitig gefangenhielten. Wenn sie sich ]e losließen, dann würde die Welt untergehen. Das war gewiß.
    Aber indem sie sich gegenseitig fesselten, hüteten sie zugleich das Wasser des Lebens. Denn in der Mitte, um die sie lagen, rauschte ein mächtiger Springquell, dessen Strahl auf und nieder tanzte und im Fallen Tausende von Formen bildete und wieder auflöste, viel schneller, als das Auge zu folgen vermochte. Die schäumenden Wasser zerstiebten zu feinem Nebel, in dem das goldene Licht sich in allen Regenbogenfarben brach. Es war ein Brausen und Jubeln und Singen und Jauchzen und Lachen und Rufen mit tausend Stimmen der Freude.Der Junge ohne Namen schaute wie ein Verdurstender nach diesem Wasser hin - aber wie sollte er zu ihm gelangen? Der Schlangenkopf regte sich nicht.
    Plötzlich hob Fuchur den Kopf. Seine rubinroten Augenbälle begannen zu funkeln. »Könnt ihr auch verstehen, was die Wasser sagen?« fragte er.
    »Nein«, antwortete Atréju, »ich nicht.«
    »Ich weiß nicht, wie es kommt«, raunte Fuchur, »aber ich verstehe es ganz deutlich. Vielleicht, weil ich ein Glücksdrache bin. Alle Sprachen der Freude sind miteinander verwandt.«
    »Was sagen die Wasser!« fragte Atréju.
    Fuchur horchte aufmerksam und sprach langsam und Wort für Wort mit, was er hörte: »Wir, die Wasser des Lebens! Quelle, die aus sich selbst entspringt und um so reicher fließt, je mehr ihr aus uns trinkt.«
    Wieder lauschte er eine Weile und sagte:
    »Sie rufen immerfort: Trink! Trink! Tu, was du willst!«
    »Wie können wir denn hinkommen?« fragte Atréju.
    »Sie fragen uns nach unseren Namen«, erklärte Fuchur.
    »Ich bin Atréju!« rief Atréju.
    »Ich bin Fuchur!« sagte Fuchur.
    Der Junge ohne Namen blieb stumm.
    Atréju sah ihn an, dann nahm er ihn bei der Hand und rief:
    »Er ist Bastian Balthasar Bux.«
    »Sie fragen«, übersetzte Fuchur, »warum er nicht selber spricht.«
    »Er kann es nicht mehr«, sagte Atréju, »er hat alles vergessen.«
    Fuchur horchte wieder eine Weile auf das Rauschen und Brausen.
    »Ohne Erinnerung, sagen sie, kann er nicht eintreten. Die Schlangen lassen ihn nicht durch.« »Ich habe alles für ihn bewahrt«, rief Atréju, »alles, was er mir von sich und seiner Welt erzählt hat. Ich stehe für ihn ein.«
    Fuchur lauschte.
    »Sie fragen - mit welchem Recht du das tust.«
    »Ich bin sein Freund«, sagte Atréju.
    Wieder verging eine Weile, während Fuchur aufmerksam lauschte.
    »Es scheint nicht gewiß«, flüsterte er Atréju zu, »ob sie das gelten lassen. - Jetzt sprechen sie von deiner Wunde. Sie wollen wissen, wie es dazu kam.«
    »Wir hatten beide recht«, sagte Atréju, »und haben uns beide geirrt. Aber jetzt hat Bastian AURYN freiwillig abgelegt.«
    Fuchur horchte und nickte dann.
    »Ja«, sagte er, »jetzt lassen sie es gelten. Dieser Ort ist AURYN. Wir sind willkommen, sagen sie.«
    Atréju schaute zu der riesigen Goldkuppel auf.
    »Jeder von uns«, flüsterte er, »hat es um den Hals getragen - sogar du, Fuchur, für eine kleine Weile.«
    Der Glücksdrache machte ihm ein Zeichen, still zu sein, und horchte wieder auf den Gesang der Wasser.
    Dann übersetzte er:
    »AURYN ist die Tür, die Bastian suchte. Er hat sie von Anfang an mit sich

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